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Vandalismus im Kunsttunnel "Ein versiffter und hochgradig unangenehmer Ort"

Im Februar hatte einer unserer Leser auf Schimmelschäden im Kunsttunnel hingewiesen, nun hat ein weiterer Leser mutwilligen Vandalismus im Kunsttunnel beobachtet. Wie geht es weiter?
03.07.2022, 16:59 Uhr
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Von Sigrid Schuer

Die spezielle Tapete, die der Bremer Künstler Johann Büsen als Grundlage für seine fantasievollen, bisweilen märchenhaften Motive ausgewählt hatte, sind zu gefühlt Zweidritteln zerstört. Einzelne Segmente offenbar an der Wand großflächig verbrannt. Große Teile des übrigen Kunsttunnels, der unter der Altmannshöhe zur Weser führt, seien mit Graffiti bedeckt. So schildert es WESER-KURIER-Leser Jörn Ketelsen in seiner Zuschrift an die Redaktion. Der Leser hat Ähnliches im gesamten Stadtbild wahrgenommen, insbesondere in der Stadtmitte.

"Mir ist unbegreiflich, wie die Stadt beziehungsweise die Verantwortlichen über Monate und Jahre derartigen Verfall billigend in Kauf nehmen, bis wirklich nichts mehr geht" schreibt er und bringt den Vergleich mit der "Broken windows theory" ins Spiel, die besagt, dass ein verwahrlostes Umfeld automatisch weitere Verwahrlosung nach sich zieht. Dafür sei der Kunsttunnel eben nur ein Beispiel.

Erschwerend hinzu kämen "auf Verschleiß gefahrene Straßenbahnen, die diversen Sanierungen an der Weser parallel zur Tiefer, die "Seute Deern" in Bremerhaven oder eben der Kunsttunnel", schreibt Ketelsen. Und weiter: "Die Zerstörung im Kunsttunnel hinterlässt zusätzlich den unangenehmen Beigeschmack, dass diese Zerstörung von für den Bürger dort angebrachter Kunst im öffentlichen Raum, offensichtlich mutwillig ist". Sein Fazit: "Bedauerlicherweise steht der Tunnel nun wieder genau da, wo er vor 2017 stand, also vor dem Kunsttunnel, der das Ganze über Jahre stabilisiert hat. Er ist wieder ein versiffter und hochgradig unangenehmer Ort, um den man besser einen Bogen macht".

Mir ist unbegreiflich, wie die Stadt beziehungsweise die Verantwortlichen über Monate und Jahre derartigen Verfall billigend in Kauf nehmen, bis wirklich nichts mehr geht.
WESER-KURIER-Leser Jörn Ketelsen

Erschrocken zeigen sich auch Künstler Johann Büsen und Nicole Nowak, Referentin für Bildende Kunst und Kunst im öffentlichen Raum in der Kulturbehörde, über den groben Vandalismus im Kunsttunnel. Das sei leider kein Einzelfall, sagt Nowak, der Vandalismus habe in der zurückliegenden Zeit noch einmal einen Schub bekommen. Allerdings gelte oftmals diese Art von Zerstörungswut nicht direkt der Kunst, sondern die Kunst  sei sozusagen ein Mitopfer. Das könne auch beim Kunsttunnel der Fall sein, da in dessen Umfeld schon vor dem großen "La Strada"-Wochenende auch Verkehrsschilder herausgerissen wurden, aber das sei eben nur eine Vermutung, sagt die Referentin. "Wir können im Moment nicht sagen, ob es ein gezielter Anschlag auf Büsens Kunst gewesen ist. Wir versuchen jetzt jedenfalls, zu sortieren, was da genau passiert ist und herauszubekommen, wer das gewesen ist. Die Polizei ermittelt".

Wie derlei unterbunden werden könnte, dafür sieht Nowak momentan nicht die rechtliche Handhabe: "Das ist eine gesetzliche Frage". In Zuschriften an die Redaktion hatten Leserinnen und Leser etwa gefordert, Missetäter per Videokameras wie sie zur Überwachung von Wildtieren eingesetzt werden, zu überführen. Das gilt etwa für Verursacher wilder Müllkippen, die neuerdings mit drastischeren Sanktionen belegt werden. Schließlich wird auch der Bahnhofsvorplatz engmaschig sicherheitstechnisch überwacht. Jedenfalls seien mittlerweile alle zuständigen Akteure informiert und mit ins Boot geholt, die Polizei, das Amt für Straßen und Verkehr und auch das Ortsamt sei bereits informiert, sagt Nowak.

Die Nutzung des Kunsttunnels nun ganz aufzugeben sei keine Option. Ohnehin seien seit Februar schon Maßnahmen eingeleitet worden, um den Schimmel im Kunsttunnel zu beseitigen und zu überprüfen, welche Materialien dort aufgebracht werden könnten. "Auch das bedeutete allerdings einen detaillierten Genehmigungs- und Abstimmungsprozess. Wir sind bereits auf einem guten Weg in Richtung Sanierung", sagt Nowak. Nun habe sich allerdings  noch einmal eine völlig neue Situation ergeben. Vor der Breminale, die Mitte Juli beginnt, werde die Sanierung nicht mehr durchgeführt werden können. Eines sei jedenfalls sicher: Die Vandalen sollten nicht Überhand behalten, resümiert Nicole Nowak.

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