Noch ist es nur ein Vorschlag für eine Verständigung, aber angesichts der bisherigen Geschichte dieses Prozesses könnte am Freitag im Landgericht tatsächlich der Durchbruch gelungen sein. Denn erstmals liegen konkrete Zahlen zur möglichen Bestrafung der drei Brüder aus einem Familienclan in Bremerhaven vor. Dem Trio wird vorgeworfen, bei einer Verkehrskontrolle im Juli 2017 Polizisten attackiert und verletzt zu haben. Nicht nur deshalb stehen sie vor dem Richter, verhandelt werden bei dieser Gelegenheit gleich mehrere Anklagen. Auch dabei geht es um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung.
Der Prozess stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Zunächst brauchte die Justiz zu lange, um einen Verhandlungstermin zu finden. Den Angeklagten klagten sich deshalb mit Erfolg aus der Untersuchungshaft. Im September 2018 wurde der Prozess dann eröffnet, musste nach 13 Verhandlungstagen aber im März 2019 abgebrochen werden – die Verteidigung lehnte mit Erfolg einen der Schöffen als befangen ab. Nicht auszuschließen, dass dieser private Kontakte zu den Opfern bei der Polizei hatte. Außerdem soll er Interna aus dem Verfahren in seiner Nachbarschaft ausgeplaudert haben.
Nun also im Januar 2020 der nächste Versuch. Aus den ehemals fünf Angeklagten sind inzwischen drei geworden. Das Verfahren gegen eine mitangeklagte Schwester der Männer wurde eingestellt, verbunden mit der Auflage, 150 Arbeitsstunden abzuleisten, die sie inzwischen erfüllt hat.
Polizisten verletzt
Ebenfalls eingestellt wurde das Verfahren gegen einen weiteren Bruder. Eine mögliche Verurteilung in Bremen wäre angesichts einer anderen Strafe nicht ins Gewicht gefallen: Der Mann wurde im November vom Landgericht Stade als Kopf einer Einbrecherbande zu neun Jahren und einem Monat Gefängnis verurteilt.
Den verbliebenen drei Angeklagten werden bis zu sieben Straftaten zur Last gelegt. Am meisten ins Gewicht fallen dabei gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung. Trotzdem könnte einer der Männer nach Auffassung von Gericht und Staatsanwaltschaft mit einer Bewährungsstrafe davonkommen, wenn er reinen Tisch macht. So zumindest das Angebot am Freitag nach dreistündigem Verständigungsgespräch der Prozessbeteiligten hinter verschlossenen Türen.
Die beiden anderen Angeklagten können – ebenfalls im Gegenzug für ein umfassendes Geständnis – mit einem Strafrahmen von knapp über zwei bis zweieinhalb Jahren rechnen. Zu viel, um noch auf Bewährung entlassen zu werden. Für einen der beiden wird es aber ohnehin eine lange Haftstrafe. Er wurde vor Kurzem in einem anderen Verfahren in Bremen zu zweieinhalb Jahren verurteilt. Diese Strafe ist noch nicht rechtskräftig, würde aber mit dem Urteil aus dem jetzigen Prozess zu einer Gesamtstrafe zusammengefügt. Auch hierfür gibt es einen Verständigungsvorschlag: insgesamt zwischen dreieinhalb sowie vier Jahren und drei Monaten Haft.
Ob die Angeklagten diesen Angeboten zustimmen, beraten sie nun mit ihren Verteidigern. Tun sie es, könnte der Prozess vergleichsweise schnell beendet werden. Andernfalls wird strittig weiterverhandelt. Insgesamt 20 Prozesstage sind bislang eingeplant, der nächste am Freitag, 24. Januar, ab 9 Uhr.