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Lage in Bremen Risiko für Long Covid nimmt ab

Fatigue, Hirnnebel, Konzentrationsprobleme und chronische Müdigkeit: Bei welchen Menschen das Risiko für Long Covid abnimmt, welche Rolle dabei Impfungen spielen und wo es Anlaufstellen in Bremen gibt.
06.08.2024, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Risiko für Long Covid nimmt ab
Von Sabine Doll
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Schwere Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Atemnot: Nach einer Corona-Infektion können die gesundheitlichen Probleme noch lange anhalten. Laut Experten geht das Risiko zurück.

Wie viele Menschen sind in Bremen an Long Covid erkrankt?

Ein zentrales Register gibt es nicht. Im Januar 2023 hatte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bremen ein Long-Covid-Behandlernetzwerk eingerichtet. Patienten konnten etwa an Herzspezialisten, Lungenfachärzte, Neurologen oder Psychotherapeuten aus dem Netzwerk weitergeleitet werden. Seit einem Monat ist dieses eingestellt, Grund sei die sinkende Nachfrage, teilt die KV mit. „Seit Sommer vergangenen Jahres haben kaum noch Patienten das Vermittlungsangebot angefragt.“ Von Mitte Mai bis Juni habe es nur eine Anfrage gegeben. Insgesamt waren es seit dem Start 318 Anfragen, 171 Patienten seien an Ärzte vermittelt worden.

Covid-19 kann als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn man sich am Arbeitsplatz infiziert hat. Wie ist die aktuelle Entwicklung?

Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wurden seit Pandemiebeginn bis Ende 2023 bundesweit 356.682 Fälle als Berufskrankheit anerkannt – in Bremen waren es 4034, in Niedersachsen 30.548 Fälle. Die Höchststände wurden laut der Statistik in allen Bundesländern im Jahr 2022 erreicht: in Bremen und Niedersachsen mit jeweils 2323 und 15.743 Fällen. Im vergangenen Jahr sind sie in Bremen auf 709 und in Niedersachsen auf 6941 Fälle gesunken. Bei einer anerkannten Berufskrankheit übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten etwa für Heilbehandlung, Reha oder Unfallrente, was insbesondere bei Langzeitfolgen zum Tragen kommt.

Wie groß ist das Risiko zu erkranken?

Laut einer Studie der Washington University St. Louis (USA), über die die "Welt" berichtet, ist das Risiko gesunken. Die Forscher werteten Millionen Krankenakten von Menschen aus, die sich seit 2020 mit den verschiedenen Virusvarianten infiziert hatten. Omikron scheine demnach deutlich weniger mit Langzeitfolgen behaftet zu sein. „Jede Variante hat ihren eigenen Fingerabdruck“, wird Ziyad Al-Aly, Studienautor und einer der führenden Long-Covid-Forscher, zitiert. Sehr viel deutlicher noch habe sich der Effekt von Impfungen bemerkbar gemacht. Der Forscher warnt: "Wenn wir auf die Impfungen verzichten, wird das Risiko wahrscheinlich wieder steigen."

Die Münchner Virologin Ulrike Protzer sagte im Interview mit der Helmholtz-Gemeinschaft: „Wir gehen davon aus, dass die Fallzahlen inzwischen um 20 bis 50 Prozent niedriger liegen als in der Anfangsphase. Aber klar ist auch: Long Covid ist nicht weg.“ In den allermeisten Fällen klinge Long Covid tatsächlich wieder ab, auch wenn es manchmal länger dauere. In einer kleinen Minderheit gebe es aber Fälle, in denen dies nicht so sei. Diese dürften nicht vernachlässigt werden.

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Welche Erfahrung machen Reha-Träger bei der Behandlung von Long Covid-Patienten?

In der BG Ambulanz Bremen der gesetzlichen Unfallversicherung werden Long Covid-Patienten betreut, bei denen die Infektion als Berufskrankheit anerkannt wurde: „Im April 2021 haben wir eine Sprechstunde eingerichtet und seitdem 800 Patienten gesehen“, sagt Stefan Dalichau, Leiter der Rehabilitation und Versorgungsforschung. „In 85 Prozent der Fälle war das Hauptsymptom Fatigue, also schwere Erschöpfung, häufig begleitet von kognitiven Defiziten. Die meisten hätten bereits etliche Therapien absolviert.“

Bis Ende 2022 sei in der ambulanten Reha ein kurativer Ansatz verfolgt worden, also Long Covid zu heilen. „Das Krankheitsbild ist aber so komplex, insbesondere bei den sehr schweren Fällen, dass es wie bei anderen chronischen Erkrankungen um einen edukativen Ansatz geht. Das ist allgemein derzeit der Goldstandard, dieser Ansatz ist zielführender“, erklärt Dalichau. Die Betroffenen lernten den Umgang mit den Beschwerden sowie die Akzeptanz der Erkrankung – neben Ergo- und Physiotherapie sowie kognitiven Trainingsübungen sei psychotherapeutische Unterstützung eine wichtige Säule. „Auch wir stellen fest, dass die Nachfragen abebben“, so Dalichau.

Wo können sich Betroffene beraten lassen?

In Bremen gibt es neben Haus- und Facharztpraxen kein zentrales Beratungsangebot. Informationen zu Selbsthilfegruppen sind beim Netzwerk Selbsthilfe (netzwerk-selbsthilfe.com) erhältlich.

In Niedersachsen haben die Medizinische Hochschule Hannover und die Universitätsmedizin Göttingen Ambulanzen eingerichtet. Anmeldungen sind laut Mitteilung durch die überweisenden Arztpraxen möglich. Die Landesregierung hat zudem mit der Krankenkasse AOK ein Beratungstelefon unter der Nummer 0511/120 2900 eingerichtet. Die Hotline stehe auch Personen offen, die mit Folgewirkungen nach einer Corona-Impfung (Post-Vac-Syndrom) zu kämpfen hätten, heißt es auf der Internetseite niedersachsen.de/coronavirus.

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