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Armin Laschet in Bremen "Die Klimawende braucht Kopf, weniger Kehlkopf"

Auf dem Bremer Marktplatz versuchte Unionskanzlerkandidat Armin Laschet am Donnerstag auch, auf Proteststimmen einzugehen – und überzeugte damit vor allem die eigene Anhängerschaft.
16.09.2021, 17:18 Uhr
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Von Joerg Helge Wagner

Boxer steigen mit diesem Soundtrack gerne in den Ring: "Eye of the Tiger" aus dem Film "Rocky III", erschienen 1982. Damals wurde Helmut Kohl erstmals Bundeskanzler – was Armin Laschet in zehn Tagen auch werden will. Die alte Rock-Hymne passt demnach zum Auftritt des Unionskanzlerkandidaten in Bremen, zumal die Atmosphäre auf dem Marktplatz am frühen Donnerstagnachmittag durchaus etwas von Box-Arena hat. Dafür sorgen zahlreiche Demonstranten aus dem linken Lager, die lautstark klar machen, dass sie Laschet keinesfalls als Kanzler wollen.

Der Mann aus Aachen nimmt die Sprechchöre mit rheinischer Gelassenheit – wie den leichten Regen, der punktgenau mit Beginn seiner Rede einsetzt. Doch Laschet ignoriert den Protest nicht einfach: Mehrfach bemüht er sich, darauf einzugehen. So verweist er darauf, dass er gemeinsam mit seinen Mitbewerbern Annalena Baerbock und Olaf Scholz den hungerstreikenden Klima-Aktivisten am Reichstag ein Gespräch angeboten habe – allerdings erst nach der Wahl, "in Ruhe". In Bremen schallt ihm dafür aus der Szene "Halt's Maul!" entgegen.

Rot-Grün-Rot - "ein großer Schaden für Deutschland

Dann also doch Lagerwahlkampf. "Die Bremer Erfahrung", sagt Laschet, "zeigt, dass die Sozialdemokraten  Rot-Grün-Rot machen, wenn es möglich ist". Das aber sei "ein großer Schaden für Deutschland", nicht zuletzt wegen der steuerpolitischen Vorstellungen dieser Parteien. "Nach einer Pandemie dürfen wir doch nicht gleich diejenigen belasten, die dann investieren sollen."

Beim Thema Klimapolitik, das er ziemlich früh angeht, versucht es Laschet noch einmal mit direkter Ansprache der Demonstranten: "Die Klimawende braucht Kopf, weniger Kehlkopf." Er sei ausdrücklich für klimaneutrale Stahlwerke, aber die müssten auf dem Weg dorthin auch kompetent unterstützt werden. Niemandem sei gedient, wenn die Industrie wegen unerfüllbarer Auflagen abwandere und der Stahl dann aus China oder Indien importiert werden müsse.

Richtig in Rage geraten die Protestler, als der amtierende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen sagt, dass dort "SPD und Grüne die Kohleparteien waren" – bis er diese Koalition 2017 abgelöst habe. "Wir werden sieben Braunkohle-Kraftwerke schließen", während Rot-Grün sich noch für einen Kohleabbau bis 2045 ausgesprochen habe und den Hambacher Forst dafür roden lassen wollte. Auf den Plakaten in Bremen wird dennoch Laschet als "Kohleknecht" und "krimineller Klimakiller" angegriffen.

Beim Thema innere Sicherheit wird es kurz etwas ruhiger

Etwas ruhiger wird es beim Thema innere Sicherheit, weil der Unionskandidat es mit der Gefährdung jüdischen Lebens verknüpft. Gerade erst sei in seinem Bundesland, in Hagen, ein Anschlag auf die Synagoge vereitelt worden – keine zwei Jahre nach dem Anschlag von Halle zum Yom-Kippur-Feiertag. Laschet versichert "allen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern" seine Solidarität und schlägt dann den Bogen zum Bremer CDU-Spitzenkandidaten Thomas Röwekamp: "Ich bin froh, dass er hier mit seiner Erfahrung als früherer Innensenator kandidiert." 

Die terroristischen Anschläge von Paris, Brüssel und Berlin hätten gezeigt: "Wir brauchen mehr Europa auch bei der inneren Sicherheit, auch im Austausch über Gefährder." Dieses Thema voranzutreiben sei eine Aufgabe für Röwekamp im nächsten Bundestag. Die Linke hingegen wolle den Verfassungsschutz abschaffen und verweigere der Bundeswehr das Mandat, Menschen zu retten, was "eine Schande" sei.

Doch auch die Grünen als potenzielle Koalitionspartner attackiert Laschet – ganz bewusst noch einmal beim Thema Klimaschutz: "Die führen doch meistens den Protest gegen neue Strom- und Bahntrassen an." Dabei brauche man doch schnellere Genehmigungsverfahren, wie es sie schon in den östlichen Bundesländern gebe. Ein Punkt, den vor Laschet schon Wiebke Winter aufgegriffen hatte. "Geplante Windräder müssen nach sechs Monaten stehen und nicht erst nach sechs Jahren", sagte die CDU-Kandidatin für Bremerhaven und Bremen-Nord, die zudem Mitglied in Laschets klimapolitischem Beraterteam ist.

Zum Ende seiner 25-minütigen Rede lobte Laschet die beiden "exzellenten Kandidaten in Bremen, um die Sie die ganze CDU beneidet". Röwekamp bedankte sich mit kämpferischen Schlussworten. Es gehe nicht um entweder/oder, etwa um Klima oder Arbeit: "Ich will das Klima retten und den Wohlstand erhalten - ich will nicht, dass Menschen durch Rot-Grün-Rot ihre Arbeit verlieren." Er sei auch gegen "rot-grüne Neiddebatten": "Nirgends ist die soziale Spaltung größer als in Bremen - das ist kein Modell für Deutschland." Mit Laschet als Kanzlerkandidat mache die CDU "ein Angebot aus der Mitte", betonte Röwekamp.

Mit der Nationalhymne aus Lautsprechern endete die Veranstaltung, danach zogen auch die Protestler ab. Nach einer knappen Stunde wehte nur noch gedämpfte Lounge-Musik von der Show-Bühne her über den Marktplatz.

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