Beim Kleingartenverein „Gute Gemeinschaft“ im Bremer Westen ist offenbar einiges außer Kontrolle geraten. Polizei und Behörden sind eingeschaltet. Wer durch das Vereinsgebiet zwischen dem Gröpelinger Rangierbahnhof und der A27 spaziert, der entdeckt dort Berge aus Haushaltsabfällen, alten Autoreifen und Sperrmüll. Einen Weg, der offenbar als öffentliche Toilette dient. Oder auch ein Grundstück, das eher einer Autowerkstatt als einem Kleingarten gleicht: Gleich neben abgemeldeten Pkws stapeln sich Autoreifen.
Bei "Gute Gemeinschaft" sind leer stehende Gärten von Familien aus Osteuropa illegal besetzt worden, sagen Ortskundige. Die Menschen wohnten dort teilweise, in manchen Parzellen werde gerne lautstark gefeiert und es gebe Waschmaschinen, deren Abwasserschläuche direkt in die Fleete führten. Von unerlaubter Tierhaltung und -schlachtung war vor einiger Zeit in einem Fachausschuss des Gröpelinger Beirats berichtet worden. Außerdem soll es in einer Gartenlaube auch Prostitution gegeben haben. Eine weitere ist abgebrannt.
Der Vereinsvorsitzende David Bednarz bestätigt, dass es Schwierigkeiten gibt. Ihm zufolge geht es konkret um 13 Kleingärten, die dem Verein aktuell Probleme bereiten: „Fünf mit Pachtvertrag und acht ohne. Da wissen wir gar nicht, wer da drauf ist.“ Sogar die SWB (vormals Stadtwerke) habe ihn schon kontaktiert und nach den Adressen der Pächter gefragt, schilderte Bednarz in einer Mitgliederversammlung.
Zuvor waren in den Wegen Unterschriften für eine außerordentliche Mitgliederversammlung und Neuwahlen gesammelt worden – von Vereinsmitgliedern, die unter anderem den Vorstand für die Situation verantwortlich machten. Der habe es versäumt, frühzeitig durchzugreifen, glauben die Gemeinschaftler. Schließlich habe sich die Situation über mehrere Jahre hinweg aufgebaut.
Bednarz sieht allerdings andere in der Pflicht. Da der Verein einen Großteil der Parzellen in seinem Gebiet gar nicht mehr selbst verwalte, könne er nicht viel tun, sagt er. Was die Sache kompliziert macht: Nachdem sich der Verein und der Landesverband der Gartenfreunde als Dachorganisation der Bremer Kleingartenvereine mehrfach über grundsätzliche organisatorische Fragen uneins waren, hatte der Vereinsvorstand vor einem knappen Jahr das Verwaltungsabkommen mit dem Landesverband gekündigt. Abschlüsse und Kündigungen von Pachtverträgen obliegen seitdem dem Landesverband.
Also gebe man nun auch alle Informationen zu Problemen im Gebiet an den Landesverband als den zuständigen Verpächter weiter, erklärt der bisherige zweite Vorsitzende Jens Ullmann: „Aber es passiert nichts.“ Auch Bauamt und Polizei seien bereits vor Ort gewesen, hätten aber an der Situation nichts verändern können.
Der Polizei Bremen ist das Problem bekannt. „Derartige Verstöße werden durch die Einsatzkräfte im Streifendienst oder im Zuge von Schwerpunktmaßnahmen konsequent geahndet. Darüber hinaus bestreifen Kontaktpolizisten aus Gröpelingen zu Fuß oder mit dem Fahrrad den Bereich regelmäßig und halten so auch den Kontakt zu den Mitgliedern des Kleingartenvereins. Konkreten Hinweisen auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wird entsprechend nachgegangen“, heißt es von dort.
Aufgrund der vielschichtigen Herausforderungen werde „eine ganzheitliche ressortübergreifende Lösung angestrebt“, weshalb dieses Jahr bereits mehrere Behördenvertreter zu Begehungen und Ermittlungen vor Ort gewesen seien.
Die Vereine seien autonom, heißt es wiederum vom Landesverband der Gartenfreunde: „Nur die Mitglieder können die Situation verändern.“ Der Landesverbandsvorsitzende Klaus Bode sieht in der Kündigung des Verwaltungsabkommens einen klaren Verstoß gegen die Vereinssatzung: „So kann man sich nicht aus der Affäre ziehen. Bei anderen Vereinen geht es ja auch.“
Auch der Landesverband ist Bode zufolge dieses Jahr sehr oft im Parzellengebiet gewesen und habe sich mehrfach mit dem Gute-Gemeinschaft-Vorstand in seiner Geschäftsstelle in Horn-Lehe getroffen: „Wir haben alles Mögliche versucht, um mit dem Vorstand eine Lösung zu finden, damit das Verwaltungsabkommen vom Verein weitergeführt wird. Aber alles, was wir mit dem Vorstand besprochen haben, wurde nach unseren Gesprächen verworfen.“ Sämtliche dieser Gespräche seien protokolliert worden und beim Landesverband einsehbar. Währenddessen habe der Landesverband immerhin auf einigen Parzellen Räumungsklagen durchgesetzt.
Nachdem Bednarz schließlich versprochen habe, zurücktreten zu wollen, habe man beim Landesverband gehofft, gemeinsam mit einem neuen Vereinsvorstand die Probleme angehen und die Pachtverträge für jeden einzelnen Garten prüfen zu können.
Nun kam es anders: Für den Posten des Vereinsvorsitzenden stellte sich bei der Mitgliederversammlung niemand zur Wahl – außer David Bednarz, der von der Mehrheit der etwa 60 anwesenden Mitglieder für weitere vier Jahre im Amt bestätigt wurde. Der Landesverband setzt nun vor allem auf die neu gewählten Mitglieder des Vereinsvorstands: „Wir werden sie zu uns einladen, damit sie sich erstmal ein Bild machen und hier in die Ordner gucken können.“
Die Pächter, die dem Verein seit Jahren die Treue halten, wünschen sich währenddessen vor allem dies: "Dass hier wieder Leben reinkommt. Das ist hier schließlich ein Erholungsgebiet und keine Müllhalde."