Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

32. Musikfest Bremen Berauschende Klassik

Mit 18 Konzerten an neun Veranstaltungsorten ist das 32. Musikfest Bremen eröffnet worden. Das französische Ensemble Les Siecles spielte in der Glocke, das "franz ensemble" im Haus der Bürgerschaft.
29.08.2021, 15:27 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Gerd Klingeberg

Die Große Nachtmusik als beliebter Eröffnungsabend des Musikfests Bremen hat am Sonnabend eine bunte Auswahl unterschiedlichster Stilarten und Genres geboten, darunter hochrangige Klassikevents mit ausgezeichneten Interpreten.

Die von Wolfgang Amadeus Mozart in nur wenigen Tagen komponierte Sinfonie Nr. 35 D-Dur „Haffner“ KV 385 mag schon unzählige Male gespielt worden sein. Nichts Spektakuläres also. Oder doch? So wie sie das französische Ensemble Les Siècles unter dem engagierten Dirigat von François-Xavier Roth beim ersten Konzert in der Glocke ­präsentierte, wirkte das bekannte Opus in Gänze tiefenentstaubt und versprühte von den markant einleitenden Oktavsprüngen an ein schier unglaubliches Maß an Energie, ohne dass damit der teilweise serenadenhafte Charakter des Werkes konterkariert wurde.

Lesen Sie auch

Da gab es – auch im übertragenen Sinne – keinerlei bequemes Zurücklehnen der im Stehen auf zeitgenössischen Instrumenten agierenden Musiker, die die straffen Tempi und prägnanten Akzentuierungsanweisungen ihres Dirigenten klangdicht umsetzten. Das Andante gefiel mit großphrasiger, niemals schleppender Ausführung; das knapp gehaltene, auf das Wesentliche verdichtete Menuett kam spritzig. Zum orchestralen Feuerwerk geriet das von wuchtigen Paukenschlägen strukturierte Presto-Finale: ein spannungsvoller Wechsel zwischen huschenden Streicher-Stakkatos und forciertem Orchestertutti.
Passend eingefügt zwischen die einzelnen Sätze waren drei Konzertarien Mozarts. Und wenn Les Siècles schon instrumental begeistert hatte, so wurde die Faszination des Publikums durch die Ausführungen von Sopranistin Sabine Devieilhe noch deutlich gesteigert. Strahlend hell und mit zartem Tremolo veredelt, intonierte die sympathische Sängerin ihre technisch höchst anspruchsvollen Partien in nuancierter Gestaltung. Ausdrucksintensiv und mit berauschender Emphase erfolgte ihre gesangliche Umsetzung der im Arientext angesprochenen, heftig widerstreitenden Affekte, die teils mit lyrischem Schmelz, teils mit fordernd dramatischer Expressivität imponierten. Verzierungen und Triller kamen traumhaft leichtkehlig und fließend.
Einen kaum noch steigerbaren Höhepunkt setzte Devieilhe bei der fulminanten Arie „Al destin che la minaccia“ KV 87 mit atemberaubenden Koloraturen, aufwühlend eindringlichem Impetus und riesigen Intervallsprüngen samt mühelos angesteuerten Spitzentönen. Ein vollends überzeugender, vom Orchester perfekt begleiteter Auftritt, der mit vielen Bravos und tosendem Beifall quittiert wurde.

Lesen Sie auch

Das „franz ensemble“, das sich um Mitglieder der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen gebildet hat, besteht erst seit Kurzem. Seine noch jungen Akteure können jedoch allesamt auf beeindruckende musikalische Werdegänge verweisen. Ihre künstlerische Kompetenz bewiesen sie auch bei ihrem Konzert im Haus der Bürgerschaft. Ein lediglich als einsätziges Fragment erhaltenes Streichtrio B-Dur von Namensgeber Franz Schubert durfte dabei nicht fehlen, fungierte indes eher als freundliches Intermezzo zwischen zwei recht unbekannten Werken. Als ausgesprochen reizvolle Entdeckung entpuppte sich das Septett B-Dur des schwedischen Komponisten Franz Berwald. Weich abgefederte Eingangsakkorde markierten den Beginn kaleidoskopartig aneinandergefügter, ungemein wechselvoller Stimmungen und Themen. Über sanftem Akkordflor leuchteten zarte Melodielinien, wurden abgelöst von kraftvollen Tutti, um im nächsten Augenblick in nordisch-melancholischer Weite zu zerfließen. In präzisem Zusammenspiel generierte das sichtlich musizierfreudige Ensemble daraus eine farbintensive romantische Klanglandschaft, in der man sich als Zuhörer unmittelbar heimisch fühlte.

Ausgezeichnet gelang das Nebeneinander aus kammermusikalischer Intimität und geradezu orchestraler Wucht, das wohlige Schwelgen in breiten Legatoklängen, mitunter verwunschen flirrenden Figurationen und effektvoll ausgeführten akkordischen Eruptionen bis hin zum ausgelassen anmutenden, forsch angegangenen Finale.

Nicht minder souverän und mit unbändiger musikantischer Leidenschaft meisterten die Instrumentalisten samt pianistischer Unterstützung auch die technischen Raffinessen des Oktetts As-Dur op. 128 des Beethoven-Schülers Ferdinand Ries. Brillante Läufe des Klaviers ergänzten sich mit den sprühenden Effekten der Streicher und Bläser zu einem opulenten, streckenweise unterhaltsam salonesken Klangerlebnis. Einigermaßen süßlich geriet der Andantino-Mittelsatz, aber die Interpreten vermieden dank pointierter Ausführung ein Abgleiten ins allzu Sentimentale. Sie setzten vielmehr beim folgenden Rondo-Satz mit stakkatierter Bestimmtheit und kunstvoll verwobener Melodik der Einzelstimmen einen glanzvollen, vom begeisterten Publikum mit lang anhaltendem Applaus bedachten Schlusspunkt.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)