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Musikfest Bremen Zwischen Raserei und Sanftheit

Daniil Trifonov gehört zur Weltspitze der Pianisten - und war am Dienstag zu Gast in Bremen. Beim Musikfest spielte er Stücke von Bach und Brahms und zeigte sein Können.
01.09.2021, 17:24 Uhr
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Zwischen Raserei und Sanftheit
Von Jean-Pierre Fellmer

Stand beim ersten Auftritt Daniil Trifonovs im Großen Saal der Glocke noch Bachs "Kunst der Fuge" auf dem Programm, sind es beim zweiten Konzert mit dem Titel "Bach und Brahms" viele Stücke aus dem "Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach (1725)". Auf den ersten Blick ein Gegensatz: Die Fugen gelten als Meisterwerke der Kompositionskunst, hochkomplex, die Spitze der Polyfonie. Das Notenbüchlein hingegen schrieb Bach für seine zweite Ehefrau zum Hausgebrauch und zur musikalischen Erziehung der Kinder. Trifonov löst diesen Gegensatz auf.

Spielt der 30-jährige russische Pianist die Musette in D-Dur wie aus dem Lehrbuch, unaufgeregt und gerade vorwärts, gewinnt er den folgenden Stücken ganz unterschiedliche Stimmungen ab. Fast nahtlos setzt er zur Aria "Gedenke doch, mein Geist, zurücke" an, nimmt sich nach dem energetischen Auftakt augenblicklich zurück. Das erste Menuett in a-Moll, das erste des Abends, wirkt aus seinen Fingern wiederum zerbrechlich. Der Tanz durch die Empfindungen geht weiter: Die Polonaise in F-Dur trägt Trifonov in flottem Tempo vor, was auch die schnellen Verzierungen wie etwa die spätbarocken Mordente, schnelle Wechsel zur tieferliegenden Note, zur Geltung bringt und die außergewöhnliche Fingerfertigkeit des Pianisten demonstriert. Beim Choral "Gib dich zufrieden und sei stille" wirkt Trifonov andächtig, lehnt sich auf seinem Klavierhocker zurück, dehnt und staucht mit seinem Spiel die Zeit.

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Technisch anspruchsvoller ist der zweite Programmpunkt des Konzerts, Brahms Klaviersonate Nr. 3 in f-Moll, Op. 5. Trifonov scheint ganz in seinem Element: Bei dem Werk mit den fünf Sätzen zeigt der Virtuose sein ganzes Können. Schon im ersten Satz stürzt er sich inbrünstig auf sein Instrument, wiederholt das dramatische punktierte Hauptmotiv immer energischer, sodass es fast schon gewalttätig wirkt. Der zweite Satz, Andante espressivo, ist dagegen insgesamt ruhiger. Einer der bewegendsten Momente des Abends ist, als Trifonov im Adagio-Teil des Satzes immer leiser und langsamer wird und die Musik kurz stirbt, bevor er sie mit direkt im Anschluss mit vollen Akkorden in beiden Händen wiederbelebt.

Das Publikum ist begeistert: Er spielt nicht nur eine, sondern gleich zwei Zugaben – einen Satz aus Christian Bachs Sonate Nr. 5 in A-Dur und das Rondo in c-Moll des Bachsohns Carl Philipp Emanuel. Auch dabei zeigt Trifonov Virtuosität, indem er etwa mit Leichtigkeit über die Tasten streicht – nach der bombastischen Brahms-Sonate ein versöhnlicher Abschluss.

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