Rosa Jaislis Skulptur mit dem Titel "Ciudadela" (spanisch für Zitadelle) ist seit Mai 2020 im Besitz der Städtischen Galerie und lagert im sogenannten "Corona-Regal". Das 2004 entstandene Werk aus Alabaster spielt mit den Vorstellungen von Architektur und Archäologie, von Gebäude und Stadt.
Was zeigt die Skulptur?
Der Titel "Ciudadela" verweist laut Ingmar Lähnemann von der Städtischen Galerie auf eine der beiden großen Städte auf der spanischen Mittelmeerinsel Menorca, aber auch konkret auf das, was das Wort im Deutschen bedeutet: Zitadelle. Ciudadela habe einen sehr auffällig gestalteten Hafenbereich, was sinnbildlich für die Balearen stehe. Und so zeigt die aus Alabaster gestaltete Skulptur (Höhe: zehn Zentimeter, Breite: 40 Zentimeter, Tiefe: 38 Zentimeter) quasi einen Ausschnitt. Man schaut aus der Vogelperspektive auf die Zitadelle, direkt hinein in die Räumlichkeiten, denn die Dächer fehlen. Es gemahnt an ein in die Jahre gekommenes Architekturmodell oder an eine antike Ausgrabungsstätte. "Es gibt in den Arbeiten von Rosa Jaisli immer ein Element, das bearbeitet wirkt, aber auch etwas Unbearbeitetes", sagt Lähnemann. Das liegt auch an dem Material: Alabaster, ein Stein, der wie transparent wirkt, der "das Licht in sich birgt", so Lähnemann.
Wer ist Rosa Jaisli?
Rosa Jaisli wurde 1955 in Temuco (Chile) geboren und hat zunächst eine Ausbildung zur Ökonomin gemacht, bevor sie sich der Bildhauerei zuwandte. Seit 1990 ist sie als freie Künstlerin tätig. Rosa Jaisli lebt und arbeitet schon lange in Bremen und gehört laut Ingmar Lähnemann zu einer Riege Bremer Bildhauer und Bildhauerinnen, die figurativ und sehr stark an ihrem Material orientiert arbeiten, in der Tradition von HfK-Professoren wie Waldemar Otto oder Bernd Altenstein. Gleichzeitig habe Rosa Jaisli immer schon eine Sonderposition besetzt, weil sie viel mit Alabaster arbeitet.
Ist diese Zitadelle wirklich nur eine Zitadelle?
Es ist der Moment des Umbruchs, der bei der Skulptur die Spannung und damit das Spannende ausmache, findet Lähnemann. Man erkennt das Werk als Ruine oder Zitadelle, weiß aber nicht, ob es Außen- oder Innenräume sind. Gleichzeitig beansprucht das Material Alabaster viel Aufmerksamkeit; Rosa Jaisli zeigt seine Zerrissenheit, aber auch seine Glätte. Die Skulptur wirkt wie nicht fertig gehauen, es soll die Assoziation einer Zitadelle sein, nicht das genaue Abbild. Ob es sich um den Grundriss eines Hauses handelt oder den Grundriss einer Stadt, bleibt unklar – und der Titel umfasst ja auch beide Möglichkeiten. Der Betrachter denkt zu Ende, was der Künstler andeutet. Jaisli selbst nennt das "archaische Architektur".
Wann war das Werk zuletzt zu sehen?
Bei der "Was bleibt"-Ausstellung in der Städtischen Galerie 2021 war "Ciudadela", das erst 2020 in die Sammlung gekommen ist, dabei. Angekauft wurde das Werk mit Mitteln der Künstlersoforthilfe, mit der zur Zeit der Corona-Pandemie bildende Künstler unterstützt wurden, weil diese nicht ausstellen und damit Werke verkaufen konnten. 43 Werke sind so in den Bestand der Städtischen Galerie gelangt, die in der Ausstellung präsentiert wurden. Das Gerhard-Marcks-Haus widmete der Künstlerin von Dezember 2019 bis März 2020 eine Ausstellung: "Rosa Jaisli - Skulpturen 1992-2019". Die nächste Ausstellung ist in der Lambertikirche in Oldenburg zu sehen: "Zum Totentanz" wird am Aschermittwoch, 5. März 2025, eröffnet und wird bis zum 15. April 2025 zu sehen sein.