Kleinerer Opfer bedarf es, wenn man sich erfolgreich zum Fischsommelier oder zur Fischsommelière ausbilden lassen will. Niemand wüsste das besser als Petra Koch-Bodes, Mitinhaberin der Fischhandlung F. L. Bodes. Die Bremerin war vor einigen Jahren eine der ersten Absolventinnen der Weiterbildung von Transgourmet und der Handelskammer Bremen.
Bis heute ist Koch-Bodes die Lehreinheit „Sensorik“ im Gedächtnis geblieben. In der Schulung sei es um den Geschmack, den Geruch und die Haptik der Meerestiere gegangen, erinnert sich Koch-Bodes. Um besser schmecken zu können, habe sie keinen Kaffee mehr getrunken. Andere hätten stattdessen aufgehört zu rauchen oder Süßigkeiten zu essen. Denn innerhalb des Seminars sollten die Teilnehmenden lernen, ihren Geschmackssinn zu trainieren und sich auf neue Geschmäcker einzulassen. Dafür hätten sie laut Koch-Bodes in einem Labor die verschiedenen Geschmacksarten aufgesplittet.
Seit mehr als vier Jahren gibt es die Weiterbildung. Der Kurs baut auf mehrjähriger Berufspraxis auf und wird mit einer Prüfung abgeschlossen. „Damals habe ich mich für die Fortbildung entschieden, weil es die einzige Form der Weiterbildung in meiner Branche ist“, begründet Koch-Bodes. Sie sei in einer Familie von Fischhändlern großgeworden. „Alles was ich kann, habe ich von meinen Eltern gelernt“, sagt sie. Die Weiterbildung habe dann noch einmal vieles von dem, was sie in ihrem Arbeitsalltag brauche, gefestigt und klarer strukturiert.
Die Ausbildung werde gut angenommen, sagt Claudia Schlebrügge aus dem Bereich Aus- und Weiterbildung der Handelskammer. „Der Kurs ist sehr begehrt – auch über Deutschland hinaus“, sagt sie. Mittlerweile haben ihren Angaben zufolge 95 Menschen die Prüfung abgelegt, im vergangenen Jahr gab es coronabedingt keine Tests.
Experten auf dem Gebiet
Zulassungsvoraussetzung für die Weiterbildung ist neben dem Abschluss einer Ausbildung die Praxis in einem einschlägigen Berufsfeld, sagt Schlebrügge. Einschlägig bedeute in diesem Fall, dass die bisherige Erfahrung für die Fortbildung zum Fischsommelier nützlich sein sollte.
„Fisch ist ein beliebtes Nahrungsmittel und wird im Hinblick auf Fischzucht, Nachhaltigkeit und Überfischung immer komplizierter“, sagt Schlebrügge. Aufgrund dieser Komplexität und weil es keine andere Möglichkeit der Weiterbildung gegeben habe, sei die Handelskammer auf die Idee gekommen, eine solche Ausbildung anzubieten. „Denn Personen aus dem Einzelhandel und Verkäufer von Fleisch- oder Backwaren können schon länger in irgendeiner Art und Weise einen Fortbildungsabschluss erlangen“, sagt Schlebrügge. Durch den Abschluss zum Fischsommelier könnten die Absolventen nach außen zeigen, dass sie Experten auf ihrem Gebiet sind. „Der Titel ist bekannt und im Allgemeinen als etwas Besonderes anerkannt“, sagt Schlebrügge. Deshalb könnten die Absolventen damit Werbung für sich und ihren Betrieb machen.
Ob ihre Kunden wissen, was das Zertifikat bedeute, kann Koch-Bodes dagegen nicht einschätzen. Sie habe sich keine Gedanken darüber gemacht, ob die Weiterbildung Auswirkungen auf den Kundenstamm haben werde. „Den einen oder anderen Kunden beeindruckt das Zertifikat sicherlich, aber am Ende des Tages verkaufe ich Fisch. Dazu gehört immer Leidenschaft“, sagt sie. Zu einem Lebensmitteleinkauf gehöre immer Vertrauen, das konnten die Kunden auch vorher schon haben. Würde sie aber einen Supermarkt leiten, würde sie darauf achten, dass zumindest eine Person hinter der Theke eine Weiterbildung zum Fischsommelier gemacht hat.
„Ich kann die Weiterbildung auf jeden Fall jedem aus der Branche empfehlen“, sagt Koch-Bodes. Sie habe größten Respekt vor den Teilnehmenden, die nicht wie sie schon seit frühester Kindheit mit Meerestieren vertraut seien. „Es ist sehr viel Stoff, den man in kurzer Zeit lernen muss“, sagt sie. Wer sich mit der Materie nicht gut auskenne, käme schnell nicht mehr hinterher. „Wir haben alle noch viel gelernt, aber das ist beim Thema Fisch ganz normal“, sagt Koch-Bodes.
Die Weiterbildung
Schwerpunkt der Weiterbildung sind nach Angaben der Transgourmet-Broschüre alle Besonderheiten des Nahrungsmittels Fisch. So lernten die Teilnehmer vieles über die Produktion, Verarbeitung und die Zubereitung. Auch Warenkunde, Fischsensorik und Qualitätsprüfung gehörten dazu. Der Kurs sei sehr praxisbezogen, das theoretische Grundwissen müsse im Selbststudium vertieft werden.