Eines ist auf jeden Fall klar: Getränke zu mixen, gehört nicht zu Gottes Kernkompetenzen. Da fliegen Eiswürfel, Limetten und Schnaps durch die Gegend, im Shaker und schließlich im Glas landet davon aber nur sehr wenig. Aber gut, Gott hat ja auch noch genügend andere Dinge zu tun. So auch auf der Bühne der Shakespeare Company, wo am Donnerstag das Stück "Kommt ein Clown in ein Hotel" seine Premiere feierte.
Worum geht es?
Das verrät eigentlich schon der Titel. Wobei es genau genommen zwei Clowns sind, die in einem Flughafen-Hotel in Moskau stranden, weil sie ihren Anschlussflug nach Bremen verpasst haben. Dazu, dass das Stück, an dem das Ensemble bereits seit Mai 2021 arbeitet, ausgerechnet in Russland spielt, nimmt die Shakespeare Company auf einem kleinen Zettel im Flyer Stellung: "Der Spielort ist ein transitorischer Ort zwischen Ankunft und Abflug, zwischen Ost und West, zwischen fremd und vertraut, also ein fiktiver Ort", heißt es da. "Dass nach dem Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar 2022 so eine Klarstellung notwendig ist, macht uns traurig, fassungslos und wütend."
An diesem fiktiven Ort also entwickelt sich eine Dreiecksbeziehung zwischen den beiden Clowns und einer imaginären dritten Person, die mal als Gott mit Namen Leonard, mal als innerer Clown eines der beiden Akteure auftritt. Bei beiden Clowns, die meist mehr mit sich selbst als miteinander reden, ist das Leben bisher nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt haben. Es gab Rückschläge, es gab Enttäuschungen. Die zwei tragikomischen Figuren blicken zurück, aber auch mit immer neuem Mut nach vorne. Und so ist "Kommt ein Clown in ein Hotel" vor allem auch eine Geschichte über das Scheitern. Und darüber, immer wieder aufzustehen und das Beste daraus zu machen.
Wer spielt?
Svea Auerbach und Markus Seuss verkörpern die beiden Clowns. Dabei treten sie mal in ihren Rollen, mal als die Menschen hinter den Clowns auf. Beiden gelingt ein beeindruckender Spagat zwischen Tragik und Komik; nie rutschen sie dabei zu sehr ins Melancholische oder Klamaukige ab. Auerbach war es, die unbedingt mal ein Clowns-Stück auf die Bühne der Shakespeare Company bringen wollte. Man sieht ihr an, wie viel Freude sie an ihrer Rolle hat. Der Clown steht ihr gut. Erik Rossbander spielt Gott mit einer unfassbaren Coolness und Gelassenheit und wird mit Ansagen wie: "Um Strom zu sparen, wird das Licht am Ende des Tunnels ausgeschaltet" schnell zum Publikumsliebling. Aber nicht nur das: Wenn Rossbander als Seuss' innerer Clown völlig außer Rand und Band gerät, Menschen im Zuschauerraum anpöbelt und beklaut, über Geländer klettert, den Feueralarm auslöst und ein Baustellenschild von draußen ins Theater trägt, während Seuss verzweifelt und peinlich berührt versucht, ihn zu stoppen, zählt das definitiv zu den Höhepunkten des Abends.
Gibt es weitere Höhepunkte?
Wenn Auerbach auf ihren Zähnen Klavier, beziehungsweise Akkordeon spielt (übrigens das älteste Instrument der Welt, denn es hat die meisten Falten), bis plötzlich eine Taste fehlt, vergeht die Zeit wie im Flug. Wenn Rossbander als unfähiger Barkeeper/Gott zu "He's Got the Whole World in His Hands" (Die ganze Welt liegt in seinen Händen), alles fallenlässt, was er zu fassen kriegt, dann macht es durchaus Spaß, ihm zuzusehen. Und auch bei mimisch völlig überspitzten Playback-Einlagen zu Songs wie "Dream a Little Dream of Me", (Rossbander als Ella Fitzgerald und Auerbach als Louis Armstrong) ist es kaum möglich, nicht zu schmunzeln. All das fügt sich zu 80 sehr kurzweiligen Theaterminuten zusammen.
Was ist mit der Bühne?
Das Bühnenbild von Heike Neugebauer ist einfach, aber effektiv: Sechs Hocker, zwei lange Bretter und ein Schminktisch sind mal Hotelbar, mal Zimmer, mal Fitnessraum. Aus den Umbauarbeiten macht das Ensemble eigene kleine Akrobatiknummern, die unweigerlich an alte Filme à la Oliver Hardy und Stan Laurel erinnern. Über allem prangt in farbigen Neonbuchstaben das Wort "Hotel".
Und das Fazit?
Das Stück lebt vor allem durch Mimik und Gestik; durch das grandiose Spiel der drei Darsteller. Trainiert wurden diese vorab übrigens von einem echten Clown, Matthias Romir. Die Geschichte, die Regisseurin Judith Kuckart zusammen mit dem Ensemble erarbeitet hat, fungiert vor allem als lockerer roter Faden, mit kleinen Schlaufen und Knötchen hier und da. Einen geraden, schnörkellosen Weg? Den gibt es auf der Bühne ebenso wenig, wie im echten Leben. Und das, seien wir mal ehrlich, ist doch eigentlich auch gut so.