Die Diskussion um den geplanten Bremer Ausbildungsfonds zieht ihre Kreise – inzwischen sogar bis nach Berlin und Hannover. In einem Brief haben sich Yasmin Fahimi, die Bundesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), und Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB-Bezirks Niedersachsen-Bremen–Sachsen-Anhalt, an die Bremer Politik gewandt. "Wir bitten Sie, an den Plänen des Senats der Freien Hansestadt Bremen für einen Ausbildungsfonds festzuhalten und diesen zügig umzusetzen", heißt es in dem Schreiben, das Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeisterin Maike Schaefer (Grüne) und Wirtschafts- und Arbeitssenatorin Kristina Vogt (Linke) erhalten haben.
Ziel des geplanten Fonds ist es, dass mehr Jugendliche im Land Bremen eine Ausbildungsstelle antreten. In Bremen ist jede oder jeder Vierte unter 34 Jahren ohne Ausbildung – im bundesweiten Vergleich der höchste Wert. Zunächst sollten mit den Geldern Maßnahmen finanziert werden, die minderqualifizierten Jugendlichen den Berufseinstieg erleichtern, unter anderem durch außerbetriebliche Angebote, Begleitung und Kurse zu Basiskompetenzen. Auch die Berufsorientierung und das Angebot der Betriebe sollten verbessert werden. Das hatte eine Expertenkommission im Mai empfohlen.
Mittlerweile hat sich der Plan für die Verwendung der Mittel auf Initiative der SPD in Richtung Umverteilung verschoben: Ausbildende Betriebe sollen finanziell unterstützt werden, nicht-ausbildende Betriebe dafür aufkommen. Finanziert werden soll der Fonds von den Bremer Unternehmen. Sie sollen jährlich 0,05 bis 0,07 Prozent der Bruttolohnsumme abgeben. Im ersten Jahr würden so laut Kommission sieben bis zwölf Millionen Euro zusammenkommen. Offen ist noch, ob Betriebe mit bis zu neun Beschäftigten ebenfalls zahlen müssen.
Den Kritikern, zu denen die Handelskammer, Handwerkskammer und die Unternehmensverbände gehören, stellt sich nun die DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi entgegen. Bereits zuvor hatte sich Bremens DGB-Regionsgeschäftsführer Ernesto Harder positiv über den Fonds geäußert. "Wir begrüßen außerordentlich die Debatte zum Ausbildungsfonds im Bundesland Bremen", schreiben Fahimi und Bezirksvorsitzender Payandeh. "Auch in Niedersachsen und auf Bundesebene fordern wir einen stärkeren Einsatz der Unternehmen für mehr Ausbildungsplätze und werben für den Weg, den Bremen bereits einschlägt."
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und den Herausforderungen der ökologischen und technologischen Transformation sei eindeutig, dass mehr ausgebildet werden müsse. Es sei "richtig, dass Unternehmen einen Anreiz erhalten, um mehr Ausbildungsplätze zu Verfügung zu stellen", finden Fahimi und Payandeh. Ebenso wichtig sei es, weitere Maßnahmen zu finanzieren, etwa außerbetriebliche Angebote, die eine duale Ausbildung ermöglichen. Diese müsse überdies weiterentwickelt werden. "Wir brauchen mehr außerbetriebliche Ausbildung, die Fähigkeiten vermittelt, die in der Transformation gefragt sind – gerade mittlere und kleine Betriebe werden davon profitieren, mittelbar auch Großbetriebe."
Unternehmen lehnen zusätzliche Belastung ab
Diese sehen in der Fonds-Idee allerdings vor allem eine zusätzliche finanzielle Belastung, in Krisenzeiten besonders unerwünscht. Es sei "unverständlich, warum Unternehmen, die dringend nach Auszubildenden suchen, zusätzlich zu der häufig ergebnislosen Suche zur Kasse gebeten werden sollen", hatten die Bremer Präsidenten von Handelskammer, Handwerkskammer und den Unternehmensverbänden mitgeteilt. Auch einzelne Unternehmen hatten sich kritisch geäußert. Wirtschaftssenatorin Vogt hatte dem entgegengehalten, dass Betriebe, die bereits in der Ausbildung engagiert sind, am Ende mehr aus dem Fonds herausbekämen, als sie einbezahlten.
Bremens DGB-Vorsitzender Harder bringt die Debatte aus seiner Sicht auf den Punkt: "Das Problem betrifft alle Regionen. Am Ende werden diejenigen die besten Fachkräfte haben, die vernünftig und zahlreich ausbilden." Der Fonds sei ein gutes Mittel für mehr und bessere Ausbildung. "Daher freuen wir uns besonders, dass Bremens Bestrebungen auch auf Bundes- und Bezirksebene des DGB unterstützt werden." Nach dem Willen der Regierungskoalition soll der Fonds noch vor der Bürgerschaftswahl im Mai 2023 gesetzlich verankert werden.