- Was das Musiktheater zeigt
- Was im Schauspiel zu sehen ist
- Wie das Jugendtheater aufgestellt ist
- Was der Tanz anbietet
Sichtbar gut gelaunt leitete Intendant Michael Börgerding am Freitag die Vorstellungsrunde zur nächsten Spielzeit ein: open air bei Sonnenschein und gedacht auch, um die "Common Ground"-Arena einzuweihen. Denn auf dem Goetheplatz steht eine nachhaltig aus allerlei ehemaligen Bühnenbildern zusammengezimmerte Holztribüne mit kleinen Bäumen drumherum. Hier wird in den nächsten Wochen einiges stattfinden (wir berichteten).
Bevor Börderding und die Spartenleiter das Programm vorstellten, das in der nächsten Saison drinnen im Theater gegeben wird, verkündete der Intendant Zahlen. Auch die stimmen optimistisch. In der noch nicht ganz beendeten Spielzeit werden es laut Börgerding 162.000 Zuschauerinnen und Zuschauer gewesen sein, die die Produktionen des Theaters angeschaut haben. Damit habe man zu 90 Prozent den Vor-Corona-Stand erreicht; am Ende der Saison 2018/19 wurden 182.000 Besucher gezählt. Außerdem habe das Theater eine halbe Million Euro mehr eingenommen als zu Beginn der Spielzeit kalkuliert. Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) kommentierte dies mit den Worten: "Das Flaggschiff der Kultur meldet sich zurück." Und was erwartet das Publikum in der Spielzeit 2023/24?
Was das Musiktheater zeigt
Neun Premieren sind im Bereich Oper geplant. Der Startschuss fällt am 16. September mit einem zeitgenössischen amerikanischen Werk. "Doctor Atomic" von John Adams (Libretto: Peter Sellars) wird von Frank Hilbrich inszeniert und erzählt von dem Erfinder der Atombombe, Robert Oppenheimer. Ein bisschen lockerer geht es in Offenbachs Operette "Orpheus in der Unterwelt" zu, die am 28. Oktober zu sehen ist; erneut inszeniert von Frank Hilbrich. Mit dabei sind unter anderem Travestiestar Lilo Wanders und der mittlerweile 84-jährige Helmut Baumann. Eine feministische Lesart will Regisseurin Elisabeth Stöppler bei Verdis "Macbeth" anlegen – die Lady soll in den Vordergrund gerückt werden, und zwar ab dem 10. Dezember. Ebenfalls gegen den Strich gebürstet werden soll Strauss' "Salome" von Ulrike Schwab, die am 2. Februar 2024 Premiere feiert. Eine weitere Runde des Projekts "NOperas!" steht am 27. März 2024 an, dann ist das "Freedom Collective" zu Gast; einen Tag später wird Marco Storman, der zuletzt mit Bergs "Lulu" und Rihms "Jakob Lenz" für Furore gesorgt hat, Mozarts "Titus" (La Clemenza di Tito) auf die Bühne bringen. Prokofievs "Die Liebe zu den drei Orangen" (Regie: Frank Hilbrich) am 18. Mai 2024 und das Open-Air-Projekt "No Rain!" von Tom Ryser, das am 7. Juni 2024 auf dem Goetheplatz stattfinden soll, komplettieren den Spielplan. "No Rain!" ist als "Massenveranstaltung" angekündigt und soll an das legendäre Woodstock-Festival erinnern.
Was im Schauspiel zu sehen ist
Die Schauspielsparte wartet mit 14 neuen Produktionen auf und eröffnet am 14. September die Spielzeit. Rahel Hofbauer inszeniert Lessings "Emilia Galotti" als "Emilia_Galotti"; damit hoffe man, auch viele Schüler zu erreichen, so Stefan Bläske aus der künstlerischen Leitung des Sprechtheaters. Denn "Emilia Galotti" (ohne Unterstrich) ist Abiturstoff in Bremen. Mit einer Komödie meldet sich die zweite Spartenleiterin Alize Zandwijk am 1. Oktober zurück: Alan Ayckbourns "Schöne Bescherungen". Darauf folgt eine Uraufführung am 14. Oktober. Autor und Regisseur Felix Krakau befasst sich in "Royals" mit dem Phänomen der Liebe zu Monarchen aller Art in Republiken. Das diesjährige Weihnachtsstück bietet ab dem 12. November mit Erich Kästners "Emil und die Detektive" die Neu-Interpretation eines Kinderbuch-Klassikers durch Nina Mattenklotz, bevor am 16. November eine weitere Uraufführung ansteht. "Schmerz Camp" von Patty Kim Hamilton (Regie: Christiane Pohle) erzählt von sieben Frauen, die unter chronischen Schmerzen leiden.
Ebenfalls uraufgeführt wird am 3. Februar 2024 "Die Nachkommende" der kroatisch-schweizerischen Autorin und Regisseurin Ivna Zic nach ihrem Roman, der eine Reise- und eine Familienerzählung ist. Zwei nicht minder spannende Produktionen haben im Februar 2024 kurz nacheinander Premiere. Alize Zandwijk nimmt sich des Virginia-Woolf-Romans "The Hours" von Michael Cunningham (verfilmt unter anderem mit Nicole Kidman) am 22. Februar an. Zwei Tage später richtet Armin Petras ebenfalls einen Roman für die Bühne ein: "Die Erfindung des Jazz im Donbass" von Serhij Zhadan.
Weiter geht es im März mit einer ebenfalls feministisch grundierten Version von Cervantes' "Don Quixote". Die drei letzten Premieren der Spielzeit bieten mit einer "Überschreibung", also einer Neuinterpretation von Gerhard Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ durch Klaus Schumacher und dem Abschieds-Solo von Siegfried W. Maschek mit „Faust“ zwei Klassiker. Den Schlusspunkt setzt ein Ausflug nach „Hawaii“ – Berfin Orman inszeniert eine weitere Romanadaption, Cihan Acars Porträt der Menschen in einem sogenannten Problembezirk Heilbronns, der von seinen Bewohnern ironisch „Hawaii“ genannt wird.
Wie das Jugendtheater aufgestellt ist
Sechs neue Produktionen bringt das Junge Theater auf die Bühne. Immer wieder stünden dabei Fragen der Körperlichkeit und Identität im Mittelpunkt, so Spartenleiterin Rebecca Hohmnn. Bei der ersten Premiere am 23. September, „Und alles“ von Gwendoline Soublin, gehe es dagegen um das Thema Debattenkultur und die Überforderung durch die tägliche Nachrichtenflut. Die Probleme queerer Jugendlicher und den Anpassungsdruck, dem sie ausgesetzt sind, stehen in „Eddy (oder ein anderer)“, frei nach dem gleichnamigen Roman von Édouard Louis, im Mittelpunkt. Ab dem 6. Oktober zu sehen; mit Yesim Nela Keim Schaub inszeniert eine ehemalige Junge Akteurin. Mit „Wunderwerke (Was der Körper ist)“ setzt Birgit Freitag am 17. Februar 2024 ihre diesbezüglichen Forschungsarbeiten fort; am 27. April 2024 befasst sich das Kollektiv Arnold&Bianca mit dem "Chaos". Die Jungen Akteure wagen, inspiriert von Lewis Carroll, am 19. Januar 2024 einen Ausflug ins "Wonderland" (Regie: Nathalie Forstman), Regisseurin und Fat-Aktivistin Katharina Bill kümmert sich dagegen um 6. April 2024 um Privilegierte und Nicht-Privilegierte in "Prinz*essin".
Was der Tanz anbietet
Zu vier Premieren lädt die Tanzsparte des Theaters ein, die just diese Woche für "Harmonia" den ungarischen Rudolf-Laban-Preis einheimsen konnte. Lola Arias und die Unusual Symptoms werden ihr schon für diese Spielzeit angekündigtes Projekt über Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen ab dem 29. September zeigen, gefolgt von einer neuen Arbeit von Samir Akika, die am 20. Januar Premiere feiert: "Fools at Work" (Clowns bei der Arbeit). Der queere brasilianische Choreograf Renan Martins wird am 18. April 2024 einen Abend präsentieren, Anday Zondag zeichnet für "Keine Ahnung" verantwortlich, das am 23. Mai 2024 zu sehen sein wird.