Seit vor rund zwei Wochen klar wurde, dass Bremens Fördergelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) früher auslaufen, als bislang geplant, wird hinter den Kulissen um eine Lösung gerungen. Aktuell steht dem Vernehmen nach ein Fehlbetrag von 19 Millionen Euro im Raum, der gebraucht würde, falls man sämtliche Projekte weiter fortsetzen will. In der aktuellen Förderperiode 2021 bis 2027 fließen rund 60 Millionen Euro ESF-Mittel über den Umweg Berlin aus Brüssel nach Bremen. Doch das Geld ist bereits weitgehend verbraucht. Als Hauptursache gelten die vom Senat in der Corona-Pandemie ins Leben gerufenen außerbetrieblichen Ausbildungsverbünde. Sie ermöglichten Jugendlichen eine Berufsausbildung, als Gewerbebetriebe wegen der Pandemie ihr Lehrstellenangebot stark zurückfuhren.
Nun ist guter Rat im Wortsinne teuer. Eine Lösung ist nach einer ersten informellen Runde von Arbeitssenatorin, Fachpolitikern und den Fraktionsvorsitzenden der drei Bremer Regierungsparteien am Donnerstag noch nicht in Sicht. Kar ist aber, dass die Zeit drängt. Die Liste der aktuell noch geförderten Vorhaben umfasst 66 Positionen mit jeweils unterschiedlicher Laufzeit. Allerdings enden 40 davon im Laufe dieses Jahres, spätestens zum 31. Dezember. Anders als bislang können die Träger derzeit nicht mehr automatisch mit einer Fortsetzung rechnen.
Das betrifft zum Beispiel das Programm "Pro Kita" des Paritätischen Bildungswerkes. Es läuft bereits Ende Juni aus und ist das Herzstück des Gesamtprojekts "Wege in Beschäftigung." Ein Budget von rund sechs Millionen Euro ist dafür vorgesehen. Etwa 2,4 Millionen Euro stammen aus dem ESF-Topf, den Rest gibt das Land Bremen dazu. Wie bei vielen anderen geförderten Vorhaben geht es auch hier darum, Menschen den Weg in den Arbeitsmarkt zu ebnen, die dafür zahlreiche Hindernisse zu überwinden haben. Dazu zählen bei Zuwanderern zum Beispiel fehlende Sprachkenntnisse oder nicht anerkannte ausländische Qualifikation.
"Pro Kita" soll bei dieser Klientel die Voraussetzungen für einen Quereinstieg zur Erzieher-Ausbildung schaffen. Dazu gehören neben Schul- und Berufsabschluss vor allem 900 Stunden Praxiserfahrungen in einer Kita. Flankiert wird das unter anderem durch Sprachkurse und individuelle Unterstützung. "Seit dem Start des Projekts vor drei Jahren konnten wir so rund 160 Absolventen in sozialversicherungspflichtige pädagogische Jobs vermitteln", bilanziert Projektleiterin Iska Niemeyer. Ein Erfolg, der zugleich hilft, die Fachkräftelücke in den Kindertageseinrichtungen Bremens zu schließen. Es gibt also aus Niemeyers Sicht gute Gründe für eine Fortsetzung oder sogar dauerhafte Absicherung des Angebots. Doch die Zukunft ist unklar. "Wir müssen darum derzeit weiteren Interessenten absagen."
Weil das kaum im Interesse des Senats ist, wollen Arbeitsressort und Koalitionspolitiker spätestens Anfang April erste Lösungen präsentieren. Wie die aussehen könnten, ist aber auch intern bislang nur in Ansätzen erkennbar. Vor allem einige besonders teure Projekte dürften auf dem Prüfstand stehen, heißt es. Unter anderem die als Auslöser des Problems betrachteten Ausbildungsverbünde werden wohl kritisch betrachtet. Rund 12,3 Millionen Euro stehen dafür 2024 und 2025 in der Budgetplanung, davon knapp fünf Millionen Euro aus dem ESF-Topf. Man wird wohl sehr spitz rechnen, was davon noch verfügbar ist und möglicherweise zu anderen Vorhaben umgeschichtet werden kann. So dürfte man auch insgesamt vorgehen, um die Lücke zu verringern. Um sie weiter zu schließen, ist aber wohl damit zu rechnen, dass auch andere Senatsressorts in die Pflicht genommen werden. Gehören zum Beispiel Projekte zur Wiedereingliederung Straffälliger nicht doch in den Haushalt des Justiz- statt in den des Arbeitsressorts? Wo das nicht gelingt, dürften einzelne Projekte aber tatsächlich endgültig auslaufen.