Markus Genesius hat viel zu berichten. Und damit er keines seiner aktuellen Projekte vergisst, hat er extra einen kleinen Spickzettel mit zum Treffen gebracht. So viel vorweg: Es steht einiges drauf. Denn der Bremer Urban-Art- und Graffiti-Künstler steckt gerade mittendrin in zahlreichen Projekten.
Genesius, von dem in Bremen diverse Wandbilder zu sehen sind, ist mit seiner Kunst schon lange den Schritt ins Museum, in Richtung freie bildende Kunst gegangen. Er sprüht nicht mehr nur an Hauswände – legal und nach Auftrag versteht sich, sondern auch auf Leinwände. 2000 hatte er seine erste Ausstellung in Bremen, viele weitere folgten. Im Laufe der Jahre hat Genesius in rund 45 Ländern gearbeitet oder ausgestellt, mehrere Sammler haben seine Arbeiten in ihren Kollektionen, seit über zehn Jahren kann er von seiner Kunst leben.
Testbild als zentrales Element
Noch etwas länger liegt es zurück, dass er für sich das eine zentrale Element gefunden hat, das seitdem seine Bilder bestimmt: das Fernsehtestbild. Er setzt es immer wieder in neuen Varianten um, mal deutlich an frühere Graffiti angelehnt, mal klar strukturiert, mal stark verfremdet. "Der Farbcode, der Kreis, die Striche – für mich vereint es einfach die stärksten Elemente in sich", sagte Genesius vor einigen Jahren. Und fügt heute hinzu: "Ich bin damit noch lange nicht durch". Seit drei Jahren hängt seine bisher größte und nach eigenen Angaben auch eine seiner "stärksten Leinwandarbeiten", ein Triptychon zum Thema Demokratie und Gewaltenteilung – aber natürlich mit Testbild-Elementen – in der Bremischen Bürgerschaft.
Ausruhen will sich der 50-Jährige, der als Graffiti-Künstler auch unter dem Namen "Wow123" bekannt ist, auf seinen bisherigen Erfolgen allerdings nicht. Unter anderem ist noch bis zum 18. August eine Arbeit von ihm im Garten des Syker Vorwerks zu sehen. Sie trägt den Titel "Built and Destroyed", also gebaut und zerstört. Der Name ist Programm: Genesius hat sein Werk immer wieder selbst übermalt, spiegelt damit die Realität wider, der Graffiti-Kunst im öffentlichen Raum stets ausgesetzt ist. Einige rechteckige Flächen hat er schwarz eingefärbt. Bis zum Ende der Ausstellung soll das gesamte Werk mit schwarzer Farbe bedeckt sein. Über einen QR-Code können Besucher die einzelnen Stadien der Arbeit verfolgen.
Erst vor Kurzem hat Genesius im Rahmen eines Streetart-Festivals eine Fassade an der deutsch-französischen Grenze gestaltet, bereits im Juni hat ihn eine Galerie aus Neuseeland mit acht Werken bei der Kunstmesse "Affordable Art Fair" in Sydney vertreten, im August findet die Messe mit weiteren acht Arbeiten des Bremers in Melbourne statt. "Irgendwann ist dann auch noch eine Einzelausstellung meiner Arbeiten in Neuseeland geplant", erzählt Genesius. Da werde er dann auch mal wieder selbst vor Ort sein.
Reisen nach Kroatien und Miami
Zwar ist er immer noch viel mit seiner Kunst unterwegs, mit mittlerweile drei Kindern reist er aber nicht mehr so oft wie früher. Dennoch stehen noch ein paar Reisen für 2024 auf dem Plan: Im September nimmt er an einem Festival in Kroatien teil, und im Dezember fliegt er nach Miami. Zum einen, weil dort die Art Basel stattfindet, zum anderen, weil er eine Wand des "Museum of Graffiti" bemalen soll, das auch eine Arbeit von ihm zeigt. Vielleicht, verrät Genesius, wird von der Reise ein kleiner Film entstehen.
Neben alledem hat der Künstler noch zwei Bücher in Arbeit. Ein Bildband, in dem er 50 Künstler, die einen ähnlichen Background haben wie er, versammeln und vorstellen will, soll spätestens Anfang 2025 erscheinen. Und nachdem Genesius bereits 2020 eine Monografie zu seinem Schaffen veröffentlicht hat, will er nun nachlegen: mit einem Band, der seine Kunst von den Anfängen bis heute abbildet und dabei den Schwerpunkt auf seine Graffiti-Zeit legt – mit Auszügen aus alten Briefen, Fotos und vielem mehr. "Es ist spannend, was ich beim Wühlen in alten Kisten alles so gefunden habe", sagt er. Die Veröffentlichung ist für Ende 2025 geplant.
"Ich bin mir dem Privileg, dass ich all das machen kann, bewusst", fasst Genesius abschließend zusammen und kündigt gleichzeitig an, dass er neben seiner Testbild-Kunst auch schon länger an einem komplett neuen Konzept arbeitet. Er murmelt etwas von "bisschen Skulptur" und "vielleicht Zeichnung", hält sich dann aber bedeckt. "Es wird auf jeden Fall abgefahren", sagt er. Aber das, ist eine andere Geschichte.