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Jazzahead Bremen Sybille Kornitschky: "Tatsächlich ist das ein großes Wagnis"

Die Jazzahead steht vor finanziellen Herausforderungen. Projektleiterin Sybille Kornitschky spricht über die Suche nach neuen Geldquellen und die Zukunft des Festivals.
12.03.2024, 15:00 Uhr
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Sybille Kornitschky:
Von Iris Hetscher

Frau Kornitschky, es gibt das Gerücht, dass das Jazzahead-Festival auf wackligen Füßen steht. Was ist da dran?

Sybille Kornitschky: Die Jazzahead hat keinen Haushaltstitel, anders als andere Bremer Kulturinstitutionen oder -festivals. Das heißt: Wir finanzieren uns über drei Säulen. Einen großen Teil machen private Gelder aus, aus Bremer Stiftungen oder von Sponsoren wie der Sparkasse Bremen. Hinzu kommen die Erlöse aus Ticket-Verkäufen und eben noch Gelder aus städtischen Töpfen. 

Aus welchen?

Das sind zum Teil Gelder, die die Wirtschaftsförderung für Kultur-Veranstaltungsförderung zur Verfügung stellt. Das sind aber auch Mittel aus dem Kulturhaushalt, um die wir uns bemühen. Und genau über diese dritte Säule gibt es aufgrund der schwierigen Haushaltssituation keine Klarheit, also ob und in welcher Höhe da Mittel fließen werden. 

Was heißt das für das Festival?

Wir werben intensiv um weitere Fördermittel und Gelder, insbesondere aus dem privaten Bereich. Deshalb haben wir einen Förderverein gegründet. So können wir auch Spenden annehmen und grundsätzlich das Festival für die Zukunft sichern. Wir planen für Stifter und Förderer sogar ein exklusives Konzertereignis am 14. April im Himmelssaal des Radisson Blu-Hotel mit dem Superstar-Bassisten Alune Wade aus dem Senegal und seiner Band.

Das heißt, Sie setzen gar nicht mehr auf städtische Fördermittel?

Doch. Aber angekündigt ist, dass ein Haushalt erst im Mai oder Juni verabschiedet sein wird. Dann ist die Jazzahead 2024 vorbei. 

Sind dadurch Teile des Programms infrage gestellt? 

Nein. Die Künstler sind bereits gebucht. Tatsächlich ist das ein großes Wagnis, aber unser Symbol ist der Pfeil, und wir schauen positiv nach vorne. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig. 

Wer hat den Förderverein mitgegründet?

Mit dabei sind unsere ehemaligen künstlerischen Leiter Peter Schulze und Uli Beckerhoff als erster beziehungsweise zweiter Vorsitzender. Außerdem sind Persönlichkeiten dabei, die die Bremer Stadtgesellschaft prägen, wie unter anderem der Präses der Handelskammer, Eduard Dubbers-Albrecht, Stefan Brockmann von der City-Initiative, Antje Boetius, die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, oder der ehemalige Bürgermeister Jens Böhrnsen. 

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Wie stellt sich die Messe denn dieses Jahr auf? Auf die Verleihung des Deutschen Jazzpreises müssen Sie dieses Mal verzichten. 

Der Jazzpreis wird in Köln verliehen, aber bei uns wird die Auszeichnung für das Lebenswerk bei der Eröffnungsfeier stattfinden. Damit hat der Deutsche Jazzpreis einen festen Anker bei uns, und ab 2026 soll er dann, wenn es nach Wunsch der Initiative Musik geht, alle zwei Jahre in Bremen vergeben werden. Bezüglich der Messe sehe ich wieder eine positive Entwicklung, auch, wenn ich noch nicht sagen kann, ob wir bezüglich der Anmeldezahlen wieder an das Vor-Corona-Niveau anknüpfen können. Einiges verändert sich gerade im Musikmarkt; Aussteller überlegen, ob sie noch mit großen Ständen anreisen oder doch nur als Fachteilnehmer. Da müssen wir intensiv hinschauen, wie wir auch die Messe zukunftsfähig gestaltet bekommen, damit das ein Ort bleibt, wo Aussteller sich tatsächlich zeigen möchten. Außerdem gibt es seit Corona eine stärkere Tendenz zu kooperieren, das müssen wir aufgreifen. 

Was heißt das?

Es gibt beispielsweise Labels, die immer für sich allein gewerkelt haben, und nun nach Partnerschaften suchen, also Joint Ventures. Auch Veranstalter arbeiten stärker zusammen, um gemeinsam Tourneen zu organisieren. Dadurch gibt es für die Künstler mehr Auftrittsmöglichkeiten, und man arbeitet nachhaltiger. 

Partnerland sind in diesem Jahr die Niederlande. Wie würden Sie die niederländischen Jazzer beschreiben?

Die Szene ist absolut divers aufgestellt. In den Niederlanden sind sehr viele internationale Künstler ansässig, aus Surinam, aus Kuba, aus Südafrika. Die musikalischen Einflüsse kommen von überall her, die Niederlande sind sozusagen das New York Europas. 

Neu ist ein weiterer Schwerpunkt - Sie werfen einen Blick auf Afrika. Warum?

Bisher hat sich eine originär afro-amerikanische Musik, die der Jazz ja ist, nicht so abgebildet, wie der neue künstlerische Leiter Götz Bühler und ich uns das vorgestellt haben. Und unser Motto ist ja auch "New Horizons", also neue Horizonte, da wollen wir auch aufräumen mit Klischees. Denkt man an Afrika, denkt man eher an World Music. Der Beitrag, den dieser Kontinent zum Jazz beisteuert, ist wie ein verschlossener Tresor. Von daher war es uns wichtig, diese Szene auch ins Zentrum zu stellen.

Trotzdem ist das ja nicht einfach, zwei Schwerpunkte zu beackern bei einem Festival, das vergleichsweise kurz ist.

Das Schwerpunktthema Afrika wird uns auch die nächsten beiden Jahre beschäftigen, das ist der Unterschied zum Partnerland. Wir nehmen uns mehr Zeit, draufzuschauen. Und danach kommt der nächste Kontinent beziehungsweise die nächste Überseeregion an die Reihe.

Bei der Clubnight, der populärsten Veranstaltung der Jazzahead, gibt es dieses Jahr noch einmal mehr Spielstätten, und sie verteilen sich mittlerweile über das gesamte Stadtgebiet. Warum haben Sie sich von der bisherigen Kompaktheit verabschiedet?

Es ist dezentraler, das stimmt, aber es handelt sich trotzdem um Zentren. Wer im Norden oder im Westen unterwegs ist, findet jetzt ein größeres Angebot als vorher, das zeitlich aufeinander abgestimmt ist. Das liegt auch daran, dass sich weitere Spielorte angeboten haben, was uns freut. Das ist auch eine Möglichkeit für die Bremer, Orte als Jazz-Clubs zu entdecken, die man vorher so noch nicht kannte: eine Kirche, ein Schiff, eine Brauerei oder ein Theater beispielsweise. Und mit dem Clubnight-Ticket, dass ja gleichzeitig VBN-Fahrkarte ist, muss man sich auch keine Gedanken darüber machen, wie man irgendwo hin- oder wieder wegkommt. 

Das Gespräch führte Iris Hetscher. 

Info

Der Vorverkauf für die Jazzhead-Clubnight ist gestartet. Unter dem Motto "1 Ticket, 35 Locations, 70 Konzerte", findet sie am Freitag, 12. April, ab 17 Uhr und bis tief in die Nacht statt. Das Ticket kostet 35 Euro (ermäßigt: 20 Euro) und ist erhältlich über Nordwest-Ticket (www.nordwest-ticket.de), bei den teilnehmenden Spielstätten oder über den Jazzahead-Webshop unter www.jazzahead.de

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Zur Person

Sybille Kornitschky

ist seit der Gründung der Jazzahead 2006 Projektleiterin und angestellt bei der Messe Bremen. Die Bremerin hat unter anderem in Frankreich studiert und in Köln bei einem Buchverlag als Lektorin gearbeitet.

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