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Theater Bremen Tomas Bünger über die Choreografie bei "Cabaret"

Tomas Bünger choreografiert das Musical "Cabaret" am Theater Bremen. Welche Herausforderungen und Besonderheiten es bei der Inszenierung gibt.
01.05.2025, 05:00 Uhr
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Tomas Bünger über die Choreografie bei
Von Iris Hetscher

Herr Bünger, "Cabaret" ist ein Musical, das für das Genre eher untypisch ist. Die Geschichte basiert unter anderem auf autobiografischen Erzählungen des Schriftstellers Christopher Isherwood, es geht um Liebe und deren Scheitern angesichts der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Das ist ganz schön bitterer Stoff eigentlich, oder?

Tomas Bünger: Das ist so. Aber spannend ist, dass dieses Leid gepaart ist mit großer Lust am Leben. Das kann man auf jeden Fall unterhaltsam auf die Bühne transportieren und gleichzeitig auf die Gefahr aufmerksam machen, die diese Zeit beinhaltet hat. Da gibt es sicher Parallelen zur heutigen Zeit, und nicht von ungefähr wird "Cabaret" derzeit an vielen Theatern gespielt. Man geht bei diesem Stück durch unterschiedliche Wellen von Emotionen.

Wie entwirft man dafür ein Konzept für die Choreografie?

Das Choreografie-Konzept entsteht aus der Idee, die Andreas Kriegenburg (d. Regisseur der Inszenierung, Anm. d. Red.) zugrunde legt: Er entwirft das große ästhetische Bild des Abends. Das kann man sich so vorstellen: Es gibt dieses Konzept, und dann kommen die einzelnen Musical-Nummern. Ich versuche bei diesen Nummern, das Konzept weiterzuentwickeln.

Wie schwierig ist das?

Nicht sehr. Man versucht als Choreograf immer, sich in die Köpfe der Regisseure oder Regisseurinnen reinzudenken, mit denen man arbeitet. Auf dieser Grundlage kreiere ich meine eigene Welt. Andreas Kriegenburg ist sowieso ein choreografierender Regisseur, und er hat großen Respekt vor dem Tanz.

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Was heißt das?

Er arbeitet sehr stark mit Rhythmus, mit Timing; er hat viele bildhafte Ideen, die körperlich sind. Das ist spannend für mich, weil ich da gut anknüpfen kann.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, wie man sich dem nähert, eine eher abstrakte Tanzsprache oder eine, die sich an der Zeit orientiert, in der "Cabaret" spielt – die frühen 1930er-Jahre. Welche Variante haben Sie gewählt?

Die Inszenierung ist klar in der Zeit angesiedelt, in der das Musical spielt, auch, was die Kostüme betrifft. Ich habe mich mit einer gewissen Körperlichkeit aus der Zeit, mit bestimmten Tanzschritten, mit der Ästhetik befasst. Sowieso interessiert mich diese Zeit sehr stark, weil ich noch mit Menschen gearbeitet habe, die aus der Tradition des deutschen Ausdruckstanzes kommen. Das ging in den 1920er-Jahren los und setzte sich in den 1930er-Jahren fort.

Da war auf einmal viel möglich, was vorher undenkbar war.

Man hatte nicht nur die Korsagen abgelegt. Auch körperlich hat man sich plötzlich Dinge getraut, die damals als ungeheuerlich galten. Wie Mary Wigman beispielsweise bei ihrem "Hexentanz" über den Fußboden auf das Publikum zu robbt, das hat etwas Revolutionäres. Da ist so viel Lust in den Körpern. Aber Andreas Kriegenburg schafft es auch, ein Ensemble zu bilden: Alles passiert im Kit Kat-Club, es wird alles aus dem Club heraus erzählt.

Wie haben Sie diesen fließenden Übergang in der Choreografie gespiegelt?

Ich musste eine Tanzsprache finden, in der nicht sozusagen unvermittelt "das Ballett auftritt", sondern, wo dieser Club sich sinnlich miteinander amüsiert. Die Menschen sind nicht getrennt, sie sind eine Einheit.

Wer tanzt da überhaupt?

Ich habe sieben Tänzerinnen und Tänzer aus dem Raum Bremen und aus Hamburg gecastet. Das ist eine ganz tolle Truppe, die unterschiedliche tanzbiografische Hintergründe hat. Das sind nicht nur Tänzer, die aus dem Musicalbereich kommen, und alle inspirieren sich gegenseitig.

Es gibt noch eine Besonderheit für das Publikum ...

Ja, man kann von zwei unterschiedlichen Seiten auf die Szenerie blicken. Ein Teil des Publikums sitzt ganz klassisch im Zuschauerraum, die anderen sitzen auf der Hinterbühne an Tischen, können also "Cabaret de luxe" erleben; als wären sie im Kit Kat-Club, es gibt auch ein Freigetränk. Man atmet Theaterluft, das ist wirklich toll. Also eigentlich muss man das Stück zwei Mal sehen.

Das Gespräch führte Iris Hetscher.

Info

Cabaret. Premiere am Sonnabend, 3. Mai, 19.30 Uhr, Theater am Goetheplatz. Regie: Andreas Kriegenburg, musikalische Leitung: Yoel Gamzou.

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Zur Person

Tomas Bünger

hat klassischen und modernen Bühnentanz an der Hochschule für Musik und Theater Hannover studiert und war langjähriges Mitglied des Tanztheaterensembles des Theaters Bremen. Er hat sich weitergebildet zum integrativen Tanzlehrer, ist Künstlerischer Leiter der Young Choreographers´ Platform Bangladesh und Dozent. Regelmäßig choreografiert er am Theater Bremen.

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