Als junger Mann habe er gemeint, noch sehr viel Zeit zu haben, um seine Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen, sagt Ralph Dohrmann. Doch die Zeit vergeht, er ist jetzt 58 Jahre alt. Früher habe er auch noch nicht so genau gewusst, was er wolle. Inzwischen sei das anders: Eingebettet in die Natur, mit viel Ruhe und ohne direkte Nachbarn zu leben, das ist Dohrmanns Traum. Doch seit über vier Jahren sucht er vergeblich nach einem passenden Häuschen.
Dohrmann lebt in einem Mehrparteienhaus in einer ruhigen Wohnstraße in Bremen, hat eine nette Nachbarschaft, in der die Menschen sich gegenseitig kennen und aushelfen, gemeinsam Straßenfeste feiern. Definitiv keine schlechte Situation, sagt er. Er träumt dennoch von etwas anderem: "Die Nähe zur Natur ist meine Antriebsquelle, ein entscheidender Faktor ist Stille. Das ist ein kostbares Gut." Im Sommer zum Beispiel habe er ein Haus angeschaut, wo auf der Wiese nebenan Wildschnepfen und Kraniche unterwegs waren, das sei toll gewesen, erzählt er. Aber das Haus habe auf Moorgrund gestanden und sei bereits ein Stück abgesackt gewesen, also habe er das Angebot abgelehnt.
Ursprünglich habe er in einem 15-Kilometer-Radius rund um seine Arbeitsstelle in Lesum gesucht, um weiterhin mit dem Rad zur Arbeit fahren zu können und kein Auto anschaffen zu müssen, sagt er. Ein kleines Haus zum Kauf war sein Ziel. "Ich möchte gern sesshaft werden und einen Ort haben, an dem ich mich wohlfühle."
Inzwischen hat Dohrmann seine Vorstellungen an seine Sucherfahrungen angepasst. Er sei nun bereit, ein Auto zu kaufen, schaue auch nach Wohnungen oder Mietangeboten. In einer netten, ruhigen Nachbarschaft mit viel Grün könne es vielleicht auch klappen, meint er. "Die größte Schwierigkeit ist es, etwas zu finden, das für mich stimmig ist. Ich bin kompromissbereit, aber es gibt Dinge, bei denen ich nicht kompromissbereit bin", sagt Dohrmann. Natur und Ruhe müssten schon sein.
Teilmöblierte Angebote nehmen zu
Hindernisse bei der Suche gebe es trotz seiner angepassten Vorstellungen, berichtet er. Auf dem Land würden derzeit viele teilmöblierte Immobilien angeboten: "Das erlebe ich in diesem Jahr zum ersten Mal, dass das so massiv ist." Er vermutet, dass einige davon Ferienwohnungen sind, deren Besitzer aufgrund der Coronakrise nach alternativen Vermietungsmöglichkeiten suchten. Manche hätten ihm aber auch gesagt, dass die Nachfrage nach teilmöbliertem Wohnen zunehme. Für Dohrmann, der viele seiner Möbel selbst aufgearbeitet hat und an ihnen hängt, ist das keine Option.
Auch bei alten Häusern, die lieblos auf modern getrimmt worden sind, ist er skeptisch. Laminatboden in einer alten Kate? "Ich suche mir lieber etwas Altes", sagt er. Und nicht zuletzt seien die teils hohen Preise, die für Häuser aufgerufen werden, ein Problem.
Verzagt ist der Bremer trotz jahrelanger Suche nicht, er will nicht aufgeben. "Der Wunsch setzt Energie frei", sagt er. Im Internet und der Zeitung, über Bekannte, Freunde und Arbeitskollegen halte er weiter Ausschau. Nicht immer mit derselben Intensität: Wenn er viel arbeiten müsse, laufe die Suche eben eher an freien Tagen, erzählt Dohrmann. "Schnell reagieren geht bei mir nicht immer." Seine aktuelle Hoffnung liegt nun ein ganzes Stück entfernt von der Gegend, die er sich ursprünglich ausgeguckt hatte: eine Wohnung in einer umgebauten Stallung eines ehemaligen Bauernhofs, am Rand eines Landschaftsschutzgebiets. Den Tipp habe er von einem Freund bekommen. Sollte die Wohnung passen, sagt Dohrmann, müsse er nur noch eins überlegen: In welchem Verhältnis das Plus an Lebensqualität zu dem Aufwand steht, den er dann betreiben müsste, um zu seiner Arbeitsstelle zu kommen.