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Neuer Spürhund in JVA Bremen Ein feines Näschen für Rauschgift hinter Gittern

Daran, dass "Günni" der Rauschgiftspürhund der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen wird, war bis vor gar nicht langer Zeit nicht zu denken. Ganz im Gegenteil. Doch dann war da eine aufmerksame Amtstierärztin.
19.07.2025, 05:00 Uhr
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Ein feines Näschen für Rauschgift hinter Gittern
Von Ralf Michel

Ohne ihm zu nahe treten zu wollen, man darf wohl behaupten, dass "Günni" nicht eben der beliebteste Justiz-Mitarbeiter im Gefängnis Oslebshausen ist. Zu sagen, dass zahlreichen Insassen seine Nase nicht passt, wäre in diesem Zusammenhang noch eine sehr milde Formulierung. Brächte die Sache aber wortwörtlich auf den Punkt: Günni ist der neue Rauschgiftspürhund der Bremer Justizvollzugsanstalt (JVA).

Zentralgebäude der JVA, erstes Obergeschoss, Einzelhaftraum 1075: Hundeführer David Härmens hat ein Tütchen Cannabis in der Zelle versteckt. In einem Marmeladenglas hinter dem Kühlschrank. Günni soll zeigen, was er kann. Aber vorher erst noch ein Ritual: der Halsbandwechsel. Noch trägt Günni sein normales Halsband, das zum Gassigehen. Wenn er Drogen suchen soll, legt ihm Härmens ein andersfarbiges Halsband an. Für jede Aufgabe ein Halsband. Günni weiß das. Erst wenn er das Suchhalsband trägt, beginnt sein Job.

Zunächst aber legt sein Herrchen ihn direkt vor dem Bereich ab, den er gleich durchsuchen soll, in diesem Fall die Zelle. "Ich gehe voran, um zu schauen, ob da gefährliche Sachen herumliegen, ein Messer zum Beispiel", erklärt Härmens. Kurz darauf gibt er dem Hund ein geheimes Kommando, und dann gibt es kein Halten mehr. Günni prescht los. Rauf aufs Bett und wieder runter. In die Ecke, ans Regal, zum Schrank, noch mal aufs Bett und zurück zum Regal. Direkt daneben steht der Kühlschrank und schon hat Günni etwas erschnuppert.

Plötzlich erstarrt der Hund

Das Ganze hat nicht länger gedauert als knapp 30 Sekunden. Jetzt steht der Hund wie eingefroren, seine Nase zeigt in Richtung der versteckten Drogen. Sozusagen die Hohe Schule der Ausbildung von Spürhunden: "Hingucken allein reicht nicht, er soll den Drogenfund auch zeigen", erklärt Härmens. Früher geschah das durch Bellen oder aufgeregtes Kratzen am Fundort – der "aktiv anzeigende Hund". Der nur leider nicht selten den Fund zerstörte, nebst allen verwertbaren Spuren. Heute wird zum "passiv anzeigenden Hund" ausgebildet: Er geht immer noch mit dem Kopf hin, wenn er etwas gefunden hat. Dann aber soll er erstarren und seinem Herrchen dadurch zeigen, wo die Drogen versteckt sind.

Als Belohnung holt Härmens eine Beißwurst raus. Der Hund schnappt zu und zerrt voller Eifer daran, wird dabei ein paar Mal spielerisch von seinem Herrchen in die Luft gezogen. Keine Frage: Drogen suchen ist toll, aber an der Beißwurst zu zerren ist toller.

Günni ist ein Malinois, ein belgischer Schäferhund, zwei Jahre alt und kommt frisch aus einer knapp dreimonatigen Ausbildung, die im Zuge der Amtshilfe bei der Bereitschaftspolizei erfolgte. Günni kann alle handelsüblichen Betäubungsmittel, erzählt sein Herrchen. Cannabis, Kokain, Heroin, Ecstasy, Opiate, Crystal Meth... Mitte Mai hat er seinen Dienst in der JVA Oslebshausen angetreten. Als Nachfolger von "Kalle", der Anfang Juni mit fast zwölf Jahren in den Ruhestand gegangen ist.

Auch dessen Führer war David Härmens. Womit Günni und sein Vorgänger sich täglich begegnen, denn Kalle verlebt seinen Ruhestand dort, wo er sein ganzes Leben verbracht hat und wo nun Günni dazugestoßen ist – in der Familie von Härmens. Ist so vorgeschrieben. Sie bleiben zwar "Diensthunde", sind aber, und so steht es wörtlich in der Ausschreibung, ein "vollwertiges Familienmitglied" in "sozial geordneten Verhältnissen".

Wir finden eigentlich jedes Mal etwas, wenn wir rausgehen.
Hundeführer David Härmens

Im Einsatz ist Günni jeden Tag. In den Hafträumen, Werkstätten und Lagern der JVA, aber auch auf dem Freigelände im Innenhof, Stichwort "Mauerwürfe" – ein Gutteil der Drogen gelangt auf diese Weise in die JVA. "Wir finden eigentlich jedes Mal etwas, wenn wir rausgehen."

Reichlich zu tun also für Günni. Zumal er der einzige Drogenspürhund der JVA ist, zuständig nicht nur für Bremen, sondern auch für das Gefängnis in Bremerhaven. Umso aufmerksamer achtet Härmens darauf, dass sein Hund ausreichend Pausen bekommt. Gesucht wird nach Möglichkeit nie länger als 40 Minuten am Stück. Bei aller Begeisterung, mit der Günni am Werk ist – das Schnüffeln ist anstrengend für ihn, heizt zum Beispiel seine Körpertemperatur hoch.

Dass Günni als Drogenspürhund in der JVA arbeitet, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Ganz im Gegenteil. Letztlich verdankt er seinen Job einer aufmerksamen Amtstierärztin. Die hatte Härmens auf den damals 17 Monate alten Hund hingewiesen, der zu diesem Zeitpunkt im Tierheim untergebracht war. Er war seinen vorherigen Besitzern weggenommen worden, die ihn alles andere als artgerecht behandelt hatten.

Die Justizbehörde kaufte den Hund. Anschließend begann für ihn eine sechswöchige Probezeit, in der es herauszufinden galt, ob er den anstehenden Aufgaben gewachsen war. "Geht er in dunkle Räume? Hat er Angst vor Treppen? Wie reagiert er, wenn etwas umfällt?", zählt Härmens ein paar der Tests auf, die Günni bestehen musste. Am wichtigsten aber sei der Spieltrieb. "Der ist alles. Wenn er den nicht hat, geht nichts."

Spezialgenehmigung für Herrchen

Alles kein Problem für Günni. Die Probezeit verlief erfolgreich, direkt danach begann seine Ausbildung bei der Polizei. Die wird, auch wenn er inzwischen in der JVA im Einsatz ist, mit regelmäßigen Prüfungen fortgesetzt. Und natürlich mit Training. "Seine Suchkondition muss trainiert werden", erklärt David Härmens. Auch an Wochenenden, was seinem Herrchen eine sehr spezielle Erlaubnis beschert, ausgestellt von der Bundesopiumstelle: die Sondergenehmigung zum Umgang mit Betäubungsmitteln. Damit Günni auch außerhalb seiner Arbeitszeit das Erschnüffeln von Rauschgift üben kann, darf Härmens unterschiedliche Drogen im Haus haben. "Kleinste Mengen, versteht sich!"

Zeit für ein bisschen frische Luft. Diesmal versteckt Härmens die Drogen im Außenbereich der JVA in einer der Skulpturen, die neben ein paar Sportgeräten stehen. Ein beliebter Treffpunkt für Häftlinge. Günni zerrt mit allem, was er hat, an der Leine. "Der Wind weht ihm den Geruch schon in die Nase", erklärt sein Herrchen. Hilft aber nichts, erst kommt die Routine: ablegen, Halsband wechseln – Günni gehorcht aufs Wort. Dann aber gibt es kein Halten mehr. Von Suchen kann eigentlich keine Rede sein, der Malinois prescht sofort auf die Skulpturen los und erstarrt vor einer von ihnen. "Jawoll", lobt sein Herrchen und holt die Beißwurst raus, auf die sich Günni mit gleicher Begeisterung stürzt. "Das ist jetzt reiner, purer Spieltrieb", sagt Härmens. Und überlässt Günni die Beißwurst. Zur Belohnung darf er sie auf dem Rückweg tragen.

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