Bremen drohen starke Verkehrsbehinderungen und Staus. Die Autobahnbrücke im Verlauf der A 27 über die Lesum in Richtung Süden muss schneller als gedacht gesperrt und saniert werden. Vorerst für mehrere Monate. Das haben Brigitte Pieper, Chefin des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV), und Jens Deutschendorf, Staatsrat im Bremer Verkehrsressort, am Dienstagnachmittag angekündigt.
„Wir müssen den Verkehr so schnell wie möglich von der Brücke runternehmen“, sagt Deutschendorf. Der Grund: Bei aktuellen Nachrechnungen für die Brücke sind „erhebliche Defizite bei der Tragfähigkeit der Brücke“ festgestellt worden. Die tragenden Stahlträger weisen Schäden wie Risse, Mulden und aufgeplatzte Blasen auf.
Der Plan der Behörden sieht vor, dass die Fahrspur nach Bremen und Hannover komplett gesperrt wird. Der Verkehr soll auf die andere Hälfte der Brücke umgeleitet werden. Derzeit führt die A 27 in beiden Richtungen jeweils dreispurig über den Fluss. Für Autos und Lastwagen wird es in nächster Zeit in beiden Richtungen zweispurig an der Baustelle vorbeigehen.
Zudem wird ein allgemeines Tempolimit sowie ein Überholverbot und 50-Meter-Abstandsgebot für Lastwagen eingerichtet. Derzeit werden vorbereitende Maßnahmen getroffen. Ab dem 17. Dezember, der 51. Kalenderwoche, soll dicht gemacht werden. Wie lang die Teilsperrung anhält, ist noch unklar. Betroffen ist derzeit der älteste Teil der Brücke, die aus drei Bauwerken besteht.
Der Bau der Konstruktion erfolgte laut Thomas Sauer, Abteilungsleiter für Brücken- und Ingenieurbau beim ASV, schrittweise in den Jahren 1949, 1956 und 1973. Die verbauten Materialien waren für gut 80 Jahre ausgelegt. Doch damals habe noch niemand damit gerechnet, dass der Schwerlastverkehr auf den Autobahnen so stark zunehme. Die Ergebnisse für die Lesumbrücke seien „eine böse Überraschung gewesen“, so Sauer.
Neubau könnte 20 Millionen Euro kosten
Da die Stahlträger aus dem Jahr 1949 nach den ersten Prüfungen nicht mehr tragfähig genug sind, soll das Material in allen Hauptträgern nun genauer geprüft werden. „Wir müssen dann schauen, was geht“, sagt Sauer. Es müsse geklärt werden, ob die Brücke verstärkt werden oder ein Neubau her muss. Mit einem Ergebnis rechnen die Brückenbauer in der ersten Jahreshälfte 2019.
Es gebe auch die Option, dass die Brückenbauer das alte Bauwerk statisch so ertüchtigen, das es zumindest in Teilen wieder für den Verkehr freigegeben kann. Das weitere Vorgehen des ASV sieht vor, dass sofort ein Brückenneubau geplant wird, teilt Sauer mit. Ein Neubau könnte schätzungsweise gut 20 Millionen kosten. Über die Autobahnbrücke fahren laut ASV derzeit täglich rund 78 000 Fahrzeuge, davon etwa 5800 Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen.
Zuständig für die Autobahnbrücken ist der Bund, der das Amt für Straßen und Verkehr aber damit beauftragt hat, die Brücken zu prüfen. „Sicherheit hat immer die höchste Priorität“, sagt Staatsrat Deutschendorf. Er sei froh, dass die Kontrollen sorgfältig seien und das ASV „schnell und umsichtig“ gehandelt habe. Das Problem der alternden Infrastruktur und der Zunahme der Verkehrsbelastungen in den vergangenen Jahrzehnten werde hier erneut sichtbar.
Durch die anstehenden Bauarbeiten wird die marode Brücke vor allem für die zahlreichen Pendler in die Innenstadt zu einem Nadelöhr. Ausweichmöglichkeiten wären im Falle einer Teil- oder Komplettsperrung die Burger Heerstraße oder der Weg über Ritterhude. Bei beiden Umleitungen würde dies zu einer massiven Überlastung von kleineren Straßen führen. Man versuche die „leider notwendigen Einschränkungen auf dieser Strecke“ so gut und so schnell wie möglich zu kompensieren, so Deutschendorf.
Auch die Stephanibrücke muss neu errichtet werden
Der schlechte Zustand der Brücken in Bremen ist seit Jahren ein Dauerthema. In den vergangenen Jahren sind unter anderem die Brücke Heinrich-Plett-Allee über die Bundesstraße 6, die Lesumbrücke in Burglesum (Burger Brücke), die Wümmebrücke Ritterhuder Heerstraße oder die Brücke Braut-Eichen in Bremen-Nord komplett neu gebaut worden. Gerade begonnen hat der Neubau der Ochtumbrücke an der Autobahn 1, im Jahr 2020 soll die Querung über die Varreler Bäke erneuert werden.
Doch damit nicht genug: Neben der Weserbrücke und der Mahndorf-Brücke („In den Ellern“) auf der Autobahn 1 muss in etwa 20 Jahren auch die Stephanibrücke über die Weser neu errichtet werden. Mit aufwendigen Sanierungsarbeiten haben Bremens Brückenbauer alles dafür getan, damit die Brücken 20 Jahre länger standhalten. Spätestens dann müssen Neubauten her. Da die Stephanibrücke Mängel aufweist, wurde vom ASV ein engmaschiges Monitoring aufgesetzt und Maßnahmen wie Überholverbot, Abstand für Lastwagen oder einen schmaleren Fuß- und Radweg getroffen.
Für die Brücken in Bremen gelten wie in ganz Deutschland Auflagen mit jährlichen Prüfzyklen in unterschiedlicher Intensität, die der Bund vorgibt. Insgesamt ist das Amt für 2200 Bauwerke von Tunnel bis Treppen in Bremen zuständig, in dieser Liste enthalten sind 760 Brücken. Bis zu 100 Brücken im Land Bremen müssen in den nächsten Jahren repariert werden, hatte der Senat vor Monaten bekannt gegeben. Bei rund 30 Brücken bestehe sogar dringender Handlungsbedarf, hieß es.