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Roman auf der Bühne Fania Sorel über "Das achte Leben"

Die Bühnenfassung des Romans "Das achte Leben" von Nino Haratischwili hat am Sonnabend, 11. Februar, Premiere. Schauspielerin Fania Sorel erzählt, warum die Hauptfigur Christine eine schwierige Rolle ist.
07.02.2023, 05:00 Uhr
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Fania Sorel über
Von Iris Hetscher

Frau Sorel, der Roman "Das achte Leben (für Brilka)" von Nino Haratischwili ist ein mehr als 1300 Seiten umfassendes Panorama einer Familie, mindestens zweier Länder und des 20. Jahrhunderts. Sie spielen eine der beiden Hauptrollen. Wie würden Sie die Figur der Christine beschreiben?

Fania Sorel: Sie will ein besseres Leben. Und als aus Russland die kommunistische Sowjetunion wird, wird es schwierig, die Schokoladenfabrik ihrer georgischen Familie weiter zu betreiben, weil Kapitalismus plötzlich etwas Böses ist. Deswegen heiratet sie ein Parteimitglied. Um selbst im Luxus zu leben. Und um den Wohlstand der Familie zu sichern.

Das verlangt ihr einiges ab.

Der beste Freund ihres Mannes verliebt sich in sie. Das ist Lawrenti Beria, der für den Terror der sogenannten Säuberungen unter Stalin verantwortlich war, im Buch wird er nur "der große kleine Mann" genannt. Die Familie hängt von Christine ab, sie muss Beria regelmäßig um Gefallen bitten. Ob es nun darum geht, dass jemand aus dem Gefängnis freikommt oder darum, ob die Familie weiterhin in ihrer Villa leben darf.

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Sie muss sich dabei ständig verleugnen, oder?

Ihre Schwester Stasia sagt zu ihr: 'Dass Du das alles tust, wie ist das möglich?' Und Christine antwortet: 'Einer muss sich ja auf die Schlachtbank legen'. Sie ist eine ambivalente Person.

Und dann plötzlich eine mit einem tragischen Schicksal. Ihr Ehemann entstellt ihr Gesicht mit Säure. Wie haben Sie sich auf so eine heftige Rolle vorbereitet?

Ich habe viel über Säureattentate gelesen und darüber, welche Selbstzweifel die Opfer haben. Aber auch, wie sie wieder Lebensmut finden und jemandem vertrauen können. Christine ist sehr eitel. Und dann muss sie damit klarkommen, sich nicht mehr über ihr Äußeres definieren zu können. Aber sie wächst als Figur dadurch. Es geht stärker darum, was sie will und was sie spürt.

"Das achte Leben" ist, wie erwähnt, ein dicker Roman, der nun auch im Theater Bremen auf die Bühne kommt. Auf was muss sich das Publikum einstellen außer darauf, dass es ein langer Abend wird?

Wir benutzen die Bühnenfassung des Thalia-Theaters von Emilia Heinrich, Julia Lochte und Jette Steckel. Und das Team um Alize Zandwijk hat dann geschaut, welche Emotionen oder Teile der Figuren uns fehlten und einen Spannungsbogen gebaut. Es macht viel aus, dass es eine Erzählerin gibt, Niza, sie leitet das Publikum durch den Abend. Der wird wahrscheinlich so um die vier Stunden lang sein.

Das Publikum nimmt die Position der zwölfjährigen Brilka ein, der Niza die Familiengeschichte erzählt?

Sozusagen, und bis Brilka später selbst auftaucht. Niza spiegelt das "rote Jahrhundert", von dem alle dachten, es würde gerechter werden, doch das war ein bitterer Trugschluss. Sie ist weggezogen aus Tiflis und hat dadurch einen etwas objektiveren Blick auf die Familiengeschichte. Und sie gibt ihre Kraft an Brilka, an die nächste Generation, weiter.

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Der Krieg gegen die Ukraine hat in "Leben und Schicksal" eine deutliche  Rolle gespielt. Ist das bei "Das achte Leben" ähnlich?

Das war bei "Leben und Schicksal" ausgeprägter. In "Das achte Leben" lernt man viel über Georgien und seinen Kampf für Unabhängigkeit und gegen ständige russische Expansionsbestrebungen. Das Schlimme ist: Georgien ist nur zwei Jahre lang unabhängig gewesen vor 1991, und zwar in den Jahren 1920/21. Ich finde es sehr spannend, dass dieses Land, über das man nicht so viel weiß, ins Zentrum gerückt wird durch das Buch und die Inszenierung. In der Ukraine führen die Russen sehr deutlich Krieg. An Georgien zupfen und ziehen sie seit 200 Jahren herum und keiner kümmert sich darum.

Das Gespräch führte Iris Hetscher.

Zur Person

Fania Sorel

wurde 1971 in Belgien geboren, war lange am Ro Theater Amsterdam engagiert und ist seit der Spielzeit 2016/17 Mitglied des Schauspielensembles am Theater Bremen.

Info

"Das achte Leben (für Brilka)" hat am Sonnabend, 11. Februar, 19 Uhr Premiere im Großen Haus des Theaters Bremen. Regie führt Alize Zandwijk.

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