„Hamlet“ ist eines von Shakespeares bekanntesten Stücken. Wie ist die Wahl auf diese Geschichte gefallen?
Mio Kunze: Die Regisseurin Joanna Praml und ihr Team machen es immer so, dass sie klassische Dramen auswählen und diese in moderner Form erzählen. Ich bin zum Auswahlworkshop für das Stück gegangen, weil ich „Hamlet“ sehr gerne mag.
Was gefällt Ihnen daran?
Ich mag die Sprache von Shakespeare sehr gern und finde, dass die Themen total gegenwärtig sind. Shakespeare stellt sich viele Fragen zur Sterblichkeit, es geht um zwischenmenschliche, vor allem um interfamiliäre Beziehungen. Das ist ja heute so aktuell wie damals. Was bleibt von mir? Was hinterlässt man? Das sind Fragen, die man sich heute erst recht stellt. Auch die Geschichte von Ophelia, die unerwiderte, komplizierte Liebe, ist zeitlos. Aus heutiger Sicht würde man sagen, dass Ophelia eine sehr problematische Frauenrolle ist, weil sie so gelenkt wird von den Männern in ihrem Leben. Auch darüber muss man sprechen.
Was übernimmt das Stück von Shakespeare und was ist anders?
Es ist vor allem sprachlich sehr anders. Joanna Praml und Dorle Trachternach haben uns die Rollen so geschrieben wie wir auch im echten Leben sprechen.
Es gibt also keine originalen Shakespeare-Texte?
Vielleicht manchmal. Da will ich noch nicht zu viel verraten. Aber überwiegend ist es unsere Umgangssprache. Es ist insgesamt eine sehr persönliche Herangehensweise: Es gibt diese ganzen Figuren in "Hamlet", die man irgendwie kennt und zu denen es bestimmte Bilder gibt, die man mit ihnen verbindet. Zum Beispiel Ophelia, die im Fluss ertrinkt. Bei uns ist es nicht so, dass wir uns auf die Rollen fixieren. Wir orientieren uns eher an uns selbst und entwickeln uns sozusagen in die Rollen hinein. Wir suchen, was wir mit den Figuren gemeinsam haben und was wir vielleicht auch gar nicht in uns tragen. Irgendwann verschmelzen die reale und die Stückebene auch.
In der Ankündigung zum Stück heißt es, Sie stellen sich auf der Bühne den Aufträgen, die die Welt für Sie bereithält. Welche sind das?
Die wohl größte Aufgabe ist das Erwachsenwerden. Und das In-die-Fußstapfen-treten von denen, die vor uns da waren. Das ist ja auch Hamlets Aufgabe. Er müsste irgendwann König werden. Wir sind in einer Phase, wo wir nicht mehr ganz Kinder sind, aber auch noch nicht ganz im Leben stehen. Wir müssen langsam damit anfangen, Verantwortung zu übernehmen. Das ist die zentrale Schwierigkeit, mit der jeder auch ein bisschen anders umgeht. Ein bisschen ist das Stück auch Sinnbild dafür: Wir tragen die Verantwortung für das Stück, für den Abend, für das Publikum.
Wird die berühmte Frage „Sein oder nicht sein“ eine Rolle spielen?
Sie spielt auf jeden Fall eine Rolle in unserem Stück. Beantwortet wird sie vermutlich nicht ganz, aber wir finden einen guten Mittelweg.
Was würden Sie sich wünschen, was das Publikum aus dem Theaterabend mitnimmt?
Ich hoffe, dass alle gut unterhalten werden. Wir denken in dem Stück viel über unsere Rolle im Leben nach. Ich würde mir wünschen, dass auch die Zuschauerinnen und Zuschauer angeregt werden zu reflektieren, wo sie im Leben stehen und ob sie damit zufrieden sind. Vielleicht inspirieren wir die Leute dazu, sich selbst mal wieder die Fragen zu stellen, die Jugendliche und junge Erwachsene sich stellen.
Insgesamt klingt es, als würde es ein eher ernsterer Abend werden …
Es gibt viel zu lachen. Aber es wird auch ernst. Es gibt Momente, die sehr ergreifend sind. Bei einigen Szenen bin ich selbst immer wieder davon ergriffen, wie schön die Texte sind und wie gut gespielt wird. Da gibt es einige emotionale Höhepunkte.