Der Bürgermeister geht durch die Stuhlreihen und gibt zur Begrüßung erst einmal jedem und jeder die Hand. Ein Profi, der weiß, wie er die Leute für sich einnehmen kann, jedenfalls in diesem Moment. Seinem Konkurrenten entgeht das nicht, er zieht nach, tritt ebenfalls den Gang durch die Reihen an. Nur ja nicht ins Hintertreffen geraten, und das gleich zu Anfang. Jeder Eindruck zählt.
So beginnt an diesem Abend das erste direkte Aufeinandertreffen von Andreas Bovenschulte und Frank Imhoff im Wettkampf vor der Bürgerschaftswahl am 14. Mai. Der ausgebuffte SPD-Grande und Bürgermeister gegen den jovialen Bürgerschaftspräsidenten von der CDU. Zwei Spitzenkandidaten. Wie werden sie sich schlagen?
Eingeladen hat die Handwerkskammer, der Saal im Haus ist voll, ausverkauft. Gekommen sind nicht nur Meister und Gesellen, sondern auch auffallend viele aus den Wahlkampfteams. Parteigänger als Premierenpublikum, das später Lob und Tadel verteilt. Auftritt gelungen? Chance vergeigt? Oder doch eher irgendetwas dazwischen? Licht und Schatten? Das wird nachher zu besprechen sein.
Die Kammer legt sich fest: "Zwei tolle Kandidaten", sagt Präses Thomas Kurzke, als er in die Veranstaltung einführt. Will er die Große Koalition? Es folgt Geplänkel, "wir müssen erst einmal ins Plaudern kommen", erklärt der Präses. Bovenschulte und Imhoff – beide schwarz-weiß, schwarz der Anzug, weiß das Hemd, keine Krawatte – spielen bei den ersten Fragen mit und kalauern ein wenig herum. Bis es dann doch zur Sache geht.
Ein Streitpunkt ist die Gewerbepolitik. "Wir brauchen für die Wirtschaft eine bessere Willkommenskultur", fordert Imhoff. Es könne nicht angehen, dass Unternehmen, die nach Flächen suchten, regelmäßig ins niedersächsische Umland ausweichen müssten. Bovenschulte weist als Antwort auf die Begrenzungen eines Stadtstaates hin. Bei den Gewerbeflächen sei es notwendig, intelligente Lösungen zu finden – Verdichtung zum Beispiel oder Reaktivierung bereits bestehender Gebiete. Der Bürgermeister warnt davor, ein Zerrbild der bremischen Wirtschaft zu zeichnen: "Wir sind ein attraktiver, starker Standort. Das beweisen die Zahlen."
Imhoff lässt nicht locker. Er legt was obendrauf, hebt die Stimme, gestikuliert. Die Pose des Herausforderers. Bovenschulte spricht dagegen betont ruhig, er doziert fast, ist wenig emotional. Bei Imhoff klatschen die Leute und lachen auch mal, wenn er einen Spruch macht. Bei Bovenschulte tun sie es nicht.
Der CDU-Mann packt eine olle Kamelle aus. Er wirbt dafür, den Unternehmen Landschaftsflächen in Brokhuchting zu überlassen. Das habe damals richtigerweise die Große Koalition beschlossen, werde nun aber aus ideologischen Gründen vom rot-grün-roten Senat blockiert. Über Brokhuchting wird seit mehr als 20 Jahren gestritten, auch vor den Gerichten. Zuletzt hatte der Senat dort recht bekommen.
Bovenschulte punktet mit Bemerkung zur CDU-Wohnungspolitik
Ausbildungsnot und Fachkräftemangel – klar, dass diese Themen auf den Tisch kommen, wenn bei der Handwerkskammer diskutiert wird. Imhoff wählt ein Mantra: Bildung, Bildung, Bildung. Das sei das A und O. Der Präsident regt sich darüber auf, dass 600 Schülerinnen und Schüler pro Jahr in Bremen ohne Abschluss abgehen. Er zürnt, weil es bereits in der Kita und danach in der Grundschule zu wenig Sprachförderung gebe. In dieser Phase siezt er Bovenschulte noch, geht später aber zum Du über. Der Bürgermeister sagt, dass es über das Ziel, bessere Verhältnisse an den Kitas und Schulen zu schaffen, keinen Dissens gebe: "Es fehlt aber schlicht am Personal, das Geld und die Stellen sind ja da." Vollkommen richtig sei deshalb, wenn die Bildungssenatorin mittlerweile stark auf Quereinsteiger setze.
Gegen Schluss der Veranstaltung triezt Bovenschulte seinen Herausforderer mit der Bemerkung, dass die CDU unterstützt habe, die Galopprennbahn zwischen der Vahr und Hemelingen nicht zu bebauen: "Auch dadurch fehlen jetzt Wohnungen." Die gleiche Partei würde in Achim das geplante gemeinsame Gewerbegebiet mit dem niedersächsischen Nachbarn verhindern.
Ein paar Punkte für den Bürgermeister. Wirkungstreffer gegen Imhoff. Dann der Gong. Ende. Bis zur nächsten Runde.