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Auftritt in Bremen Sven Regener über sein Jazzprojekt und das Konzert in der Glocke

Sven Regener, Frontmann von Element of Crime, stellt sein Jazzprojekt in Bremen vor. Im Interview spricht er über seine musikalische Reise und die Bedeutung des Jazz in seinem Leben.
09.09.2025, 06:47 Uhr
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Von Olaf Neumann

Zur Person

Sven Regener
wurde 1961 in Bremen geboren. 1985 formierte er mit anderen Element of Crime, mit der er bisher 17 Alben aufnahm. Im Jahre 2001 legte er sein literarisches Debüt „Herr Lehmann“ vor, dem weitere Bücher folgten. Sven Regener lebt in Berlin, ist verheiratet und hat zwei Kinder.


Herr Regener, war es ursprünglich Ihr Ziel, Jazzmusiker zu werden? Und holen Sie das jetzt mit Regener Pappik Busch nach, weil Ihnen damals Element of Crime dazwischenkam?

Sven Regener: Mit diesem Projekt versuche ich, mir den Zugang zum Jazz wiederzuerobern. Als Jugendlicher fand ich Louis Armstrong, Miles Davis, Dizzy Gillespie und Chet Baker toll. Später in Berlin kam ich zu der Band Zatopek, die eine Mischung aus Jazz und New Wave spielte. Jazz war damals in der Avantgarde-Popmusik auf eine seltsame Weise mit dabei. Da war man mit der Trompete gleich willkommen. Wir haben da viel superschräges Zeug gespielt. Da ich aber auch schöne Melodien spielen wollte, habe ich mit dem Songschreiben angefangen. So kam es zu Element of Crime.

Was war Ihnen bei „Field Of Lights“ besonders wichtig?

Eine gute Durchhörbarkeit. Die A-Seite mit der gestopften Trompete ist sehr mellow, und die B-Seite kommt mit einer lauten, ungedämpften Trompete daher.

Der Jazz hat viele große Trompeter hervorgebracht. Versuchen Sie, sich von den üblichen Trompetenklischees fernzuhalten, um einen irgendwie einzigartigen Sound zu schaffen?

Schon beim Rock ’n’ Roll habe ich gelernt, dass der Versuch, nicht klingen zu wollen wie jemand anderes, genauso verkrampft ist wie das Gegenteil. Ich spiele es einfach auf meine Weise und auch schon lange genug. Bei der gestopften Trompete ist es tatsächlich so, dass man immer erst an Miles Davis denkt wegen der Klangfarbe. Aber für mich hat seit Anfang der 80er-Jahre auch Lester Bowie eine große Rolle gespielt. Er hatte eine sehr humorvolle Art, mit dem Jazz umzugehen.

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Fällt Ihnen das Songwriting mit dieser Band leichter als mit Element of Crime, weil Sie keine Texte schreiben müssen?

Es ist immer die Musik, die einen Text erst scheinen lässt. Aber in Songtexten steckt auch viel Musik und Klang. Instrumentalstücke haben nicht dieses zusätzliche Element, mit dem sie verschmelzen können. Es ist etwas sehr Anspruchsvolles, es so zu machen, dass es für sich allein leben kann.

Sie haben das Album in nur zwei Tagen aufgenommen. Waren Sie selber überrascht, wie schnell Ihnen diese Stücke von der Hand gingen?

Man kann alles in zwei Tagen aufnehmen. Auch an einem. Die Frage ist, wie viele Takes man braucht. Man muss sich immer ein paar mehr Stücke vornehmen als man für eine Platte benötigt, weil nicht jedes Stück in egal wie vielen Takes so gut wird, dass es einem gefällt. Das aus dem Moment heraus Geborene und leicht Imperfekte ist im Jazz genauso wichtig wie überall sonst in der Kunst.

Ist das Live-Spielen die Kür und die Arbeit im Studio die Pflicht?

Das sind beides Sachen, die ich sehr gern mag. Bei Element of Crime waren auch die Plattenproduktionen immer ein Spaß. Das hat viel mit den Produzenten zu tun, die dafür da sind, den Musikern die Angst zu nehmen. Bei Element of Crime haben wir durch Uwe Bauer, John Cale und David Young von Anfang an die uns gemäße Form, unsere Musik aufzunehmen, gefunden. Wir spielen einfach alle zusammen und nehmen das mit richtig guten Mitteln auf. So machen wir es auch bei Regener Pappik Busch. Bei Element of Crime passieren dann noch viele Overdubs, beim Jazz jedoch nicht. Da muss der ganze Take so bleiben wie er ist.

Gerade der Jazz wäre ohne das Langformat Album nicht denkbar. Was passiert mit der Kreativität des Künstlers, wenn dieses Format mit seinen grenzenlosen Möglichkeiten nicht überlebt?

Das Album-Format hat bis jetzt offensichtlich überlebt, obwohl es angesichts von Streaming eigentlich nicht nötig ist. Es kommt den Menschen wohl irgendwie sehr entgegen. Ich bin immer froh, wenn ich merke, dass Leute beim Streaming das ganze Album durchhören. Gegen das Album steht immer die Playlist, was früher die Mix-Kassette war. Früher haben auch manche fünf Stunden Musik auf ein Tonband aufgenommen – auch eigentlich eine Playlist, wie bei Spotify. Ich finde, beides ist okay, aber ich freue mich immer, wenn Leute LPs kaufen. Jazz ist ja nichts, was man in Dauerschleife hört.

Welche Rolle spielen Improvisation und Kreativität bei den Auftritten von Regener Pappik Busch?

Die machen jedes Konzert unverwechselbar. Im Guten wie im Schlechten. Es gefällt einem ja nicht immer. Eines der drei besten Konzerte in meinem Leben war in den frühen Achtzigern das Sun Ra Arkestra im Quartier Latin in Berlin. Ein Weltwunder wie die Pyramiden von Gizeh. Ich glaube, das Unberechenbare ist das Wichtigste. Auch ich weiß oft überhaupt nicht, was ich als Nächstes spielen werde. Improvisation bedeutet eben, dass es aus dem Augenblick heraus geboren ist.

Woher wissen Sie bei Trompetensoli, wann Sie anfangen und wann Sie aufhören sollen?

Die Dinge haben ihre Zyklen. "Chamisso Square" etwa hat einen klaren Zyklus von zwölf Takten. Ich muss da nicht hinhören oder mitzählen, das geht irgendwann ins Unterbewusste ein. Aber man kann die Sache auch ganz anders spielen. Wir sind ja nur zu dritt, da ist man sehr flexibel, und wir sind gut aufeinander eingespielt. Wir wechseln gern mal die Richtung und gehen manchmal auch gegen dieses Zyklische, Regelmäßige an.

Was geht Ihnen beim Live-Spielen durch den Kopf?

Man muss in die Musik total reinkriechen. Ich bin der Einzige von uns dreien, der oft auch nicht spielt. Aber ich muss trotzdem immer drinbleiben, ich kann und will bei Musik nicht aussteigen. Deshalb kann ich nichts nebenbei hören. Und das hilft mir bei dieser Sache, weil ich immer drin bin und mich blendend amüsiere, weil die anderen so toll spielen.

Das Gespräch führte Olaf Neumann.

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Info

Regener Pappik Busch spielen am Donnerstag, 18. September, 20 Uhr, im Kleinen Saal der Glocke.


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