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Uneinigkeit zum Umgang mit der AfD Mäurer kritisiert Verfassungsschutz

Nach den Vorfällen in Chemnitz hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die Referatsleiter der Verfassungsschutz-Landesämter eingeladen. Bremens Innensenator findet dies "völlig unangemessen".
06.09.2018, 19:23 Uhr
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Mäurer kritisiert Verfassungsschutz
Von Ralf Michel

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) übt harsche Kritik am Bundesamt für Verfassungsschutz. "Eine völlig unangemessene Reaktion“, kommentiert er das vom Bundesamt anberaumte Treffen von Fachleute aus den Verfassungsschutzämtern der Länder Ende November/Anfang Dezember, bei dem der Umgang mit der AfD Thema sein soll. An sich eine notwendige Diskussion, findet auch Mäurer. Aber das Treffen ist auf der sogenannten Arbeitsebene angesetzt, teilnehmen sollen die Referatsleiter der Landesämter. Nach den Ereignissen von Chemnitz und angesichts der grundsätzlichen Brisanz dieses Themas sollten die Leiter der Landesämter für Verfassungsschutz zusammenkommen, sagt Mäurer. Und dies auch nicht erst im Dezember, sondern kurzfristig.

An diese Forderung knüpft Mäurer eine klare Erwartungshaltung: „Wir müssen uns zum Umgang mit der AfD mit dem Bund über das weitere Vorgehen verständigen.“ Gefragt seien dabei weder Aktionismus noch Schnellschüsse, betont Bremens Innensenator. Doch es reiche auch nicht, immer nur weiter Material zu sammeln.

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Das von Mäurer kritisierte Treffen der Referatsleiter ist nur ein Detail in der derzeitigen Debatte um den Umgang mit der AfD, aber es zeigt, dass es beim Verfassungsschutz zu diesem Thema alles andere als rund läuft zwischen Bund und Ländern. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am Mittwoch von „tief greifenden Meinungsverschiedenheiten“. Aus Sicht mancher Länder stehe das Bundesamt zur Frage nach einer härteren Gangart gegenüber der AfD auf der Bremse, die Rede ist von „Hinhaltetaktik“.

Jungen Alternative wird künftig observiert

„Das ist zutreffend“, bestätigt Mäurer den Bericht. Auf welchem Kurs sich das Bundesamtes bewege, zeige auch der Umgang mit der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD. Wie berichtet hatte Bremen Anfang dieser Woche verkündet, die JA künftig vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) observieren zu lassen. Nach einer fast einjährigen Überprüfung kam der Verfassungsschutz zu dem Schluss, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es sich bei der AfD-Jugendorganisation in Bremen um eine rechtsextremistische Bestrebung handelt. Daraufhin wurde die Junge Alternative zum Beobachtungsobjekt des LfV hochgestuft.

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Bremen habe den Umgang mit der Jugendorganisation schon früh auf die Tagesordnung gesetzt und dies offiziell kommuniziert, auch gegenüber dem Bund, berichtet Innensenator Mäurer. „Doch darauf gab es keinerlei Reaktion.“ Folge davon: Bremen und Niedersachsen verkündeten in dieser Woche die Beobachtung der JA ohne das Bundesamt für Verfassungsschutzes vorab zu informieren. „Natürlich hätte man das auch in Kooperation mit dem Bundesamt machen können“, sagt Mäurer. „Wenn man dort denn interessiert an diesem Thema gewesen wäre.“

Was letztlich das Bild aber nur abgerundet habe: Schon vor einem Jahr sei man übereingekommen, dass die einzelnen Länder versuchen sollten, den Bund umfassend zu den jeweiligen Aktivitäten der Jungen Alternative zu unterrichten. „Seither habe ich davon nichts mehr gehört“, berichtet Mäurer. Natürlich müsse berücksichtigt werden, dass die Situation in jedem Bundesland anders sei. „Aber ich habe insgesamt nicht den Eindruck, dass dieses Thema auf Bundesebene besonders gefördert wird.“

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Und so ist denn in Bremen auch eine weitere Entscheidung vergleichsweise weit gediehen. Nach den Ergebnissen der Überprüfung der Jungen Alternative soll nun geklärt werden, inwieweit auch die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden muss. Für den Innensenator der logische nächste Schritt. So, wie es personelle Verbindungen zwischen der als rechtsextremistisch eingestuften Identitären Bewegung und der Jungen Alternative gebe, die letztlich ein entscheidender Faktor für die beschlossene Observierung der JA wurde, gebe es auch personelle Übereinstimmungen zwischen der JA und dem AfD-Landesvorstand. „Das ist unser Ansatzpunkt, den wir rechtlich überprüfen.“

Auch Thüringen will die AfD überwachen

Allein steht Bremen damit nicht. Nach übereinstimmenden Medienberichten vom Donnerstag will auch der Thüringer Verfassungsschutz die AfD ab sofort systematisch auf verfassungsfeindliche Bestrebungen hin prüfen. Wie das Verfahren in Bremen zur Jungen Alternative bedeutet dies noch keine Beobachtung durch den Verfassungsschutz, sondern lediglich die Vorstufe zu einer möglichen Observierung. Der Verfassungsschutz sammelt offen zugängliches Material über den von Björn Höcke geführten Landesverband, wertet es aus und entscheidet dann, ob die AfD in Thüringen zum Beobachtungsobjekt wird. Dafür gibt es rechtlich festgelegte Kriterien. Von Bedeutung sind hierbei unter anderem die Mitgliederstruktur, die etwaige Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten oder auch Äußerungen von Parteimitgliedern.

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