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Serie: Mieten oder kaufen "Höchste Priorität hat die Lage"

Die ersten Momente im neuen Zuhause. Doch was sollte man bei einer Besichtigung bedenken? Welche Punkte sollten schon vorab geklärt sein. Der Immobilienmakler Philipp Töhne gibt Tipps.
14.12.2021, 17:28 Uhr
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Von Lisa Schröder

Am Schwachhauser Ring bietet das Immobilienunternehmen Hans Schlüter gerade ein Reihenhaus zum Verkauf an – ein besonderer Klinkersteinbau in nobler Lage. Philipp Töhne kümmert sich um das Objekt. Wie gelingt aus Sicht des Experten eine Besichtigung? Ein Gespräch vor Ort.

Herr Töhne, für Interessenten geht es bei einer Besichtigung oft um eine Investition fürs Leben – die Erwartungen sind hoch. Wir sind gerade erst zur Tür hereingekommen. Was hätte bisher schon alles schiefgehen können?

Philipp Töhne: Bis hierher relativ wenig. Die Vorbereitung einer Besichtigung ist aber wichtig. Ich rate Interessenten, dass sie sich vorher das Exposé zur Immobilie mit der genauen Adresse schicken lassen. Was erwartet mich? Passt der Grundriss? Wir machen gerne Besichtigungen, doch es ist schöner, wenn sich jemand mit der Immobilie schon beschäftigt hat.

Also sollte man ruhig vorab die Gegend erkunden?

Ja, denn höchste Priorität hat die Lage. Das entscheidet auch größtenteils über den Preis einer Immobilie. Es spart einem selbst Zeit, wenn man sich mit der Lage schon vorher auseinandergesetzt hat.

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Wie schnell merken Sie bei der Besichtigung, ob eine Immobilie gefällt? Entwickelt man dafür ein Gespür?

Eigentlich merkt man das schon, wenn die Haustür aufgeht. Nach den ersten Schritten entscheidet sich, ob jemand Interesse hat. Da ist auch ein bisschen Psychologie gefragt. Das Haus ist komplett leer, Vorhänge und Kronleuchter sind geblieben. Ein Bergpanorama ziert eins der Zimmer. Die Küche ist lindgrün. Generell gilt, dass eine Immobilie wie gesehen gekauft wird.

Der Druck auf dem Immobilienmarkt ist groß. Gerade auf dem Weg habe ich an einer Laterne den Aushang einer Familie gesehen, die ein Zuhause sucht.

Daran sieht man, wie angespannt der Markt ist. Viele werden kreativ, weil es sehr wenig Angebot gibt.

Das führt dazu, dass Entscheidungen schnell getroffen werden müssen. Gilt trotzdem der Satz, nach einer Besichtigung eine Nacht drüber zu schlafen, bevor man den Verkäufer oder Makler wieder kontaktiert?

Das ist heute natürlich immer ein bisschen der Ritt auf der Rasierklinge. Wir sind da offen. Ich sage jedem Interessenten: Melden Sie sich zeitnah, aber nehmen Sie sich auch die Zeit, die Sie brauchen. Das ist eine Lebensentscheidung. Der Markt ist jedoch abgegrast, sodass man sich relativ schnell für eine Immobilie entscheiden muss.

Geht es um Stunden oder Tage?

Es kommt jetzt nicht auf Stunden an. Es gibt natürlich ganz heiße Lagen. Wenn dort ein nicht zu hoher Preis aufgerufen wird, dann entscheiden sich die Interessenten schnell. Wir erleben aber auch euphorische Interessenten, die gleich sagen: Das ist es! Die Hälfte sagt dann schon mal am nächsten Tag wieder ab.

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Wie wichtig ist die Vorbereitung der Suche?

Wer vorbereitet ist, der kann nach einer Besichtigung schneller reagieren. Wer also den Gedanken hegt, sich verändern zu wollen, der sollte sich auf jeden Fall mit seiner Bank unterhalten, in welchem Bereich er sich bewegen kann. Wenn jemand für eine Immobilie in toller Lage auch einen gewissen Aufwand nicht scheut – wie hier im Haus –, dann kann es auch helfen, vorab Baufirmen anzusprechen, damit sie für eine Kosteneinschätzung parat stehen.

Wie lange wird der Verkauf des Hauses dauern? Im Schnitt, sagt der Makler, seien es zwei bis drei Monate. Im Dezember gebe es allerdings eine kleine Delle – wegen Weihnachten.

Stuckverzierung, eine reizende Türklingel – das Haus hat Charme. Es ist aber noch viel zu tun. Welche Überlegungen spielen grundsätzlich bei solchem Altbestand eine Rolle?

Das Wichtigste bei einer Immobilie ist natürlich die Substanz. Welche Materialien sind verbaut? Wo ist eventuell eine energetische Sanierung notwendig? Da kann es im Vergleich zu Malerarbeiten, neuen Innentüren oder Bodenbelägen auch wirklich teuer werden. In den meisten Fällen macht es Sinn, sich einen Profi an die Hand zu nehmen, also einen Sachverständigen zurate zu ziehen.

Gibt es eine Faustregel, wie viel die Sanierung kostet?

Nein, denn jede Immobilie hat ihre eigenen Spezifikationen. Gibt es noch alte Bleileitungen? Wie sieht es mit der Elektrik aus? Das lässt sich nicht über den Daumen rechnen. Außerdem verändern sich die Kosten für den Handwerker. Die sind schon teurer geworden.

Moderieren Sie als Makler die Besichtigung?

Ja, ich erzähle auf dem Weg ein bisschen was über die Immobilie und ihre Geschichte. Was ist gemacht worden? Worauf sollte man achten? Wir sind sehr transparent, auf Mängel hinzuweisen.

Was würden Sie zu diesem Haus erzählen?

Wir haben hier eine historische Immobilie von 1932 mit einer tollen Klinkerfassade und schönen Deckenhöhen. Es ist wirklich viel Platz. Die Lage ist toll, der Bürgerpark ist um die Ecke. Der einzige Punkt ist, dass man investieren müsste.

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Wo ist der Preis angesetzt?

Der liegt bei 1.150.000 Euro. Das ist zwar ein gewisses Volumen, und hier ist noch Aufwand zu betreiben. Am Schwachhauser Ring zählt aber auch ein gewisser Unikatfaktor. Wir halten den Preis darum für angemessen. So eine Immobilie wird am Markt nicht oft angeboten.

Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Makler?

Wir sind ein Bindeglied zwischen beiden Parteien. Wenn also bei einer Immobilie zum Beispiel doch mehr zu investieren ist, sprechen wir mit dem Verkäufer über den Preis. Wir arbeiten immer für beide Seiten. Das galt auch schon vor der Teilung der Provision, die ich fair finde, denn beide Parteien haben was vom Makler.

An diesem Tag hat Töhne noch eine Beurkundung. Für den Termin beim Anwalt trägt er Anzug und Krawatte. Die Kleidung ist für ihn wichtig. Schließlich gehe es bei einer Immobilie um viel Vertrauen. Da soll der Auftritt angemessen sein. „Es geht um hohe Werte. Ein Großteil des Vermögens einer Familie steckt oft darin.“ Interessenten sollten sich aus seiner Sicht aber kleiden, wie sie es möchten.

Wer eine Immobilie besichtigt, kommt sich schnell vor wie im Bewerbungsgespräch. Täuscht der Eindruck?

Tatsächlich ist der Auftritt eines Interessenten bei einem Mietobjekt entscheidender. Wir wollen unseren Auftraggebern solide Mieter bieten. Neben harten Faktoren, ob etwa das Einkommen zur Miethöhe passt, zählen weiche Faktoren. Passt jemand in ein Mehrparteienhaus? Gibt es dort ein älteres oder jüngeres Publikum? Das lassen wir einfließen.

Und wie ist das beim Kauf?

Das ist ein bisschen anders. Die Person an sich ist nicht mehr so wichtig. Die Finanzen müssen solide aufgestellt sein.

Sympathie spielt also keine Rolle?

Es gibt Verkäufer, die uns mit auf den Weg geben, einen netten Käufer auszusuchen. Aber das sind vielleicht fünf bis zehn Prozent der Verkäufer.

Echt? Für die geht es doch teils auch um ihre Lebensimmobilie.

Ja. Der Großteil möchte eine Immobilie vor allem aber gut verkauft bekommen und dann damit abschließen. Denn darin stecken natürlich viele Emotionen und Erinnerungen. Deshalb wollen sie weniger wissen, was mit einer Immobilie passiert. Ihnen ist nicht so wichtig, wer der Käufer ist.

Die Besichtigung ist vorbei. Philipp Töhne schließt die Tür und zieht mit dem Aktenordner für das Objekt wieder los. Bald werden die ersten echten Interessenten das charmante Ringen der Klingel hören.

Das Gespräch führte Lisa Schröder.

Zur Person

Philipp Töhne

ist seit acht Jahren als Immobilienmakler tätig. Zusammen mit seiner Familie lebt er in Verden.

Zur Sache

Was alles bedacht werden muss

Vor der Besichtigung ist es sinnvoll, sich Notizen zur Immobilie zu machen. Vielleicht ergeben sich bereits aufgrund des Exposés weitere Fragen. Wie alt ist die Heizung genau? Und wie schnell das Internet? Ist die Mauer zwischen Küche und Wohnzimmer tragend? Wie laut ist der Verkehr? Ein Energieausweis zur Immobilie muss zudem vom Verkäufer vorgelegt werden.

Wer sich nicht allein auf sein Gedächtnis verlassen möchte, macht weitere Fotos beim Rundgang, wenn der Verkäufer einverstanden ist. Wer sich nicht auf seine Wahrnehmung für Höhen und Längen verlassen möchte, der packt auch direkt einen Zollstock ein.

Vielleicht wollen die Verkäufer Möbel oder Inventar in der Wohnung oder dem Haus zurücklassen. Es kann bei einer Besichtigung bereits ein Thema sein, wie viel etwa die Küche kosten soll. Nachfragen sind zudem sinnvoll, welche Nebenkosten pro Jahr anfallen.

Im Winter ist es wegen der kurzen Tage eine Herausforderung. Generell empfiehlt sich jedoch, eine Immobilie bei Tageslicht zu besichtigen.

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