Ein Oldenburger Kita-Betreiber hat das Bildungsressort wegen eines vorerst gescheiterten Projekts in Blumenthal verklagt. Vor dem Verwaltungsgericht will das Sozialwerk Oldenburg erzwingen, dass die Behörde ihren ablehnenden Bescheid zurückzieht und das Bauvorhaben an der Ermlandstraße auf diesem Weg doch noch realisiert werden kann.
Die Anfänge des Projekts liegen fast drei Jahre zurück. Um die Jahreswende 2017/18 reichte das Sozialwerk Oldenburg, eine diakonische Einrichtung der dortigen Freien Christengemeinde, sowohl bei der Bildungsbehörde als auch beim Blumenthaler Ortsamt eine sogenannte Interessenbekundung für den Bau einer Kindertagesstätte ein. Entstehen sollte sie auf einem brachliegenden früheren Messegelände. Im Frühjahr 2018 erweiterte das Sozialwerk seine Pläne um weitere Elemente wie eine Kantine, eine Begegnungsstätte und eine psychosoziale Beratungsstätte. Gesamtinvest: rund 5 Millionen Euro. Angesichts der Bedarfe in der frühkindlichen Betreuung war das Echo vor Ort zunächst positiv. Als Vertreter des Trägers das Vorhaben im April 2019 im Blumenthaler Beirat vorstellten, gab es eine breite parteiübergreifende Mehrheit für den Komplex an der Ermlandstraße.
Eine ganze Zeit lang schien das Projekt danach auf einem guten Wege. Jedenfalls glaubte man das in Oldenburg. Ende 2019 erhielt das Sozialwerk auch einen positiven Bescheid des Bauamtes Bremen-Nord für das in Aussicht genommene Grundstück. Dann aber wendete sich das Blatt. Im Februar 2020 erfuhr der potenzielle Kita-Betreiber aus dem Ortsamt, dass das Vorhaben auf höherer politischer Ebene nicht mehr gewollt sei, namentlich bei den Linken. Offenbar gab es dort Vorbehalte wegen der als fundamentalistisch wahrgenommenen, christlichen Ausrichtung des Sozialwerks.
Fachlich konkretisiert wurden diese Einwände allerdings nicht. In der Klageschrift des Sozialwerks, die inzwischen beim Verwaltungsgericht liegt, heißt es: „An keiner Stelle wurde deutlich, wo das pädagogische Konzept, die Tätigkeitspraxis der Klägerin oder sonstige fachliche oder rechtliche Grundlagen der Klägerin zu Zweifeln an ihrer Eignung hätte Anlass geben können.“
Absage mit einem zu hohen Zuschussbedarf begründet
Monatelang hat sich das Sozialwerk Oldenburg nach dieser inoffiziellen Absage bemüht, von der Bildungsbehörde einen endgültigen Bescheid zu erhalten. Ohne Erfolg. Erst auf juristischen Druck hin gab es Mitte Juli eine schriftliche Absage. Begründet wurde sie mit einem angeblich zu hohen Zuschussbedarf zu den laufenden Kosten, die das Sozialwerk veranschlagt habe. Dies wiederum weist Geschäftsführer Stefan Sinnhuber im Gespräch mit dem WESER-KURIER zurück. Die Kosten habe man seinerzeit nur sehr grob kalkulieren können, weil es an klaren Vorgaben durch die Bildungsbehörde gefehlt habe.
Ob es tatsächlich politischen Druck auf die Behörde gab, das Projekt zu stoppen, lässt sich nicht hieb- und stichfest belegen. Sofia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft, hält sich bedeckt, neuerdings jedenfalls. „Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu einer Interessenbekundung, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ist, zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern werde“, so Leonidakis. Im März klang das noch anders. Gegenüber dem Regionalmagazin „buten un binnen“ sagte sie damals, sie habe dem Ortsamtsleiter bereits im Januar klar gemacht, „dass wir mit diesem Träger nicht einverstanden sind“. Und weiter: „Wir wollen keine evangelikale Indoktrination der Kinder. Schließlich sind einige dieser Träger homophob eingestellt, und das passt nicht in das Weltbild, welches Kindern im jungen Alter vermittelt werden sollte.“
Die Bildungsbehörde äußert sich gegenwärtig nicht zu dem Vorgang. Auch dort lautet die Begründung: schwebendes Verfahren. Sprecherin Annette Kemp ist aber zuversichtlich, dass der Bedarf im Bremer Norden durch andere geplante Projekte gedeckt werden kann. Blumenthals Beiratssprecher Hans-Gerd Thormeier (CDU) bedauert das vorläufige Aus für das Projekt. Er habe seinerzeit Erkundigungen über das Sozialwerk eingezogen, und die hätten nichts erbracht, was gegen das Vorhaben gesprochen hätte. „Sicher sind die klar konservativ, aber nicht homophob oder aggressiv missionarisch“, sagt Thormeier. Im Beirat hätten deshalb keine Bedenken bestanden. Blumenthal brauche Betreuungsplätze, „und deshalb sollte man für jeden seriösen Träger dankbar sein, der hier eine Kita eröffnen will und das nötige Personal mitbringt“.
Kitas in Bremen
435 Einrichtungen zur Kindertagesbetreuung gibt es in Bremen. Mit 89 eigenen Kitas stellt der städtische Eigenbetrieb Kita Bremen das größte Einzelkontingent. Andere Häuser werden von Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbänden, Elternvereinen und anderen freien Trägern betrieben. Aktuell sind 60 Neu- und Ausbauten entweder fest projektiert oder bereits im Bau, weitere befinden sich in der Planung. Mit Ausnahme weniger gewerblicher Einrichtungen erhalten alle Kitas Zuschüsse der Stadt.