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Gastkommentar "Kulturcoaches" für die Bildungsarbeit fern der Innenstadt

Freier Eintritt in Bremens Museen sei begrüßenswert, aber nicht finanzierbar. Aber über einen Vorstoß in diese Richtung in einem anderen Rahmen sollte man nachdenken, meint Gastautor Arie Hartog.
01.01.2022, 17:04 Uhr
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Von Arie Hartog

Die Idee, mit 400.000 Euro an einzelnen Tagen freien Eintritt in die Bremer Museen zu ermöglichen, um kulturelle Teilhabe zu schaffen, ist sympathisch, aber unausgegoren. Wie machen wir daraus gemeinsam eine nachhaltige Innovation?

Die Grundidee des Museums ist, dass jeder Mensch, egal welcher Herkunft, sich in der Auseinandersetzung mit Objekten bildet. Aus der Frage „was bedeutet es hier und jetzt (für mich) und was damals dort (für andere)“ entstehen Synapsen und Gesprächsstoff. Ein kleiner Teil der Bremer übt diese Technik. Die Mehrheit nicht. Das ist schade, weil damit vorhandenes Potenzial nicht genutzt wird.

Freier Eintritt für alle, immer, wäre ein Ansatz, ist aber (noch) unmöglich, weil viele Kosten über Einnahmen finanziert werden müssen. Wenn die Politik Museen als wichtige Ressource entdeckt, könnte sich das ändern. Mindestens so wichtig wäre, dass alle Bürger den Wert der Museen und den Beitrag verstehen, den diese Institute zur Bildung leisten können. Die sogenannte Hochkultur wird die Welt nicht retten, aber sie stärkt Menschen, indem sie beiläufig zur individuellen Positionsbestimmung anregt. Das reiche Kulturangebot in Bremen bietet viele Chancen dazu.

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Chancenungleichheit ist ein zentrales Problem Bremens und fängt bei Kindern und Jugendlichen an. Der Museumsbesuch sollte ein selbstverständlicher Teil von Bildung und Alltag sein. Das wäre ganz einfach: In den Museen ist der Eintritt für Besucher unter 18 frei. Wir haben das 2012 im Gerhard-Marcks-Haus eingeführt, weil ich aus den Niederlanden weiß, dass so langfristig kulturelle Teilhabe ermöglicht wird. Die Sparkasse Bremen hat die Idee aufgegriffen und unterstützt andere Museen.

Aber: Nur die Quartiere um das Zentrum profitieren. Unsere Erfahrung ist, dass dieser Effekt, der letztlich Diskriminierung festigt, durchbrochen wird, indem wir entweder in den Stadtteil gehen oder den Klassen die Reise ins Museum ermöglichen. Darum zwei Vorschläge, um 400.000 Euro sinnvoll auszugeben. Erstens: Einsatz professioneller „Kulturcoaches“, die fern von der Innenstadt dabei unterstützen, Kultur und Menschen auf der Basis der vorhandenen Angebote und Interessen zusammenzubringen. Sie entwickeln und stärken lokale Bildungslandschaften und vernetzen sie durch die ganze Stadt. Zweitens: Ein Bus, der von diesen Coaches gebucht werden kann, wenn man zu den Kulturangeboten ins Zentrum will. Kurzfristig werden die Museen nicht profitieren, langfristig aber die ganze Stadt.

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Unser Gastautor

arbeitet seit 25 Jahren im Gerhard-Marcks-Haus in Bremen. Der niederländische Kunsthistoriker ist seit 2009 ist Direktor des Museums.

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