Zu Beginn des Schuljahres konnten an den Schulen der Stadt Bremen 72 Lehrerstellen nicht besetzt werden. Doch der Lehrermangel verteilt sich nicht gleichmäßig, sondern tritt geballt in bestimmten Stadtteilen auf. Besonders einige Schulen in Randlagen und Brennpunkt-Gebieten haben mit großen Löchern zu kämpfen. An manchen Grundschulen ist derzeit jede vierte Stelle unbesetzt. Schulen mit offenen Stellen oder Personalausfällen können Lehramts-Studenten als Aushilfslehrer akquirieren. Es komme immer wieder vor, dass Studierende wegen akuter Personalnot trotz ihrer fehlenden Ausbildung als Klassenleitung eingesetzt werden, bestätigen GEW und Personalrat Schulen.
Weil in Bremen und bundesweit Pädagogen händeringend gesucht werden, können Lehrkräfte sich aussuchen, wo sie eine Stelle annehmen. Und dabei sind erfahrungsgemäß zentral gelegene Schulen in bürgerlichen Quartieren beliebter als Schulen mit langen Anfahrtswegen, die zudem in benachteiligten Gebieten liegen. Auch Schulen ohne eigene Oberstufe und Förderzentren haben laut Bildungsressort oft mehr Probleme bei der Personalsuche. Zuletzt stellten die Wissenschaftler Till-Sebastian Idel und Natascha Korff in einer Studie zur Inklusion fest: Insbesondere in manchen sozial benachteiligten Ortsteilen sei es schwer, "überhaupt qualifiziertes Personal für Schule und Inklusion zu gewinnen."
100 von 456 Stunden unbesetzt
"Das ist ein Riesenproblem", sagt Ute Lesniarek-Spieß, Schulleiterin der Grundschule auf den Heuen. "Momentan können wir 100 von 456 uns zugewiesenen Stunden nicht abdecken, das sind 3,5 Stellen." Für eine weitere offene Stelle habe die Schule gerade wahrscheinlich eine Bewerberin gewonnen. "Wir haben ihr unsere Schule so schmackhaft gemacht, wir hoffen, dass es klappt."
Die Schule auf den Heuen sei in Gröpelingen bei weitem nicht die einzige mit großen Lücken, sagt Lesniarek-Spieß. Oft sei es im Stadtteil sogar schwer, studentische Aushilfen zu bekommen: „Mittlerweise haben die Studierenden auch bemerkt, dass sie oft mit ihren wenigen Stunden als Klassenleitungen eingesetzt werden oder sehr viel Eigenverantwortung tragen." Ohnehin stellt Lesniarek-Spieß klar: "Unsere Kinder haben ein Anrecht auf einen qualitativ hochwertigen Unterricht, es kann nicht angehen, dass Studierende der Ersatz sind." An ihrer Schule hat ein Großteil der Kinder Sprachförderbedarf: "Und die Eltern haben oft selbst kaum eigene Erfahrung mit Bildung und können wenig weitergeben."
"Man scheut sich, das umzusetzen"
Konkret wird der Personalrat Schulen: Der größte Personalmangel zeige sich an drei Grundschulen, der Schule Überseestadt, der Schule auf den Heuen und der Helene-Kaisen-Schule, sagt Jörn Lütjens, Vorsitzender des Personalrats Schulen. Dort sei knapp jede vierte Stelle unbesetzt. Und an insgesamt acht Grundschulen sei mindestens jede 10. Stelle offen. Bei den Oberschulen hätten unter anderem mehrere Standorte in Nord größere Lücken. „Gerade die Schulen, die man besonders gut ausstatten müsste, haben oft eine geringere Versorgung", sagt Lütjens. "Es müsste eine Art Vorgriffsrecht für die Bedarfsschulen geben." Dazu gebe es in der Behörde auch Ideen: "Aber man scheut sich, das umzusetzen.“
Schulen kürzen Ganztag
„Weil es so viele freie Stellen gibt, kann sich jeder die Schule aussuchen, die ihm passt“, sagt Schulleiterin Lesniarek-Spieß. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass es seitens der Behörde keine Möglichkeit gibt, das Personal besser zu verteilen." Es würden weder erfahrene Lehrkräfte an Schulen mit großen Lücken abgeordnet noch Referendare dort vorrangig verpflichtet. "Es gibt überhaupt keine Steuerung." In der Folge sei die Personalnot an einzelnen Schulen so groß, dass manche bereits ihr Ganztagsangebot gekürzt hätten.
Die Bildungsbehörde betont, dass man bis Februar im Vergleich zum Start des Schuljahres Personal hinzugewinnen und deutlich mehr Stellen besetzen konnte. Dadurch habe sich die Unterrichtsversorgung leicht verbessert, sagt Behördensprecherin Maike Wiedwald. "Wir bemühen uns, Studierende mit Bachelor-Abschluss an Schulen zu binden, die Personal brauchen, damit sie dort ihr Referendariat machen und bleiben", so Wiedwald. Die Behörde arbeite eng mit den Schulen mit hohem Bedarf zusammen: "Die Schulaufsicht hat einen Überblick über Bewerber, sie kann steuernd eingreifen und Bewerber auf bestimmte Schulen aufmerksam machen und ihnen dort Hospitationen ermöglichen, damit sie einen Eindruck gewinnen.“