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Gebäude in der Bahnhofsvorstadt Abbrucharbeiten im Bundeswehrhochhaus haben begonnen

Das Bundeswehrhochhaus in der Bremer Bahnhofsvorstadt wird in den nächsten Jahren entkernt und als Rohbau völlig neu entwickelt. Außerdem entstehen auf dem Gelände an der Hochstraße zwei Neubauten.
04.06.2021, 05:00 Uhr
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Abbrucharbeiten im Bundeswehrhochhaus haben begonnen
Von Jürgen Hinrichs

Im sogenannten Bundeswehrhochhaus hat der Abbruch begonnen. Vor dem Gebäude stehen Container mit Schutt aus den ersten leer geräumten Etagen: alle Wände raus, kein Bodenbelag mehr, die Decken aufgerissen. So radikal startet in der Bahnhofsvorstadt ein Projekt, das in das gesamte Quartier ausstrahlen soll. Die Gewoba nennt es Q24, benannt nach der Hausnummer in der Falkenstraße. Für rund 50 Millionen Euro entstehen 162 Wohnungen, die meisten davon im Hochhaus, von dem vor dem Wiederaufbau nur noch das Betonskelett übrig bleiben wird. Hinzu kommen zwei neue Gebäude, eines mit acht, das andere mit drei Geschossen. In knapp vier Jahren soll alles fertig sein.

Dünn wie ein kleiner Finger

Johann Christian Plagemann und Dirk Sievers sind die beiden Projektleiter. Sie führen zunächst in die Tiefgarage neben dem Hochhaus. Mit großem Vertrauen in die Sicherheit würde hier niemand mehr parken. Einige der Betonstützen sind angeknabbert und geben ihr Inneres preis. Die Strahlstreben sind dünn wie ein kleiner Finger. "Das ist gewiss nicht zu viel, was damals verwendet wurde", sagt Plagemann und grinst. Er meint, es ist eher zu wenig, aber was soll's, die Tiefgarage wird abgerissen. Ein Loch gibt es auch im Boden. "Bauwerksuntersuchung", erklärt der Gewoba-Mann, "wir haben Asbest im Haus." In den Decken vor allem, im Putz, in der Spachtelmasse, im Kleber, der die Fliesen hält, und eben auch im Beton.

"Sanierung und Entsorgung werden aufwendig sein, aber wir wissen mittlerweile, dass es nicht so viel ist wie ursprünglich gedacht", ergänzt Sievers. Neben Asbest ist es PCB, was überall in den Gemäuern Probleme macht. Die Chlorverbindung gehört zum "dreckigen Dutzend" von organischen Giftstoffen, die seit 20 Jahren weltweit verboten sind, weil sie unter anderem Krebs auslösen. PCB wurde als Weichmacher in Lacken, Dichtungsmassen, Isoliermitteln und Kunststoffen eingesetzt. "Das dünstet aus und baut sich nicht ab", weiß Sievers. Asbest und PCB – Klassiker im Bauhandwerk zu der Zeit als das Bundeswehrhochhaus vor gut 50 Jahren entstand.

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Im Sommer geht es richtig los. Alles raus, alles weg, runter bis zum Rohbau. Ein Schauspiel, das jeden Tag Tausende Zuschauer bekommt. Das Gebäude steht an der Hochstraße, die Autofahrer werden beobachten können, wie es ihm ergeht. Große Verzögerungen darf es bei den Arbeiten nicht geben, die Gewoba steht unter Druck. "Im Kaufvertrag mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ist festgeschrieben, dass der Preis sinkt, wenn wir an dem Ort bis zum Jahr 2024 möglichst viele förderfähige Wohnungen geschaffen haben", sagt Plagemann.

Tatsächlich werden es nicht nur 25 oder 30 Prozent Sozialwohnungen sein, wie sonst üblich, wenn Bremen solche Vorgaben machen kann. Die Quote liegt in diesem Fall nach Auskunft der beiden Projektleiter bei 92 Prozent. Für das Hochhaus werden 117 Einheiten geplant, gut die Hälfte sind 31 Quadratmeter groß. Die größte Variante hat eine Fläche von 56 Quadratmetern. In dem achtgeschossigen Neubau, den die Gewoba Punkthaus nennt, messen von den 40 Wohnungen die Hälfte 50 Quadratmeter. Die Größen gehen dort bis hinauf zu 99 Quadratmetern. Im sogenannten Atelierhaus mit seinen drei Geschossen sind es fünf Wohnungen mit jeweils 86 Quadratmetern.

Fassade aus Metall

Nur im Hochhaus werden auch Wohnungen geplant, die nicht förderfähig sind. Die neun Einheiten dürften weit oben liegen, mit der grandiosen Aussicht, die sich dort bietet. Das Gebäude bekommt laut Plan des Berliner Architekturbüros EM2N einen Vorbau mit Café, Bäckerei und Fahrradladen. Gewerbe ist auch im Erdgeschoss des Punkthauses vorgesehen, darunter ein Imbiss. Im Atelierhaus sollen eine Kindergruppe und ein Jugendverein untergebracht werden. Die Fassade aller Häuser wird aus Metall sein. Der Energiestandard für die beiden Neubauten beträgt KfW-40 und liegt damit in der Spitzenklasse von Effizienz. Das Hochhaus erreicht KfW 55.

Von den 159 Stellplätzen, die der Gesetzgeber bei so einem Bauvolumen vorschreibt, entfallen rund 30 auf die neue Tiefgarage, die vom Kaufmannsmühlenkamp angefahren wird. Den großen Rest will die Gewoba mit einem Mobilitätskonzept ablösen. "Es wird unter anderem Car-Sharing und einen Verleih von Lastenfahrrädern geben", kündigt Plagemann an.

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Das Bundeswehrhochhaus hat heute keine Balkone und Loggias und wird sie auch in Zukunft nicht haben. Wohl aber die Neubauten. Zwischen den beiden Häusern entsteht für alle Bewohner ein Gartenhof, von dem eine tribünenartige Treppe zum Kaufmannsmühlenkamp hinab führt. Bisher schottet sich das knapp 4200 Quadratmeter große Gelände an der Straße noch mit einer hohen Mauer ab. Das Bundeswehrhochhaus wirkt abweisend, es ist eine Trutzburg – nun wird sie geschleift.

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