Wenn ein Geschäftsführer vors Publikum tritt, dann stimmt etwas nicht. So war es auch am Mittwoch: Albert Schmitt, Managing Director der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, musste von den Corona-Erkrankungen des Dirigenten Antti Tikkanen und der Violinistin Minna Pensola berichten. Das "Finnische Intermezzo" fand trotzdem statt, denn Pianist und Komponist Iiro Rantala war zum Glück putzmunter. Und hatte ein paar Strippen gezogen. Mit Tarmo Peltokoski stand daher ein junger Finne am Pult, der sich als ähnlich beeindruckende musikalische Naturgewalt entpuppte wie Rantala.
Osmin lauert in der Kulisse
Das Programm gestaltete sich durch die personellen Ausfälle anders als vorgesehen, das führte dazu, dass die erste Hälfte die mitreißendere war. Los ging's mit der Ouvertüre zu Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail", die Peltokoski spannungsreich spielen ließ: Mal mit Hang zum Alarm, in den langsameren Passagen so lautmalerisch, als lauere Haremswächter Osmin in der Kulisse. Das darauf folgende Mozartsche Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur ist eine sichere Bank für die Kammerphilharmoniker und Rantala – sie haben es bereits auf CD eingespielt. Langweilig wurde es dennoch nicht: Rantala improvisiert seine Soli jedes Mal anders, mal burlesk, mal tänzerisch, mal wehmütig, mal wie hingehaucht. Diese virtuosen Fantastereien ließ Peltokoski vom Orchester fast auftrumpfend begleiten – und setzte sich im abschließenden Allegro vivace assai zum Schluss einfach mit an den Flügel. Das Ergebnis: Ein wunderbar übersprudelndes Finale.
Das begeisterte Publikum erlebte danach den ersten Auftritt des "Kammerjazz Quartet of Bremen". Duke Ellingtons "In a Sentimental Mood" und Rantalas "Another Ragtime" zeigte Klarinettist Matthew Hunt, Schlagzeuger Jonas Krause, Hiroyuki Yamazaki am Bass und Iiro Rantala in grandioser Spiellaune, begleitet von ulkigen Kommentaren des Finnen.
Das war schwer zu übertreffen und gelang nach der Pause stimmungstechnisch nur teilweise, musikalisch aber nach wie vor auf hohem Niveau. Mozarts "Prager Sinfonie" gestaltete Peltokoski ähnlich wie die "Serail"-Ouvertüre mit großem Hang zur Spannungserzeugung durch Dynamik. Wunderbar klar und leichtfüßig gingen die Kammerphilharmoniker das Presto an und machten der Tempobezeichnung zudem alle Ehre. Die "Seven O'Clock Ouvertüre" hat Rantala eigens für das Ensemble geschrieben – sie erlebte ihre Welturaufführung. Das Stück ist ein wunderliches Potpourri mit Anleihen bei amerikanischen Komponisten wie Copland, Barber oder Gershwin und Filmmusik aller Art. Mal kommt Mary Poppins um die Ecke getanzt, mal liefert sich Harry Potter mit Tom und Jerry ein Wettrennen. Also: ein Rezept für gute Laune. Was man nicht von jedem Finale eines klassischen Konzerts behaupten kann.