Eigentlich, erzählt Karin Walter vom Focke-Museum, wollte man der Familie Frank vor einigen Jahren Objekte zurückgeben, die einst ihnen gehörten und 1985 ins Museum gelangten, lange nachdem die jüdische Familie aus Lilienthal vor den Nationalsozialisten nach Amerika fliehen musste. Dann aber kam es anders. Und die Nachkommen des Fotografen Julius Frank schenkten dem Museum und dem Lilienthaler Heimatverein stattdessen einen umfassenden Nachlass mit Fotografien und anderen Relikten, die nicht nur eine fotografische, sondern auch eine tragische Familiengeschichte erzählen. Zwei Kubikmeter groß war die Kiste, die das Museum 2020 aus Amerika erreichte. Mehr als tausend Objekte haben Walter und ihr Team erfasst. "Ein großer Glücksfall", so die Fotohistorikerin. Eine Auswahl ist nun in der Ausstellung "Julius Frank. Eine jüdische Fotografenfamilie zwischen Deutschland und Amerika" zu sehen. Aber wer war die Familie Frank eigentlich?
Fotografie aus drei Generationen
Die jüdische Familie betrieb über drei Generationen ein Fotoatelier in Lilienthal, gegründet wurde es von Julius Frank (1845 - 1906), der vor allem als Porträtfotograf tätig war. Auch sein Sohn Henry (1879 - 1931) stieg in die Fotografie ein und konzentrierte sich vor allem auf Abbildungen des ländlichen Umlands, wie dem Teufelsmoor, und Bilder der Menschen, die dort lebten. Das gefiel den Kunden aus der Stadt. Die Bilder verkauften sich gut, Henry erhielt für seine Arbeiten mehrere renommierte Auszeichnungen.
Nach Henrys Tod macht sein Sohn Julius (1907 - 1959) genau da weiter, wo sein Vater aufgehört hatte. Allerdings leider nicht lange. Frank war zunehmend antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt und sah sich 1936 schließlich gezwungen, das Atelier weit unter Preis zu verkaufen und in die USA zu emigrieren. Ein Jahr später holte er seine spätere Frau Hildegard und seine Mutter nach.
Neustart in Amerika
Doch mit der Flucht endete das fotografische Schaffen von Julius Frank nicht. Auch in Amerika ging er weiter seiner Arbeit nach – mit Erfolg. Er machte beeindruckende Naturfotos, zum Beispiel im Yosemite Park oder im Milham Park in Kalamazoo, Michigan; er fotografierte Architektur, war als Fotograf in der Mode und Werbung tätig. Kurzum: Er probierte sich in verschiedenen Bereichen aus. Auch aus dieser Zeit finden sich zahlreiche Originalbilder in der Ausstellung.
Ergänzt werden die mal kleinen, mal großformatigen Fotografien von zahlreichen anderen Erinnerungsstücken aus dem Nachlass der Familie. Da gibt es das Turnhemd, das Julius Frank mit nach Amerika nahm – eine traurige Erinnerung daran, dass der leidenschaftliche Turner 1935 am Weihnachtsschauturnen in seiner Heimat als Jude nicht mehr teilnehmen durfte.
An einem Tisch kann der Besucher sich Zeit nehmen, um in diverse Dokumente und Briefe einzutauchen, die einen Eindruck von den Repressalien vermitteln, denen die Familie ab 1933 in Lilienthal ausgesetzt war. Dazu zählen auch Korrespondenzen, in denen die Familie Frank später eine Entschädigung für die Verfolgung und erzwungene Auswanderung fordert. Immer wieder legten ihnen die Behörden dabei Steine in den Weg.
Es gibt Magazine, in denen Fotografien von Julius Frank veröffentlicht wurden, Fotoalben und eine Urkunde, die zeigt, dass Frank 1959 die Auszeichnung "Master of Photographie" erhielt – eine Ehrung, die nur wenigen Fotografen zuteil wurde. Tragisch: Nur vier Wochen nach Ausstellung der Urkunde, durch die Franks Karriere noch einmal richtig an Fahrt hätte aufnehmen können, starb er mit nur 52 Jahren an einem Herzinfarkt. Mit ihm endet die Fotografie-Geschichte der Familie Frank. Seine Kinder wählten andere Berufe.