In der Bremer Verwaltung des Lebensmittel-Konzerns Mondelez International muss offenbar wieder gezittert werden: Bis zu 50 weitere Stellen sollen gestrichen werden - und das trotz guter Geschäftszahlen.
Morgens eine Tasse Kaffee – und schon ist die Welt in Ordnung. So oder ähnlich mag einst für den Muntermacher geworben worden sein. Das war zu einer Zeit, in der beim Bremer Kaffeehersteller Jacobs Suchard Firmenpatriarch Klaus Jacobs noch selbst das Sagen hatte. Doch das gehört längst der Vergangenheit an: 1990 verkaufte Jacobs sein Unternehmen für etwa 6,4 Milliarden D-Mark an Philip Morris.Es folgten Umfirmierungen und Zusammenlegungen mit anderen Firmen, im Jahr 2000 war schließlich der US-Lebensmittel-Multi Kraft Foods geboren. Doch auch dieser Konzern sollte nicht für die Ewigkeit bestehen: 2012 spaltete Konzernlenkerin Irene Rosenfeld das Unternehmen in zwei eigenständige, börsennotierte Gesellschaften: die eine, zuständig für das nordamerikanische Lebensmittelgeschäft, unter dem Namen Kraft Foods. Die andere Firma heißt seither Mondelez International – und hat ihren Deutschlandsitz in Bremen, in der Stadt, in der vor fast 150 Jahren die Geschichte von Jacobs Kaffee ihren Lauf genommen hatte.
Seit es Mondelez International gibt, kann von einer geordneten Welt nicht mehr die Rede sein: Erst im vergangenen Jahr kündigte sich ein drastischer Jobabbau in der Verwaltung an der Langemarckstraße an. Zunächst sollte es nach Informationen dieser Zeitung dabei um 180 Arbeitsplätze gehen, im April wurde noch über
60 Stellen verhandelt. Die Zahl der Betroffenen soll aber weit über die offiziellen Angaben hinausgegangen sein: Vielen Angestellten sollen Angebote gemacht worden sein, auf deren Basis sie den Konzern freiwillig verließen.
Einkauf auf dem Prüfstand
Und der Jobabbau geht weiter: Nach übereinstimmenden Angaben stehen nun bis zu 50 Stellen in der Abteilung Einkauf auf dem Prüfstand. Dieser Bereich soll in Zukunft von Polen und England aus gesteuert werden. Auch wenn die Bremer Mitarbeiter die Prozesse kennen und die Abteilungen an den neuen Standorten wohl erst ganz neu aufgebaut werden müssen, sind die Kosten dort offenbar günstiger.
Die Abteilung Einkauf soll bereits am Montag von den Umstrukturierungsplänen informiert worden sein, für Mittwoch soll eine Belegschaftsversammlung in Bremen geplant sein, in der alle Mitarbeiter über die Maßnahmen in Kenntnis gesetzt werden. Dass der Verwaltungsstandort Bremen in seiner Gesamtheit in Gefahr ist, glauben Branchenkenner indes nicht. Strategisch wichtige Stellen müssten in der Deutschlandzentrale auch in Zukunft erhalten bleiben, heißt es.
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Dabei gehört Mondelez – das Unternehmen stellt unter anderem Milka-Schokolade und Philadelphia-Frischkäse her – zu den Konzernen, die regelmäßig Gewinne ausweisen. Das spiegelt sich auch bei den Aktienkursen wider: Innerhalb der vergangenen 24 Monate hat die Aktie eine ordentliche Entwicklung hingelegt – von gut 24 auf 42 Euro.
Dass es trotz der guten Zahlen Personalabbau gibt, hat offensichtlich einen anderen Grund: Die an Mondelez beteiligten Hedgefonds wollen noch mehr Profit aus ihren Beteiligungen ziehen. Und mehr Produkte zu verkaufen, ist kaum möglich: Der Schokolade- und Frischkäse-Markt in Europa ist gesättigt, Wachstum ist nur noch punktuell mit neuen Produkten möglich. Aber auch das reicht den Hedgefonds wohl nicht aus: US-Investor Nelson Peltz, der mit seinem Fonds Trian Fund Management aktuell drei Prozent an Mondelez hält, hat das im Juli noch einmal klargestellt und von Konzernchefin Irene Rosenfeld mehr Profitabilität verlangt.
Auch der milliardenschwere US-Investor William Ackman, der erst in diesem Sommer mit seinem Hedgefonds Pershing mit 5,5 Milliarden US-Dollar (fünf Milliarden Euro) bei Mondelez eingestiegen ist und nach eigenen Angaben 7,5 Prozent am Grundkapital des Konzerns hält, hat klare Vorstellungen: Mondelez müsse seinen Umsatz deutlich steigern und die Kosten kräftig senken – oder aber sich an einen Rivalen verkaufen, berichtete vor ein paar Wochen das „Wall Street Journal“. Mögliche Interessenten könnten Kraft Heinz oder Pepsico sein, schrieb die Zeitung.
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Fest steht: Mondelez hinkt seiner Konkurrenz hinterher. Der börsennotierte Schweizer Konzern Nestlé konnte seinen Platz als größter Lebensmittelhersteller der Welt in den vergangenen Jahren stets verteidigen. Auch Konzerne wie die Coca Cola Company und Danone werden noch vor Mondelez gehandelt.
Ob der Stellenabbau bei Mondelez in Bremen nun ein Ende der Negativschlagzeilen oder einen weiteren Zwischenschritt zu noch mehr Verlagerung ins Ausland darstellt, kommentierte das Unternehmen nicht. „Wir haben bekanntgegeben, dass wir beabsichtigen, unser Geschäft weiter umzustrukturieren“, heißt es in einer Stellungnahme. Und: Ziel sei, die Arbeitsabläufe und Prozesse weltweit einfacher, harmonisierter und effizienter zu gestalten.
Diese sogennanten Synergieeffekte könnten die Struktur von Mondelez in den nächsten Jahren wieder einmal deutlich verändern. In der Praxis sind diese Effekte meist gleichzusetzen mit nichts anderem als Personalabbau: Fusionieren zwei Unternehmen, werden in den meisten Fällen Bereiche wie der Einkauf, das Marketing und die Personalabteilung zusammengelegt – überschüssige Mitarbeiter werden entlassen oder mit Abfindungen aus dem Unternehmen gedrängt.
Dass Pepsico irgendwann ein möglicher Käufer für Mondelez sein könnte, ist nicht ausgeschlossen – immerhin wird den Investoren Peltz und Ackman eine langjährige Freundschaft nachgesagt. Und Peltz’ Hedgefonds ist passenderweise auch noch an Pepsico beteiligt.
Bemerkenswerter Kaufkandidat
Bemerkenswert ist allerdings, dass als ein weiterer Kaufkandidat auch der Konzern Kraft Heinz gehandelt wird: Denn das erst Anfang dieses Jahres gegründete Unternehmen ist aus der Fusion zwischen den US-Unternehmen Heinz Company (Heinz Ketchup) und Kraft Foods entstanden – dem früheren „Partner“ von Mondelez. Hinter der Heinz-Kraft-Foods-Fusion stecken der US-amerikanische Starinvestor Warren Buffett und die brasilianische Beteiligungsgesellschaft 3G.
Gänzlich auszuschließen wäre ein Zusammenschluss zwischen Mondelez und Kraft Heinz – das Unternehmen ist mit einem Umsatz von etwa 28 Milliarden Dollar der drittgrößte Nahrungsmittel- und Getränkekonzern in Nordamerika und die Nummer fünf weltweit – allerdings nicht: Nachdem Mondelez 2014 das Kaffeegeschäft mit dem Unternehmen D.E Master Blenders 1753 zusammenlegte, vermuteten Branchenkenner bereits, dass künftig auch die Lebensmittelsparte bei Mondelez auf den Prüfstand kommt. Und seit einiger Zeit fokussiert sich der Konzern vor allem auf das sogenannte „Snacking“-Geschäft mit Keksen, Schokolade und Süßwaren – und seine Marken wie Toblerone, Milka und Oreo.
Dieser Bereich gilt unter Experten als wirtschaftlich solider Markt, während das Lebensmittelsegment mit Ketchup, Mayonnaise, Soßen und Dressings eher geringes Wachstum verspreche. Eine künftige Zusammenlegung des Geschäfts mit dem Konkurrenten Heinz sei hier durchaus denkbar, spekulieren Branchenkenner schon seit längerem. Käme es tatsächlich zu einer Fusion, ist eines schon jetzt klar: Es wird Personal abgebaut – 3G gilt als knallharter Sanierer.