"Wir lieben besondere Programme, nicht den Mainstream", betont Cellistin Tanja Tetzlaff. Und Geiger Florian Donderer fügt hinzu: "Wir sind keine normalen Veranstalter, die nur Namen einladen, die volle Säle garantieren. Wir möchten etwas bieten, das man sonst nicht hören kann." Das Bremer Musiker-Ehepaar, das lange Zeit in der deutschen Kammerphilharmonie aktiv war, organisiert seit 2009 die Reihe "residence@sendesaal". Der alte Sendesaal von Radio Bremen war damals knapp vor dem Abriss bewahrt worden. Die fünf bis sechs Abende pro Saison werden von der Heinz-Peter-und-Annelotte-Koch-Stiftung unterstützt.
Am 1. März geht es wieder los mit einem Liederabend der besonderen Art. Die Sopranistin Sarah Maria Sun präsentiert mit Klarinettist Kilian Herold und Pianist Jan Philip Schulze ein Programm "Tell me the truth about love" (Erzähl' mir die Wahrheit über die Liebe), das von Franz Schuberts "Der Hirt auf dem Felsen" bis zu Benjamin Brittens spaßigen "Cabaret Songs" reicht. "Sarah Maria Sun sprengt Grenzen", bemerkt Tanja Tetzlaff. "Sie beherrscht wirklich alle Stile perfekt, bis in den Popbereich." Florian Donderer fühlt sich an die legendäre Cathy Berberian erinnert – dass die Sängerin auf dem Ankündigungsfoto mit einem Chamäleon posiere, sei kein Zufall.
Dass viele Künstler gern im Sendesaal auftreten, liegt auch an der Möglichkeit, von jedem Konzert eine CD zu produziere. "Man hat den Raum drei Tage für sich, da schaut niemand auf die Uhr", erläutert Donderer. "Und man kann auch den Live-Auftritt noch in die Aufnahmen einfließen lassen, das ist ziemlich einmalig." 43 CDs seien auf diese Weise bereits entstanden.
Tanja Tetzlaff rühmt die "unfassbar konzentrierte Atmosphäre" im Sendesaal. Da sei auch ein Konzert möglich wie der Soloabend von Elisabeth Kufferath am 6. April. Unter dem Titel "Versprechen" spielt die Geigerin und Bratschistin Werke von Bach bis Bernd Alois Zimmermann – "Kammermusik der zerbrechlichen Emotionen", wie Tetzlaff sagt, "also Angst, Wut und Trauer, aber auch Schönheit und Hoffnung." Das sei vielleicht nicht massentauglich, aber sie vertraue darauf, dass manche Besucher sich sagen: "Was hier läuft, ist gut, jetzt hören wir uns auch das an."
Kollegen aus Bremer Orchestern
Das letzte Konzert der Saison – am 4. Juni, mit Franz Schuberts einstündigem Oktett als Hauptwerk – ist wieder publikumswirksamer. Hier treten Donderer und Tetzlaff selbst auf und versammeln sechs weitere Musiker aus Bremen um sich: freischaffende Kollegen ebenso wie Mitglieder der Philharmoniker und der Kammerphilharmonie. "Die von manchen behauptete Konkurrenz zwischen diesen so unterschiedlich profilierten Orchestern spüren wir überhaupt nicht", bemerkt das Kuratoren-Duo.
Und denkt schon weiter: So plant Tanja Tetzlaff, die im Hauptausschuss des ARD-Wettbewerbs sitzt, einige Preisträger für ein Konzert in den Sendesaal einzuladen. Denn ein Sieg sei heute keine Garantie mehr für eine steile Karriere, bemerkt die Cellistin. Weshalb sie auch ihre Schüler immer wieder ermutige: Sucht euch eine Nische.
Dazu wird sie künftig in Bremen vermehrt Gelegenheit haben: Am 1. April tritt sie ihre Professur an der Hochschule für Küste (HfK) an. "Ich habe das Unterrichten erst spät für mich entdeckt – durch die dreieinhalbjährige Vertretungsprofessur für den inzwischen verstorbenen Bernhard Gmelin in Hamburg", erzählt sie. "Da habe ich gemerkt, wie viel Spaß mir es macht, jedem Studenten individuell zu helfen."
Dass sie bald mehr Zeit in Bremen verbringen wird, gefällt der Cellistin. Auch Florian Donderer wird sein Signum-Quartett dauerhaft hier ansiedeln, ein Probenraum ist gerade gefunden. Das schließt Gastspiele natürlich nicht aus; gerade hat das Musikerpaar wieder Meisterkurse in Florenz gegeben. "Das ist auch ein bisschen Werbung", lacht Tanja Tetzlaff. "Vielleicht meldet sich danach der eine oder andere Student in Bremen an."