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Theater Bremen Premiere: Australischer Tenor Aldo Di Toro als Otello in Verdis Oper

Aldo Di Toro, einst lyrischer Tenor, singt die Titelrolle in Verdis "Otello" am Theater Bremen. Er erläutert seinen Fachwechsel und die Herausforderungen, die die komplexe Figur mit sich bringt.
28.03.2025, 05:00 Uhr
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Von Sebastian Loskant

Herr di Toro, der Feldherr Otello ist ein gebrochener Charakter und schwerer darstellbar als der Bösewicht Jago, der – weil er nicht befördert wurde – Otello so eifersüchtig macht, dass dieser seine Frau Desdemona ermordet. Ist es schwierig, die Hauptrolle zu verkörpern?

Aldo di Toro: Gerade die Vielschichtigkeit macht Otello interessant: Warum kann er niemandem vertrauen, nicht mal seiner Frau? Der neidische Jago wirkt quirliger, klarer, aber er verschwindet am Ende irgendwie. Otello, der seine Schuld erkennt, ist in Wahrheit der stärkere Charakter. Und ich liebe Franco Zeffirellis Verfilmung von 1986, wo Otello vor seinem Selbstmord erst noch Jago mit dem Speer durchbohrt. Dieser Schluss würde mir gefallen, aber ich weiß noch nicht, was Regisseur Frank Hilbrich in Bremen plant. Auch Desdemonas Tod habe ich in vielen Varianten erlebt: In Bern wurde sie im Bad ertränkt, in Magdeburg wie im Fall Oscar Pistorius durch die verschlossene Tür erschossen.

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Otello wird schon in der Vorlage, in Shakespeares Tragödie "Othello", als Außenseiter charakterisiert, weil er ein Schwarzer ist. Weiße Darsteller schwarz zu schminken, das "Blackfacing", ist im Theater heute verpönt. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Ich habe das Blackfacing nie erlebt. Man kann soziale Ausgrenzung auch anders darstellen, kann zum Beispiel andeuten, dass Otello aus einer Straßengang stammt. In Magdeburg hatte ich als Otello ein deformiertes Gesicht mit einer großen Narbe, vor dem alle zurückschreckten. Frank Hilbrich wird Otellos Zweifel aus dessen Unsicherheit entwickeln, das ist wichtiger als die schwarze Haut. Ihm gegenüber ist Desdemona, auch wenn er sie umbringt, eine wirklich starke Frau.

"Otello" ist eine heldische Rolle, im italienischen Gesangsfach eine Ausnahmeerscheinung. Und dann liest man in ihrer Biografie überrascht, dass sie als lyrischer Tenor angefangen und viele Belcanto-Partien gesungen haben, Bellini, Donizetti, auch zahlreiche Rollen im französischen Fach wie den Werther. Wie kam es zu dem Fachwechsel?

In den zehn Jahren, die ich jetzt in Deutschland singe, hat sich meine Stimme tatsächlich weiterentwickelt. Ich habe in meinen Anfängerjahren viel Mozart, Lied und Chanson, auch Barockoper wie Händels "Alcina" gesungen. Und dann eben die Belcanto-Partien in Bellinis "Sonnambula" oder Donizettis "Lucia di Lammermoor". Dabei spürte ich, dass meine Stimme einen dramatischen Kern hat. Viele denken ja: Belcanto, das ist Leichtigkeit pur. Doch in den Finali steckt oft eine enorme, eine mörderische Dramatik: Das kam mir entgegen.

In Deutschland haben Sie viel Verdi und Puccini gesungen ...

Ja, das begann 2015 in Braunschweig mit dem Riccardo in Verdis "Maskenball". Inzwischen sind es allein zehn Verdi-Partien, darunter auch selten aufgeführte Werke wie "Giovanna d’Arco" oder die französische Fassung der "sizilianischen Vesper". In Bremen singe ich nach Bern, Magdeburg und Ulm bereits meinen vierten Otello. Diese Figur vereint alle Tenorpartien Verdis in sich, sie hat auch lyrische Momente und braucht ein hohes C. Der Fachwechsel vom jungen lyrischen Tenor zu robusten dramatischen Rollen jetzt in meinen 50ern hat sich bei mir sehr natürlich vollzogen, ich bin da hineingewachsen. Zum Glück. Denn ich habe zwar versucht, mir die Belcanto-Partien so lange wie möglich zu erhalten, aber man ist eben nicht mehr 30 Jahre alt und auch optisch nicht auf ewig Bellinis Romeo oder der Alfredo in "La Traviata".

Welches sind die größten gesanglichen Herausforderungen in Ihrer Rolle?

Im zweiten Akt, das berühmte "Ora per sempre", wenn Otello befürchtet, dass sein Ruhm vorbei ist. Ein anderer Moment ist die düstere sehr shakespearenahe Arie im dritten Akt, wenn Otello in Selbstmitleid versinkt. Das ist wundervolles Theater, das ist das perfekte Drama.

Das Gespräch führte Sebastian Loskant.

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Info

Die Premiere von Giuseppe Verdis Oper "Otello" im Theater Bremen ist am Sonntag, 13. April, um 18 Uhr.

Zur Person

Aldo Di Toro

stammt aus Perth in Australien. Nach dem Studium sang er an den großen Opernhäusern seiner Heimat. Dank zweier Stipendien kam er nach Europa, nach Bologna und Graz. Sein Deutschland-Debüt hatte er 2015 in Braunschweig und wechselte mit Verdi- und Puccini-Rollen ins schwerere Tenorfach. Er lebt im Bauernhaus seines Großvaters nahe Rom, wo er seinen eigenen Wein und Olivenöl anbaut.

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