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Bremer Innenstadt Stadtmusikanten immer noch ohne Heimat

Pläne für das Stadtmusikanten- und Literaturhaus liegen vor, der Senat will am Dienstag darüber befinden. Doch die Verhandlungen mit dem Eigentümer des Kontorhauses ziehen sich hin.
25.03.2022, 16:51 Uhr
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Stadtmusikanten immer noch ohne Heimat
Von Iris Hetscher

Beim geplanten Stadtmusikanten- und Literaturhaus gibt es weiter Unklarheit, was das Kontorhaus als den von der Stadt favorisierten Standort angeht. Das geht aus einer gemeinsamen Vorlage der Senatskanzlei, der Wirtschafts- und der Kulturbehörde hervor, die dem WESER-KURIER vorliegt. Sie sieht einen Grundsatzbeschluss zur Umsetzung dieser Pläne vor und steht auf der Tagesordnung der Senatssitzung am kommenden Dienstag.

Wie bereits berichtet, soll eine von privaten Anbietern erstellte Eventausstellung rund um die Stadtmusikanten ins Kontorhaus am Markt ziehen. In der Senatsvorlage heißt es dazu, das Märchen solle "modern mit zeitgemäßen Präsentations-und Erfahrungsformaten erzählt und präsentiert" werden. Neudeutsch heißt das Edutainment: die Verknüpfung von Lehrreichem mit dem Spaßfaktor.

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Den größten Bereich in dem Gebäude soll ein Literaturhaus einnehmen, das ein wesentlicher Baustein für Bremens Bewerbung als "City of Literature" sein soll. Doch offenbar ist sich die Kulturbehörde mit dem Eigentümer der Immobilie, Christian Jacobs, immer noch nicht einig geworden. In dem Papier heißt daher, der Senat prüfe "regelmäßig das Angebot an geeigneten Räumlichkeiten" in der Innenstadt. Vor dem Hintergrund, dass die Mietverhandlungen noch nicht unter Dach und Fach seien, solle "kurzfristig eine vertiefende Bewertung potenzieller Alternativstandorte erfolgen".

Literaturhaus und City of Literature

Die Bewerbung um den Titel "City of Literature" soll ab Mitte 2023 Fahrt aufnehmen, sagt Alexandra Tacke, beim Senator für Kultur unter anderem verantwortlich für den Bereich Literatur. Bremen soll Mitglied werden im Netzwerk der Städte mit Literaturschwerpunkt weltweit; als zweite Kommune in Deutschland nach Heidelberg. Bisher verfügt Bremen nur über ein virtuelles Literaturhaus; nun soll ein Treffpunkt her, dessen Räume sich auch analog betreten lassen, und zwar spätestens ab 2025.

Das Literaturhaus soll das Literaturkontor und das virtuelle Haus zusammenführen und vor allem "Anlaufstelle und Heimat für Literaturschaffende wie Literaturinteressierte" sein. Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) stellt sich neben Büro- und Veranstaltungsräumen auch ein privat betriebenes Literaturcafé vor sowie eine Buchhandlung – auf einer Fläche von insgesamt 2000 bis 3000 Quadratmetern. Ein weiteres Café sei für den Innenstadtbereich kein Problem, meint Emigholz: "Davon kann es gar nicht genug geben".

Angestrebt werden durchschnittlich 81.000 Besucher pro Jahr in den ersten fünf Jahren, was zwei Beratungsunternehmen (dwif und fwi hamburg) als "plausibel" einschätzen. Investiert werden müssten anfänglich 9,8 Millionen Euro in das Projekt, 4,9 Millionen Euro würde der Bund zuschießen. Die restlichen 4,9 Millionen Euro müsste Bremen aufbringen; die Etats des Wirtschafts- und des Kulturressorts sollen aber nicht durch die Summe belastet werden. In wieweit der laufende Betrieb des Hauses ab 2024 bezuschusst werden müsse, sei noch nicht absehbar, heißt es.

Anlaufstelle für die Literaturszene

Heike Müller, Geschäftsführerin des Virtuellen Literaturhauses, freut sich, dass nun Bewegung in die Sache zu kommen scheint. "Wir haben eine sehr breite Szene in Bremen, die schon lange auf einen eigenen Ort wartet, um sich zu vernetzen", sagt sie. Während die Stadtmusikanten-Ausstellung für das Kellergeschoss vorgesehen wäre, soll die Literatur in die Galerie-Etage ziehen, also mitten ins Herz des Hauses.

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Heike Müller gibt sich selbstbewusst: "Wir werden ja auch immerhin mit Lesungen und anderen Veranstaltungen das Abendprogramm bestreiten". Das bedeute eine stärkere Belebung der Innenstadt in einer Zeit, in der dort eher Ruhe einkehrt. Aber auch überregional stärke das den Ruf Bremens, "wir sind dann ein Player im Netzwerk der anderen Literaturhäuser". Was zum Beispiel auch bedeuten könne, dass namhafte Schriftsteller künftig auf ihren Lesereisen auch in Bremen Station machen.

Grüne wollen "Zentrum für Exilliteratur"

Eine weitere Idee kommt derweil von der Grünen-Fraktion. Sie wünscht sich in dem künftigen Literaturhaus ein "Zentrum für Exilliteratur", bezogen auf Geschichte und Gegenwart. Dafür müssten im Zweifelsfall weitere finanzielle Mittel bereitgestellt werden.

Anknüpfungspunkte für ein derartiges Zentrum gebe es in Bremen genug. Das reiche von der Geschichte der Stadtmusikanten über den nach der ins Exil geflüchteten Philosophin Hannah Arendt benannten Preis bis zur aktuellen Literaturszene, zu der auch geflüchtete Autoren gehörten. In einem Antrag für die nächste Sitzung der Stadtbürgerschaft fordern die Grünen zudem ein Stipendium-Programm für geflüchtete Schriftsteller, das sich zunächst an Autoren aus der Ukraine, Belarus und Russland richten und das im "Zentrum für Exilliteratur" beheimatet sein soll.

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