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Kolumne 0421 Das Ende vom Weihnachtslied? In Bremen spielt die Musik

In seiner Kolumne "0421" schreibt Oliver Matiszick über große und kleine Themen und wie sie in Bremen von Bedeutung sind. Heute: Klimaschutz und Weihnachtsmärkte.
18.11.2023, 04:00 Uhr
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Das Ende vom Weihnachtslied? In Bremen spielt die Musik
Von Oliver Matiszick

Diese Woche hat einmal mehr gezeigt, welch großem Interpretationsspielraum viele Dinge des Lebens unterliegen. Etwa der Klimaschutz, der niemanden kalt lassen sollte, wenngleich das mit Blick auf die globale Erwärmung wohl nicht die bestmögliche Formulierung ist. Wie auch immer: Das Klima zu schützen ist an sich löblich, wobei der gute Zweck nicht alle Mittel heiligt. So wie am Dienstagnachmittag mitten in Bremen. Wer sich etwa als Teil einer – wenn schon, denn schon – „antikapitalistischen und antimilitaristischen Klimabewegung“ betrachtet, aus Protest gegen eine Raumfahrtmesse Barrikaden aus Autoreifen auf der Hollerallee nicht nur errichtet, sondern dann auch noch qualmend abfackelt, der interpretiert recht eigenwillig, was das Klima schützt.       

Mit einer ganz anderen, aber nicht weniger interpretationswürdigen Schutzangelegenheit hatte ich es zugleich im privaten Bereich zu tun: dem Lärmschutz. So hat mir jüngst eine knappe Mehrheit – drei von drei – der weiteren Haushaltsmitglieder dargelegt, dass sie meine Singstimme für viel weniger bezaubernd hält als ich selbst. Selbst die Verweise, dass ich für meine Darbietung von „Ein Jäger aus Kurpfalz“ beim Vorsingen in der Grundschule einst immer eine Eins bekommen habe, vermochten daran nichts zu ändern.

Das, sozusagen, Ende vom Lied: Ich wurde angehalten, aus Gründen des allgemeinen Ruheempfindens sowie der Selbstachtung darauf zu verzichten, mit zartem Timbre das Musikprogramm der unaufhaltsam nahenden Vorweihnachtszeit zu begleiten. Etwa dann, wenn „Last Christmas“, der unzerstörbare Klassiker von Wham!, schon bald wieder in gefühlter Dauerschleife im Radio läuft. Oder in wenig mehr als einer Woche auf dem Weihnachtsmarkt.

Und ja, dort hat es Bremen zur Abwechslung mal besser als andere Gemeinwesen. Gut, diese Einschätzung werden die Marktbeschicker und Schausteller, die sich über die Trantütigkeit des Wirtschaftsressorts im Zulassungsverfahren für den Weihnachtsmarkt geärgert haben, nicht vollumfänglich teilen. Doch da gibt es dieses Jahr landauf, landab rund um Glühwein- und Bienenwachskerzenbuden ganz anderen Kummer: in Sachen musikalischer Beschallung. Weil die Lizenzgebühren, die für die Auftritte von Chören und Musikgruppen fällig werden, von der (bitte auswendig lernen) Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte neu berechnet wurden. Mit der Folge, dass etwa unsere 0421-Land-Nachbarn in Oldenburg davon ausgehen, dass sich ihre Lizenzkosten dieses Jahr verzwanzigfachen dürften – und so wird dort über einen sparsam-stillen Weihnachtsmarkt nachgedacht.

Rund um den Roland und an der Schlachte aber, wo die hintergründige Unterhaltung – „Last Christmas“! – Sache der Standbetreiber ist, bleibt alles, wie es ist. Wussten wir es doch: In Bremen spielt die Musik. Aber das ist wohl auch Interpretationssache.

  • Tagebucheintrag: Tannenbäume, so vermeldete unsere geschätzte Qualitätszeitung kürzlich, werden dieses Jahr übrigens auch teurer. Sie sehen mich wenig überrascht.

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