In der Bremer Innenstadt entsteht in den kommenden Jahren ein neues Quartier. Christian Jacobs, Spross der Bremer Kaffeedynastie, will nicht mehr nur das Kontorhaus am Markt, die historische Stadtwaage und das Stammhaus seiner Familie entwickeln, er hat mittlerweile auch das sogenannte Essighaus erworben, einen großen Gebäudekomplex an der Langenstraße.
"Wir geben der Stadt ein Quartier zurück", sagt der Unternehmer. Alles zusammengenommen wird er einen sehr hohen zweistelligen Millionenbetrag investieren. Mit dem Abriss des alten Johann-Jacobs-Hauses in der Obernstraße haben die Arbeiten bereits begonnen. Sie werden sich bis zum Jahr 2022 hinziehen – das erste sichtbare Zeichen für die großen Veränderungen, vor denen die Innenstadt steht.
Jacobs spricht vom Balgequartier. Die Balge war ein Seitenarm der Weser und reichte im frühen Mittelalter fast bis zum Marktplatz heran. An diesem Flusslauf entstand in Bremen der erste Hafen. Die Straße, die dort hinführte, war die Langenstraße, wo Jacobs die meisten seiner Projekte vereint. Mit dem Umbau der Stadtwaage beginnt er in den nächsten Monaten. Die Arbeiten sollen parallel zum Neubau in der Obernstraße laufen. Zwei Jahre später, so der Plan, werden das Essighaus und das Kontorhaus angepackt.
Dass Jacobs sich auch das Essighaus vornimmt, war noch nicht bekannt. Am Freitag ist bei einer Ortsbegehung die Spitze des Beirats-Mitte und das zuständige Ortsamt erstmals über die Pläne informiert worden. "Ein tolles, sehr ambitioniertes Projekt. Ich freue mich, dass Herr Jacobs das macht", erklärt Ortsamtsleiterin Hellena Harttung. Die Langenstraße bekomme insgesamt einen anderen Charakter. Kritisch sehe sie beim Essighaus allein die Größe des geplanten Büroneubaus hinter den historischen Fassaden. "Das könnte ein bisschen zu viel sein."
Früh eingebunden in die Pläne von Jacobs war Bremens Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki. "Wir haben uns sehr fein und bis ins Detail abgestimmt", sagt Skalecki. Die komplette Rekonstruktion der Fassade des Essighauses sei eigentlich kein Anliegen der Denkmalpflege. In diesem Fall ließe sich das aber rechtfertigen. "Erstens haben wir alte Dokumente, nach denen originalgetreu gearbeitet werden kann. Und zweitens sind noch ein paar Elemente der historischen Fassade erhalten geblieben, die jetzt integriert werden können."
Neben der Stadtwaage werde es damit ein zweites wichtiges Renaissance-Haus in der Langenstraße geben. "Ein Gewinn", betont der Denkmalpfleger. Die Stadt hatte die Initiative von Christian Jacobs begrüßt und mit dem Verkauf des Kontorhauses, in dem auf den oberen Etagen zurzeit noch die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) sitzt, ein Stück des Weges freigemacht. "Das ist eine große Chance für die Bremer Innenstadt", war Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) damals überzeugt.
Wirtschaftsförderer könnten noch einmal helfen
WFB-Chef Andreas Heyer bezog sich direkt auf die Pläne von Jacobs: "Die WFB hat sich zum Verkauf des Kontorhauses entschlossen, damit das einheitliche Konzept, das den Jacobs-Hof, die Stadtwaage und das Kontorhaus umfasst, realisiert werden kann." Die Wirtschaftsförderer könnten noch einmal helfen. Im Kaufvertrag sind Fristen enthalten. Demnach wird das Gebäude von der Stadt frühestens im April 2020 und spätestens im März 2022 übergeben. Je schneller die WFB in Bremen also ein neues Domizil findet und umziehen kann, desto eher ist Jacobs in der Lage, auch diesen Teil seines Vorhabens zu realisieren.
Vorangehen wird es demnächst auch mit einem anderen Projekt in der Innenstadt. Der neue Eigentümer des Lloydhofes hat angekündigt, Anfang kommenden Jahres mit dem Umbau des Büro- und Geschäftskomplexes am Ansgarikirchhof zu beginnen. Gerechnet wird mit einer Bauzeit von einem Jahr. Der Investor, ein Projektentwickler aus Süddeutschland, will nach eigenen Angaben rund 33 Millionen Euro investieren. Als Kaufpreis hatte er 21,5 Millionen Euro gezahlt.
Stillstand herrscht dagegen noch beim wichtigsten Vorhaben für die Innenstadt. Der Bremer Unternehmer Kurt Zech will das Parkhaus Mitte kaufen und abreißen, um die Fläche zusammen mit den Gebäuden von Karstadt und Kaufhof neu zu entwickeln. Bei einem Symposium sollen dafür in der zweiten Septemberwoche Ideen gesammelt werden.