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Reform der Grundsteuer Was ab Juli auf Immobilienbesitzer zukommt

Jedes Grundstück und jede Wohnung in Deutschland wird für die Grundsteuer neu bewertet. Dafür müssen die Eigentümer zahlreiche Informationen an die Finanzbehörden liefern. Wir sagen welche.
15.03.2022, 06:14 Uhr
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Was ab Juli auf Immobilienbesitzer zukommt
Von Timo Thalmann
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Ob Einfamilienhaus, Eigentumswohnung, Doppelhaushälfte, Gewerbeobjekt oder unbebautes Grundstück: Auf jeden Eigentümer einer Immobilie kommt ab Juli die Aufgabe zu, dem Finanzamt zahlreiche Grundstücksdaten zu übermitteln. Und zwar ausschließlich digital über ein individuelles Benutzerkonto, mit dem man sich einmalig gegenüber dem Finanzamt ausweist. Unter anderem wird das entsprechende Eingabeformular unter www.elster.de dann nach Wohnungsgröße, Grundstücksfläche, Baujahr, Flurstücksnummer und Bodenrichtwert fragen. Aus diesen Angaben will die Behörde einen neuen Einheitswert für jede Immobilie berechnen, der die Grundlage für die reformierte Grundsteuer sein wird, die ab 2025 gezahlt werden muss. Bis dahin gelten noch die alten Steuerbescheide, die auf einem Immobilien-Einheitswert von 1964 basieren.

Wieso muss jetzt jeder Eigentümer dem Finanzamt aktuelle Angaben machen?

Weil das Verfassungsgericht den alten Einheitswert als überholt verworfen hat. Er habe zu einer unakzeptablen Ungleichbehandlung im Steuersystem geführt. Die Steuer auf eine alte Villa in der Stadtmitte sei wegen des veralteten Einheitswertes etwa häufig kleiner ausgefallen, als für das neue Einfamilienhaus am Stadtrand. Nun müssen alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden. Wie das im Detail passiert, ist Ländersache, es gibt aber ein sogenanntes Bundesmodell, das neun Bundesländer nutzen, so auch in Bremen. Niedersachsen setzt dagegen auf ein abweichendes, eigenes Berechnungsverfahren. Im Kern gilt aber das gleiche Prinzip: Anders als bislang soll die Lage und der daraus resultierende Wertzuwachs oder -verlust einer Immobile bei der Grundsteuer berücksichtigt werden.

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Wie will das Finanzamt die Wertentwicklung berücksichtigen?

Die entscheidende Kenngröße dafür ist der Bodenrichtwert. Er wird jedes Jahr durch ein Expertengremium, den sogenannten Gutachterausschuss festgelegt. Dieses unabhängige Gremium wertet die Marktentwicklung aus und bildet Bodenrichtwertzonen, legt also Gebiete fest, in denen die Grundstücke annähernd gleiche Preise je Quadratmeter haben. Für jede Gebäudeart wird ein eigener Bodenrichtwert bestimmt. Es gibt also einen Wert für Ein- und Zweifamilienhäuser, sowie weitere Werte für geschäftlich oder gemischt genutzte Immobilien sowie für Mehrfamilienhäuser.

Wie kann ich den zutreffenden Bodenrichtwert für meine Immobilie herausfinden?

Die Werte für Bremen und Niedersachsen gibt es kostenlos im Internet im Bodenrichtwertesystem Boris. Dort gibt man einfach die Wohnadresse ein und erhält direkt die zugehörigen Bodenrichtwertzone mit allen vorhandenen Werten angezeigt. Je nach Gebäudetyp muss nur der richtige Wert gewählt werden. Bis zwei Wohnungen in einem Gebäude gilt das Objekt als Einfamilienhaus, ab drei Wohnungen ist es ein Mehrfamilienhaus. Sind gleichzeitig Wohnungen und Geschäfte oder Büros in einem Gebäude ist der Bodenrichtwert für Mischgebiete anzuwenden. Es sei denn eine Nutzungsart belegt mehr als 80 Prozent der Fläche. Ein Gebäude, in dem zum Beispiel ein Geschäft im Erdgeschoss weniger als 20 Prozent der Gesamtfläche ausmacht, gilt dann weiterhin als reines Wohngebäude. Das ist zugleich eine Änderung gegenüber der aktuellen Regelung, denn bislang war dafür entscheidend, ob 80 oder mehr Prozent der Mieten aus einer Nutzungsart stammen.

Beim Bodenrichtwert ist immer auch eine bestimmte Grundstücksgröße angegeben. Mein Grundstück ist aber viel größer oder kleiner.

Das ist egal. Weil in ganz Deutschland fast 36 Millionen und allein in Bremen etwa 240.000 Grundstücke neu zu bewerten sind, geht das Finanzamt immer pauschal von einer Grundstücksgröße von 500 Quadratmetern aus, unabhängig von der Mustergröße in dem jeweiligen Gebiet, den die Gutachterausschüsse festgelegt haben. Weil jeder Eigentümer zudem die eigene Grundstücksgröße mitteilen muss, wird das Finanzamt den Bodenrichtwert rechnerisch anpassen: Ist das Grundstück deutlich größer als 500 Quadratmeter, gibt es einen Preisabschlag je Quadratmeter, ist es deutlich kleiner, erhöht sich der Wert je Quadratmeter. Wie die Bodenrichtwerte dafür umgerechnet werden, ist gesetzlich festgelegt.

Wo erfahre ich meine amtliche Grundstücksgröße?

Diese Information ist in Bremen bereits jetzt kostenfrei im Internet abrufbar auf der digitalen Liegenschaftskarte für Bremen. Gesucht wird wieder über die Eingabe der Adresse. Daneben finden sich hier weitere Informationen, die das Finanzamt für die Grundsteuer anfordert etwa die Flurstücksnummer. In Niedersachsen wird im Mai eigens dafür eine Webseite starten, der sogenannte Grundsteuer-Viewer. Damit sollen alle notwendigen Angaben aus den Vermessungsbehörden für die Grundsteuer mit einer einzigen Abfrage abrufbar sein.

Welche Angaben sind zusätzlich erforderlich?

Alle übrigen Informationen sollte man den eigenen Unterlagen wie zum Beispiel dem Kaufvertrag entnehmen können, etwa die Wohnungsgröße und bei Eigentumswohnungen die Größe des Eigentumsanteils. Auch aus dem bisherigen Grundsteuerbescheid werden Angaben benötigt. Etwas schwieriger ist das Baujahr, weil es unter Umständen nicht in den Unterlagen verzeichnet ist. Zudem sagt das Grundsteuergesetz, nach einer Sanierung ist dieser Zeitpunkt als neues Baujahr einzusetzen, wenn die Sanierung so umfassend ausgefallen ist, das der Zustand danach einem Neubau gleichkommt.

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Kann das Ganze nicht eine Hausverwaltung oder ein Steuerberater erledigen?

Theoretisch ja, allerdings werden beide Stellen das nicht kostenfrei tun. Ingmar Vergau, Geschäftsführer von Haus  & Grund in Bremen bewertet diese Aufgabe zudem nicht als Teil einer ordnungsgemäßen Hausverwaltung, weil es nicht um das Gebäude gehe, sondern um eine Steuerpflicht des Eigentümers. "Außerdem ist wirklich jeder Eigentümer betroffen. Daher werden die Hausverwaltungen das schon rein zeitlich nicht zwischen Juli und Oktober schaffen." Ähnliches gilt für die Steuerberater, die vor dem Hintergrund vielfältiger Corona-Anforderungen ebenfalls schon ziemlich ausgelastet sind.

Wieso muss ich als Bürger überhaupt die Daten erst bei einer Behörde abfragen und dann zur nächsten Behörde übermitteln? Könnten die Behörden nicht einfach die Daten untereinander weitergeben?

Prinzipiell ist das im Gesetz auch so gedacht. Wenn der Immobilienwert 2029 erneut festgestellt wird, sollte das automatisch funktionieren. Aber aktuell sind vor allem die Finanzbehörden technisch nicht in der Lage, die Daten von den Vermessungsbehörden direkt zu verarbeiten. 

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