Die Urlaubsorte an der Nordsee sowie Hoteliers und Reiseveranstalter halten Urlaub zu Ostern derzeit noch für möglich. Damit reagieren sie auf die Aussage von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der hatte in der „Bild am Sonntag“ dem Osterurlaub in Deutschland in diesem Jahr keine Chance gegeben. Zu große Mobilität bereits im April sei Gift: „Wir würden alles zerstören, was wir seit Mitte Dezember erreicht haben.“
In der Branche macht sich der Politiker damit keine Freunde. So sagt Tanja von Daak, die Geschäftsführerin des Reisebüros Commodore-Reisen in der Wachmannstraße in Schwachhausen: "Schön ist das nicht, wenn man das hört, weil es die Menschen weiter verunsichert. Und die Menschen wollen reisen." Sie verweist darauf, dass ja Flugreisen beispielsweise auf die Kanaren möglich seien. Die werden auch gebucht: "Die Menschen planen eine mögliche Zeit der Quarantäne zusätzlich mit ein – weil sie einfach gern verreisen möchten. Es gibt auch jemanden, der eine Kanaren-Kreuzfahrt macht.“ Das Reisebüro, das die Corona-Zeit genutzt hat, um einige Häuser weiter zu ziehen, habe auch einige neue Kunden hinzugewonnen. "Man muss ja auch im Blick haben, welche Corona-Bestimmungen für welches Land aktuell gelten", sagt die Geschäftsführerin. Es gebe auch Personen, die bereits geimpft seien und sich nun sicher genug fühlten, um zu verreisen.
Jonas Hinrichs von der Marketingorganisation „Die Nordsee“ hält die Aussagen Kretschmers jetzt Mitte Februar ebenfalls für verfrüht. Grundsätzlich sagt er: „Wir sind auch auf die Ostersaison angewiesen.“ Mit „Wir“ meint er die Küstenorte entlang der niedersächsischen Nordseeküste, die sich in der Organisation zusammengeschlossen haben. Hinrichs fordert von der niedersächsischen Landesregierung ein entsprechendes Konzept, damit Hotels, Pensionen, Campingplätze und Ferienwohnungsbesitzer genug Zeit haben, um sich wieder auf Gäste vorbereiten zu können: Wenn sich die Ministerpräsidenten das nächste Mal am 3. März zusammensetzen, sollten sie dort auch Entscheidungen bezüglich der Osterferien treffen. „Auf der anderen Seite hilft den Betrieben ein ständiges Öffnen und Schließen auch nicht weiter“, ergänzt Hinrichs.
Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) hat er da auf seiner Seite. Denn der widerspricht ebenso seinem sächsischen Amtskollegen: „Aus meiner Sicht ist es zu früh, sich im Hinblick auf die Osterferien jetzt schon festzulegen. Wir müssen abwarten, wie sich die Inzidenzen in Deutschland und auch der sogenannte R-Wert, also die Zahl der Menschen, die ein Infizierter im Schnitt ansteckt, weiter entwickeln werden." Definitive Aussagen seien noch nicht möglich, das Risiko einer dritten Welle müsse man gering halten.
Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hätte gern eine Entscheidung am 3. März. Spätestens dann müsse es einen konkreten Fahrplan geben, wann, wie und unter welchen Voraussetzungen die Betriebe wieder Gäste empfangen dürften. Der Präsident des Bundesverbands, Guido Zöllick, sagt über die Worte Kretschmers: „Die pauschale Absage des Osterurlaubs ist völlig inakzeptabel und ein erneuter Schlag ins Gesicht der Branche." Und weiter: "Die Infektionszahlen sinken seit Wochen und so haben Gastronomie und Hotellerie die nachvollziehbare Erwartung, eine Öffnungsperspektive zu erhalten.“ 83,6 Prozent der Betriebe fordern laut einer Dehoga-Umfrage eine Öffnung vor Ostern.
Franziska Borel vom Bremer Buchungsportal Traum-Ferienwohnungen.de sagt: „Als Mitglied des Deutschen Ferienhausverbands fordern wir eine verlässliche Perspektive für Ferienhausvermieter und eine bundeseinheitliche Öffnungsstrategie mit einem Neustart bereits zu den Osterferien.“ Der Verband geht so weit, Ferienwohnungen gegenüber anderen Unterkunftsformen bei der Öffnung vorzuziehen. Der Grund: Gäste können dort autark und ohne Kontakt zu anderen Gästen ihren Urlaub verbringen. Das Buchungsportal führt ab März als zusätzliche Suchfunktion die kostenlose Stornierung ein. Außerdem arbeitet das Unternehmen mit einer Reiseversicherung zusammen: „Über die ist beispielsweise auch der Fall abgedeckt, dass der Urlauber nicht verreisen kann, weil er in Quarantäne muss.“
Allgemein stellt Nicole Mertgen-Sauer von der Verbraucherzentrale Bremen fest: "Aus unseren Beratungen wissen wir, dass immer mehr Reiseveranstalter flexiblere Stornierungsoptionen anbieten." Da sei es möglich, bis zwei Wochen vor Reiseantritt kostenlos zu stornieren. Kommt es zur Absage einer Pauschalreise durch den Veranstalter, stellt Mertgen-Sauer fest: "Gerade große Reiseunternehmen lassen sich immer noch Zeit mit der Rücküberweisung des Geldes.“ Eigentlich müsste das Geld sieben Tage später beim Kunden sein.