Jede Einzelne ist langersehnt und von vielen erkämpft: Mittlerweile gibt es in der Stadt Bremen 13 Hundefreilaufflächen, eine weitere, am Waller Feldmarksee, entsteht derzeit nach Angaben des Bremer Umweltressorts. Die Hundezonen sollen dem Bewegungsdrang der Tiere Rechnung tragen – und ihren sozialen Bedürfnissen. Auch Besitzerinnen und Besitzer von Hunden können davon profitieren: Schließlich ist bekannt, dass die Vierbeiner auch Kontakte zwischen Menschen stiften. Es gibt aber auch Argumente für den althergebrachten Gassigang.
"Es ist wichtig für einen Hund, sich auch mal frei bewegen zu können", weiß Chiara Carcagni, "das sagt ja schon das Tierschutzgesetz." Die Hundetrainerin aus Hastedt ist "froh, dass Bremen in die Puschen gekommen ist". Andere Städte hätten schon viel früher Freilaufflächen eingerichtet. "Prinzipiell ist das gut, die Stadt hat gemerkt: Es gibt eine Lobby für Hunde", sagt Carcagni. Sie hat sich früher, "vor zehn, elf Jahren", zusammen mit anderen Hundetrainern für die Plätze stark gemacht – "und mit Hundebesitzern, das sind ja meine Kunden".
Es gibt immer mehr Hunde in Bremen
Mittlerweile ist der Bedarf eindeutig gestiegen – zumindest an der Zahl der Hunde gemessen: Die Finanzbehörde, die jeweils zum Jahresende den Bestand ermittelt, ging im Dezember 2022 von 18.076 Tieren in Bremen aus, Ende 2018 waren es 15.959. Der Anstieg verläuft über die Jahre weitgehend kontinuierlich. Innerhalb dieser vier Jahre entwickelte sich das Hundesteueraufkommen in der Stadt von 1,915 Millionen auf 2,274 Millionen Euro – bei einer Steuersumme von 150 Euro pro Hund. In Bremerhaven, wo 90 Euro erhoben werden, stieg die Zahl der Hunde von 4979 auf 5362. Landesweit waren es Ende vergangenen Jahres 23.438 Hunde, die regelmäßige Bewegung brauchen und vor die Tür wollen, um ihr Geschäft zu verrichten.
Die senatorische Umweltbehörde und der Umweltbetrieb Bremen (UBB) stellen gemeinsam fest, dass die Auslaufflächen "insgesamt gut angenommen und rege genutzt" würden. Näheres zu den Flächen ist auf der Internetseite des UBB zu finden. Der Umweltbetrieb ist zuständig für die Unterhaltung der Flächen – die Rasenmahd, die Reinigung der Flächen, die Beseitigung von Buddellöchern, die Instandhaltung der Ausstattung, zum Beispiel Mülleimer und Sitzbänke, und die Leerung der Abfallbehälter. Für das Aufheben der Hundehaufen sind die Besitzer der Tiere zuständig. Viele Hundeauslaufflächen sind noch in der Erprobung, und nach eigenen Angaben steht der Umweltbetrieb "mit den Hundefreundinnen und Hundefreunden im Austausch, wenn es darum geht, was eventuell verbessert werden könnte". Über solche Vorschläge hat der WESER-KURIER berichtet.
Auch Hundetrainerin Chiara Carcagni fällt dazu einiges ein: Die Zäune seien "oft recht niedrig", kleine Hunde könnten unterm Tor hindurch, und die Plätze lägen häufig an stark befahrenen Straßen. "Natürlich müssen erst noch Erfahrungen gesammelt werden", räumt sie ein, "ich habe unterschiedlichste Rückmeldungen von Hundebesitzern." Ihr eigenes Fazit? "Es ist schwierig, Hunde in Bremen artgerecht zu halten." Vor allem vor der Arbeit und nach Feierabend gebe es regelrechte Stoßzeiten auf den öffentlichen Hundeplätzen. Wenn viele Hunde unterschiedlicher Temperamente aufeinanderträfen, seien mitunter auch die Menschen überfordert. Einen alten Hundeherrn müsse man beispielsweise nicht ungestümen Jungspunden aussetzen.
Eine Pflicht zur Benutzung der Hundeplätze gibt es nicht. Auch wenn sich das manche Eltern kleiner Kinder, Jogger und Radfahrer vielleicht wünschen. Jenseits der Auslaufflächen endet aber die große Hundefreiheit. Auch wenn es in Bremen keine generelle gesetzliche Leinenpflicht gibt, existieren durch ausgewiesene Naturschutzgebiete beispielsweise so viele Einschränkungen, dass ohne Leine so gut wie nichts läuft. Unabhängig von der Brut- und Setzzeit. "Auch nicht am Osterdeich", erläutert Stadtjägermeister Richard Onesseit.
"Eigentlich sollte man den Leuten zugestehen, das selbst einschätzen zu können", sagt Onesseit. Aktuell hat er es mit Fällen zu tun, in denen es aber mit der Eigenverantwortung nicht weit her ist: Der Schäferhund eines namentlich bekannten Osterholzers stehe im dringenden Verdacht, "bereits das dritte Reh gerissen" zu haben. "Irgendwann muss man sich vor sein Wild stellen", sagt der Stadtjägermeister. "Ich halte mehr davon, den Besitzer zu bestrafen als den Hund." Deshalb hat er Anzeige erstattet. "5000 Euro dürften fällig werden."
Der Ordnungsdienst der Innenbehörde hat dieses Jahr 43 Anzeigen wegen Verstößen gegen die Leinenpflicht während der Brut- und Setzzeit geschrieben, fast so viele im Jahr zuvor. Nichts anderes wurde geahndet. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die zusätzlich geschaffenen Hundeauslaufflächen zur Beachtung der Anleinpflicht beitragen", teilt die Behörde mit. "Statistisch belegen lässt sich das nicht."
Für Hundetrainerin Chiara Carcagni ist klar: "Unabhängig von der Leine ist es immer besser, zu laufen, als halbdekorativ auf dem Platz herumzustehen."