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Premiere: "99 Schritte zum Meer" Schuld sind immer die anderen

Pünktlich zum globalen Klimastreik feierte am Freitag in der Shakespeare Company das Stück "99 Schritte zum Meer" Premiere, das die Fehler des Menschen im Umgang mit dem drohenden Klimawandel aufgreift.
25.09.2021, 13:40 Uhr
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Schuld sind immer die anderen
Von Alexandra Knief

Das Thema Klima fängt in der Shakespeare Company schon vor dem Stück an: Verteilt werden Bleistifte mit Link zu weiteren Infos statt gedruckter Programmhefte - hier wird Papier gespart. Auch das Bühnenbild bleibt minimalistisch und ist vielleicht gerade deshalb besonders eindrucksvoll. Es besteht aus nichts als Sand und einem weißen, im Halbkreis als Hintergrund installierten Vorhang. Im Laufe des Abends soll dieser noch Strandlandschaft werden, Schattenwand, Polareis, Meerestiefe, Petrischale, Photovoltaikanlage.

„99 Schritte zum Meer“ heißt das neue Stück der Shakespeare Company, das am Freitag Premiere feierte. 99 Schritte, die - so viel sei verraten - im Laufe des Abends weniger werden. Das Meer kommt näher und mit ihm die Klimakatastrophe. Im Zentrum des Geschehens: Ein Insel-Hotel am Strand zwischen den frühen 1980er-Jahren und dem Heute (inklusive Blick in die Zukunft) sowie drei Generationen einer Familie, für die dieses Hotel Lebenstraum, Bürde, Erbe, Schande bedeutet - je nachdem, wen man fragt.

Geplatzte Träume und Schuldzuweisungen

Sonja und Hubertus (Peter Lüchinger) haben hier einst für die Familie etwas aufgebaut, das Zukunft und Sicherheit bedeuten sollte. Für ihre Tochter Gesa (Petra-Janina Schultz) ist es nach dem Tod ihrer Eltern aber vor allem eine Verpflichtung, die bedeutet, dass sie ihre eigenen Träume begraben muss, um den Traum ihrer Eltern am Leben zu erhalten. Ihr Zwillingsbruder Janne (Markus Seuss), Idealist und Weltverbesserer, will von Anfang an nichts mit dem Hotel zu tun haben.

Dabei fehlt es ihm an einem eigenen Traum. Und Gesas spätere Tochter Saskia (Sofie Alice Miller)? Die setzt auf erneuerbare Energien und Klimaschutz. Und sie hasst ihren Vater (Michael Meyer) dafür, dass er einst als Baggerfahrer Braunkohle abgebaut hat. Warum sollte sie dabei helfen, die kleine Welt ihrer Familie zu beschützen, wenn es dort draußen einen ganzen Planeten zu retten gibt? Und wenn man dafür nach Asien reisen muss, dann ist das eben so, ein bisschen Schwund ist immer. 

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Autorin Simone Sterr und Regisseur Ralf Siebelt halten dem Zuschauer den Spiegel vor. Machen noch einmal klar, dass Forscher seit über 40 Jahren vor den Folgen des Klimawandels warnen. Dass die Menschheit zwar gut darin ist, darüber zu sprechen, wie man die Entwicklungen stoppen kann, es am Handeln jedoch oft hapert. Wunderbar verdeutlicht wird dies in einer Szene, in der die Zielvereinbarungen der UN-Klimakonferenz von 2009 in nicht enden wollenden Kettensätzen heruntergebetet werden. Fast bis alle Beteiligten völlig erschöpft sind und zeitgleich fast ertrunken wären. 

Dinos an die Macht 

Es ist ein Stück, das am Beispiel einer Familie zeigt, dass alle es besser machen wollen als die Generation vor ihnen. Dass Wollen aber nicht immer auch Können bedeutet. Und dass es immer am einfachsten ist, anderen die Schuld für alles zu geben. 

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Nach der jungen Generation von heute, und auch nach der Menschheit insgesamt, werden andere kommen, die es besser machen wollen. Vielleicht werden es Dinosaurier sein, deren Erbgut bereits in einer Petrischale darauf wartet, eine zweite Chance zu bekommen und wieder Krone der Schöpfung zu werden. So zumindest lautet eine - durchaus amüsante - Prognose der Shakespeare Company. Sollte es wirklich dazu kommen, bleibt zu hoffen, dass sie es besser machen als die heutige Generation.

Info

Weitere Termine für "99 Schritte zum Meer" sowie Tickets gibt es online unter www.shakespeare-company.com.

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