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Kolumne 0421 Von Bremer Brief- und Kummerkästen: Wann geht die Weihnachtspost ab?

In seiner Kolumne „0421“ schreibt Oliver Matiszick über große und kleine Themen, die manchmal erst auf den zweiten Blick miteinander, immer aber mit Bremen zu tun haben. Heute: Analoges, Briefkästen und Kummer.
09.12.2023, 05:00 Uhr
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Von Bremer Brief- und Kummerkästen: Wann geht die Weihnachtspost ab?
Von Oliver Matiszick

ls stets aufmerksame Leserinnen und Leser dieser Kolumne werden Sie möglicherweise schon mal den Verdacht gehegt haben, dass es sich bei mir um einen Menschen handelt, der noch mit mindestens eineinhalb Beinen im analogen Zeitalter steht. Dieser Umstand ließe sich auch daran ablesen, dass ich eine – mechanische! – Armbanduhr trage. Die kann nichts, außer die Zeit anzuzeigen. Keine Vernetzung mit meinem Mailpostfach, keine Bezahlfunktion, keine Hinweise auf die Fitness-Versäumnisse eines Arbeitnehmers mit überwiegend sitzender Tätigkeit. Da mich jene Arbeitnehmerei zudem nie in die Verlegenheit gebracht hat, über die Anschaffung einer Uhr im Gegenwert eines Gebrauchtwagens oder trendigen Lastenfahrrads nachzudenken, kann ich sie sogar ohne die Berücksichtigung polizeilicher Ratschläge und frei von Verlustängsten durch Bremen tragen. Das ist ja auch was wert.    

Was so eine altmodische Uhr außerdem nicht kann: ein Weck- oder Erinnerungssignal senden. Da ist dann die Kreativität des analogen Menschen gefordert, wobei mir in jüngeren Jahren als Bewohner des Bremer Südens die Post stets eine Hilfe war. Weil sie Nacht für Nacht einen Flieger aus Frankfurt auf den Weg schickte, mit Briefsäcken für das 0421-Land statt Passagieren in den Sitzreihen. Rauschte die sogenannte Postmaschine ausnahmegenehmigt über die Nachbarschaft hinweg, war es in bemerkenswerter Verlässlichkeit 2.15 Uhr – und das Signal für mich, nun aber wirklich mal ins Bett zu gehen. Dass dieser Erinnerungsservice schon vor Jahren eingestellt wurde, habe ich gut verschmerzen können, weil mit dem Alter auch der nächtliche Ruhebedarf steigt. Dass mich die Post aber inzwischen auch bei der Briefzustellung immer öfter in Ruhe lässt, stört allerdings.

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Zwar zeigt der Blick in die Leserbriefspalten unserer geschätzten Qualitätszeitung, dass das in Stadt und Land kein Einzelschicksal ist – stellt mich aber vor jede Menge Fragen. Etwa die, ob das vertrauliche Du, mit dem ich bei meinem Lieblingszusteller angelangt war, angesichts unserer fortschreitenden Entfremdung noch statthaft ist. Oder aber, ob mir die Swb wohl böse ist, weil sie mich jüngst zum dringenden Ablesen meines Gaszählers aufforderte, die dafür gesetzte, ausgedehnte Frist bei Ankunft des Briefes aber bereits drei Tage verstrichen war. Was mich in der Misere aber am meisten umtreibt: Wann muss ich dieses Jahr die Weihnachtspost losschicken, damit sie rechtzeitig ankommt?

Denn zu den seltsamen Bräuchen, die wir analogen Menschen pflegen, gehört in diesen Tagen auch, Karten mit freundlichen Worten zu beschriften, sie in einen Umschlag zu stecken, diesen mit Adresse und Briefmarke zu versehen und in einen gelben Kasten zu werfen. Von denen soll es hier und da an den Straßen in Bremen und umzu sogar noch welche geben. Das hat mein Lieblingspostzusteller jedenfalls bei einem unserer letzten Treffen behauptet. Ist aber lange her.

Tagebucheintrag: Vielleicht rufe ich die Adressaten meiner Weihnachtspost an den Festtagen zur Vorsicht aber auch noch an. Wenn mich meine nichtsnutzige Uhr doch bloß daran erinnern könnte.

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