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Fünf-Milliarden-Paket Bremer Klima-Programm mit erheblichen Finanzierungsproblemen

Bremen will beim Klimaschutz Vorreiter werden. Bis 2030 sollen rund fünf Milliarden Euro in entsprechende Projekte fließen. In der rot-grün-roten Koalition gibt es allerdings noch keine abschließende Einigung.
04.11.2022, 19:27 Uhr
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Bremer Klima-Programm mit erheblichen Finanzierungsproblemen
Von Jürgen Theiner

Der Senat wird voraussichtlich in der übernächsten Woche ein Klimaschutzpaket beschließen, das Investitionen von knapp fünf Milliarden Euro umfasst und einen zeitlichen Horizont bis 2030 hat. Hinzu kommt ein Posten von 500 Millionen Euro, mit denen Folgen der Energiekostenkrise abgefedert werden sollen. Das hat Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) am Freitag im Klima-Ausschuss der Bürgerschaft angekündigt. Für das Programm wird Bremen neue Schulden aufnehmen müssen. Um dies zu ermöglichen, müsste das Parlament zuvor eine außergewöhnliche Notlage ausrufen. Anders ist eine Abweichung vom Verbot der Kreditaufnahme (Schuldenbremse) nicht zu machen.

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Ursprünglich war ein Senatsbeschluss schon für Oktober angekündigt worden. Innerhalb der rot-grün-roten Koalition gab es in den vergangenen Wochen jedoch erhebliche Spannungen wegen des Projekts. Die Sozialdemokraten erhoben Bedenken, unter anderem wegen der langfristigen finanziellen Belastungen für den Bremer Haushalt. Angesichts gestiegener Zinsen könnten sich die Kreditkosten auf einen dreistelligen jährlichen Millionenbetrag belaufen. Bezweifelt wurde außerdem, ob die zuständigen Senatsressorts überhaupt in der Lage sind, ein fünf Milliarden Euro schweres Investitionspaket zu steuern und abzuwickeln. Bei den Grünen sorgten diese Absetzbewegungen der SPD für erheblichen Ärger. Im Klima-Ausschuss hielten sich die Sozialdemokraten am Freitag jedoch mit Kritik zurück. Ob dies schon Zeichen eines Einlenkens sind, müssen die nächsten Tage zeigen. Am Montagabend wird das Thema den Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und Linken beschäftigen.

Was ist konkret geplant?

Grundlage des Klimaschutzpakets sind die Empfehlungen der Klima-Enquetekommission der Bürgerschaft aus dem vergangenen Jahr. Dieser Rat aus Abgeordneten und Experten hatte Vorschläge zur Frage gemacht, wie Bremen bis 2038 klimaneutral werden kann, den Ausstoß an Treibhausgasen also nahe null drücken kann. Aus diesen Vorschlägen haben die Senatsressorts zwischenzeitlich diejenigen Maßnahmen herausgepickt, die schnell umsetzbar sind und gleichzeitig einen möglichst großen Effekt haben. Die Rede ist von einer sogenannten Fastlane (zu deutsch: Überholspur). Zu den Fastlane-Projekten zählen etwa ein großflächiger Ausbau des Nah- und Fernwärmenetzes, mehr und bessere Angebote für CO2-freie Mobilität, die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude und die klimaneutrale Umrüstung emissionsstarker Industriebetriebe.

Wo liegen die Probleme?

Die Bürgerschaft kann zwar eine Ausnahme von der Schuldenbremse in der Landesverfassung beschließen, denn sie hat die Hoheit über den Bremer Haushalt. Allerdings steht die Schuldenbremse auch im Grundgesetz, sie gilt gleichermaßen für Bund und Länder. Und gerade das FDP-geführte Bundesfinanzministerium hat bisher wenig Neigung gezeigt, die Länder aus ihren Verpflichtungen zu entlassen. Finanzminister Christian Lindner hatte im Sommer gegenüber dem WESER-KURIER sogar explizit gesagt, der Klimaschutz stelle aus seiner Sicht keine Begründung für neue Schulden dar. Auch der Stabilitätsrat von Bund und Ländern hätte bei dem Bremer Vorhaben ein Wörtchen mitzureden. Sollte sich in Berlin der Widerstand verfestigen, könnten im schlimmsten Fall die jährlichen Sanierungshilfen von 400 Millionen Euro, die Bremen vom Bund erhält, auf dem Spiel stehen. Finanzsenator Strehl sieht diese Gefahr offenbar nicht. Aus Berlin habe man ihm eine "wohlwollende Prüfung" des Klimaschutzpakets signalisiert, sagte er.

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Was kritisiert die Opposition?

Vor allem die CDU tadelte den Senat am Freitag in ungewohnter Heftigkeit. "Ich fühle mich von Ihnen maximal veräppelt", sagte ihr Finanzpolitiker Jens Eckhoff an die Adresse von Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne), die im Klima-Auschuss gemeinsam mit Strehl den Senat vertrat. Details der 190 geplanten Fastlane-Projekte kenne man noch gar nicht, es fehle also jegliche Grundlage für eine vertiefte inhaltliche Debatte. Eckhoff erinnerte daran, dass der Abschlussbericht der Enquetekommission schon fast ein Jahr zurückliegt. Der Senat habe genügend Zeit gehabt, dem Parlament konkrete Vorschläge für eine  Klimaschutzstrategie vorzulegen "Es ist Ihnen gelungen, den Schwung von damals auf das Bremer Mittelmaß zurückzuführen", ätzte Eckhoff. Schaefer wies den Vorwurf der Untätigkeit zurück. So habe ihre Behörde bereits mit den Stahlwerken erste technische Vorbereitungen für die klimaneutrale Umstellung der Produktion angebahnt. Auch die Pläne für den Ausbau der Nah- und Fernwärmenetze würden vorangetrieben.

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