Klack-klong-klack: Ein wilder Kampf spielt sich vor der Bühne der Shakespeare Company ab, mit Bambus-Stöcken dreschen zwei Kampfpaare aufeinander ein. Dazu performt Daniel "Mando" Mandolini – 2015 Vizeweltmeister im Beatboxen – mit dem Mund dicht am Mikrofon einen wilden, mit Schleifgeräuschen durchsetzten Rhythmus. Und Regisseur Michael Meyer grinst: "Ja, das soll richtig gefährlich wirken."
Escrima heißt der philippinische Kampfsport mit jahrtausendealter Tradition, der die versammelten Journalisten bei der Vorstellung des Saisonprogramms für 2025/26 am Mittwoch beeindruckt. Eine frische Alternative zu den Degengefechten der Shakespeare-Zeit: Auf diese Weise möchte Meyer am 11. Oktober in seiner Neuinszenierung von "Romeo und Julia" nicht nur den Hass zwischen den Familien Capulet und Montague vor Augen führen, sondern auch viel junges Publikum "antriggern".
"Romeo und Julia": "Dieses Shakespeare-Stück wird gern von Schulklassen besucht", weiß der Regisseur. Diese erste Premiere sei ja das erste Stück der Theatergeschichte, das von der Liebe eines jungen Paares handele. "In einer grausamen Welt", wie der Regisseur ausführt. "Zwei verfeindete Clans in einer Stadt, das bedeutet Bürgerkrieg. Kein Mensch weiß mehr, warum man sich hasst, aber die junge Generation hat den Hass der Älteren in ihrer DNA aufgesogen. Man muss sich nur über den Weg laufen, schon schlagen alle los."
Den Romeo wird Simon Elias, die Julia Magda Julia Simmel spielen. Die junge Schauspielerin, die ihr Handwerk in München und Graz gelernt hat, war als Gast bereits im "Sommernachtstraum", in "Hamlet" (als Ophelia) und "Orlando" zu sehen. Von dieser Spielzeit an gehört sie fest zum Ensemble.
"Es ist eine Herausforderung, Schüler der Tiktok-Generation zwei Stunden an Shakespeares Sprache zu fesseln", weiß der Regisseur. Deshalb werde eine Oberstufenklasse aus Osterholz-Scharmbeck die Proben begleiten und die Inszenierung testen.
"Julius Cäsar": Auf die Profi-Produktion folgt am 31. Oktober ein Shakespeare-Drama, das die Amateurbühne "Die Art-Verwandten" unter der Regie von Petra-Janina Schulz gestalten wird. "Die Akteure sind seit drei Spielzeiten zusammen, sie sind zuerst als Chor in unserer ,Medea'-Produktion aufgetreten", erzählt sie. "Jetzt zeigen sie ihre erste eigene Produktion".
Auch "Julius Cäsar", das Drama über einen Diktator und das Attentat auf ihn, sei hochaktuell: "Wie weit kann ich gehen, um die Demokratie zu verteidigen? Was passiert nach dem Tod des Diktators? Wer profitiert davon?" Populisten, Mitläufer, Autokraten – all diese Politikertypen gebe es ja nach wie vor. Musikalisch begleitet wird die Aufführung vom Bremer Ukulelenorchester mit "Highway to Hell".
"Game of Clowns": Eine ähnliche Demaskierung der Mächtigen verspricht auch die dritte Premiere am 8. November. Die Satire "Game of Clowns" für zwei Personen, die Erkan Uyaniksoy aus Istanbul erdacht hat und inszeniert, kommt ohne Worte aus. Zwei müde, hungrige Clowns stehen vor einem Wunderbaum, der Kreide trägt. Was man mit dieser Kreide auf eine Tafel malt, wird sofort Wirklichkeit. Erst zeichnen sie Brot und Wasser herbei. Dann werden sie gierig, zuletzt zeichnen sie Waffen und Bomben, mutieren zu Autokraten, die die absolute Zerstörung herbeiführen.
"Erkan Uyaniksoy knüpft stilistisch an Stummfilmkomiker wie Buster Keaton und Charlie Chaplin an", erzählt Svea Auerbach, die mit Michael Meyer das Duo der Horrorclowns verkörpern wird. "Auch die Geräusche werden ans Slapstickkino erinnern."
Weitere Neuproduktionen: Am 18. November gibt es eine neue Folge der Reihe "Aus den Akten auf die Bühne". Unter dem Titel "Karrieren in Bremen nach 1945" werden die Nachkriegslebensläufe des NS-Täters Kurt A. Becher, der Kommunistin Käthe Popall und des jüdischen Präsidenten des SV-Werder, Alfred Ries, beleuchtet. Die Reihe mit modernen englischen Theaterstücken wiederum wird im Februar 2026 fortgesetzt mit der Versuchsanordnung "Konstellationen": Die Quantenphysikerin Marianne (Petra-Janina Schulz) und der Imker Roland (Markus Seuß) spielen ihre Begegnung in immer neuen Varianten durch. "Das ist wie in ,Lola rennt' oder ,Und täglich grüßt das Murmeltier'", erläutert Schultz.
Außerdem plant die Shakespeare Company ein Projekt "100 Jahre Günter Grass", die Kooperation mit einer Theatergruppe in Namibia und eine Mitsing-Aktion. Bereits vom 12. bis 14. September gibt es abends im "Shakesbiergarten" des "Falstaff" Kurzfassungen von Stücken wie "Doktor Faustus" und "Ein Sommernachts-Hamlet" – nur 40 Minuten lang, damit noch Zeit fürs Trinken bleibt.
Der Blick zurück: Die Vorschau auf die Saison nutzt die neue Company-Leiterin Hellena Harttung auch für einen Rückblick: 27.234 Besucherinnen und Besucher kamen in der Spielzeit 2024/25 zu 223 Veranstaltungen – etwa so viele wie in der Saison zuvor. "Das Vor-Corona-Niveau ist aber noch nicht wieder erreicht", stellt Harttung fest. "Auch hat sich die Zahl unserer Gastspiele von 60 vor zehn Jahren auf nur noch 32 fast halbiert." Der Sparzwang in vielen Kommunen mache sich da bemerkbar. Immerhin: Von zwölf Aufführungen jüngst bei "Shakespeare im Park" musste bloß eine kurzzeitig wegen Regens unterbrochen werden: "Unsere Zuschauer sind wirklich tapfer", lobt Harttung: "Nur fünf sind vorzeitig gegangen."