Der Umbau verzögert sich. Das ist die schlechte Nachricht. Doch es gibt für das geplante Bremer Stadtmusikantenhaus auch eine gute. Nach langem Vorlauf ist die Ausschreibung raus. Gesucht wird ein Betreiber. Das von der Opposition als „Prestigeprojekt“ des Bürgermeisters geschmähte Vorhaben hat damit seine nächste Etappe erreicht. Bis zum 17. September können sich Interessenten melden. „Erste Meldungen liegen bereits vor“, erklärt Jens Tittmann aus dem Kulturressort.
Das märchenhafte Schicksal von Esel, Hund, Katze und Hahn, aufgeschrieben von den Brüdern Grimm, hat Bremen in der ganzen Welt bekannt gemacht. „Mehr als Weser, Werder oder Beck’s“, vergleicht Tourismuschef Oliver Rau. Die Idee, mit diesem Pfund stärker zu wuchern und ein Stadtmusikantenhaus zu gründen, stammt von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Er stand damit zunächst ziemlich allein, beklagte sich auch darüber. Doch dann kam Schwung in die Sache. Mit einem Mietvertrag für Flächen im Kontorhaus am Markt nahm das Projekt vor einem Jahr Formen an. Vorausgegangen war eine Studie, mit der die Chancen so einer Einrichtung ausgelotet und für gut befunden wurden.
Bei der jetzt aufgelegten Ausschreibung, mit der ein Betreiberunternehmen gesucht wird, handelt es sich nach Auskunft der Kulturbehörde um ein zweistufiges Verfahren. Im ersten Schritt geht es demnach allein darum, zu sondieren, wie groß das Interesse ist. „Aus diesem Kreis werden dann drei bis fünf Unternehmen ausgewählt, die ein konkretes Konzept erarbeiten sollen“, sagt Tittmann. Am Ende werde eine Jury über die eingereichten Entwürfe beraten.
Der Senat wünscht sich einen privaten Betreiber, der die Ausstellung zu den Bremer Stadtmusikanten „über einen Zeitraum von zehn Jahren konzipiert, plant, im Ausbau überwacht und wirtschaftlich führt“, heißt es im Ausschreibungstext. Zuschüsse für den Betrieb gibt es keine. Auf rund 900 Quadratmetern solle ein multimedialer Erlebnisort geschaffen werden, um die thematische Vielfalt und kulturhistorische Dimension des Grimm’schen Märchens zu vermitteln. Als Stichworte wurden früh unter anderem Flucht, Vertreibung, Exil und Solidarität genannt.
Erwartet wird vom Auftraggeber eine ebenso spielerische Herangehensweise wie vertiefte Auseinandersetzung, „um sowohl Familien als auch ein eher kulturaffines Publikum zu erreichen“. Wie hoch die Latte hängt, drückt der Senat so aus: „Die Ausstellung soll in Qualität und Nachhaltigkeit bundesweite Bedeutung aufweisen.“
Als Referenzen müssen die Bewerber den Nachweis erbringen, dass sie sich in der Vergangenheit als Ausstellungsmacher bewährt haben und, wichtiger noch, in der Lage sind, eine Kultureinrichtung erfolgreich zu betreiben. Der Senat erwartet dazu Zahlen: Im Mittel der vergangenen drei Jahre soll es mindestens eine Million Euro Umsatz sein, die der Bewerber aktuell mit seiner Einrichtung erwirtschaftet. Bei allen Bedingungen bekommen die Interessenten vom Senat aber auch eine Prognose, mit der sie kalkulieren können: „Die Besucherzahl wird derzeit jährlich auf etwa 80.000 geschätzt.“
Doch wann geht es überhaupt los? Wann wird das Stadtmusikantenhaus eröffnet? Ursprünglich geplant war, dass Christian Jacobs, Eigentümer des Kontorhauses am Markt, die Flächen am 30. September dieses Jahres übergibt. Das ist illusorisch. So weit sind die Arbeiten im und am Gebäude längst nicht gediehen. „Ein genaues Datum steht noch nicht fest“, teilt Jacobs-Sprecher Daniel Günther auf Anfrage mit, „es wird aber definitiv im kommenden Jahr sein.“
Die Kulturbehörde rechnet nach eigener Darstellung damit, dass es nach der Übergabe etwas mehr als ein Jahr dauern wird, bis die Ausstellungsflächen hergerichtet sind. Auf Grundlage dieser Rechnung kann der Betrieb frühestens Mitte oder Ende 2026 starten. Angepeilt war eigentlich das kommende Jahr.
Bremen hat mit Jacobs einen Mietpreis von 19,50 Euro pro Quadratmeter vereinbart. Die Laufzeit des Vertrags beträgt 25 Jahre. Generalmieter für die insgesamt 2800 Quadratmeter ist die Volkshochschule. Die Kosten für Planung und Mieterausbau liegen bei 13,5 Millionen Euro, ein gutes Drittel davon kommt laut Behörde als Zuschuss vom Bund. Genutzt wird die angemietete Fläche in Zukunft nicht allein vom Stadtmusikantenhaus. Es teilt sich vielmehr die Quadratmeter: Eine Etage höher zieht das Literaturhaus ein, betrieben von den bereits bestehenden Einrichtungen Bremer Literaturkontor und virtuelles Literaturhaus.