Der Bremer Senat hat am Dienstag einen Entwurf für die Haushalte 2024/25 von Land und Stadt Bremen beschlossen. Insbesondere die Personalkosten wachsen weiter deutlich. Insgesamt plant Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) im Land für 2024/25 Ausgaben von 5,6 beziehungsweise 5,8 Milliarden Euro, in der Stadt von 3,6 bis 3,8 Milliarden Euro. In den nächsten Wochen wird Fecker noch ein weiteres Ausgabenpaket nachreichen, das durch einen Notlagenbeschluss der Bürgerschaft abgedeckt werden soll. Es enthält unter anderem Defizitausgleiche für den wirtschaftlich angeschlagenen städtischen Klinikverbund Gesundheit Nord und die Bremer Straßenbahn AG.
Warum die Abtrennung dieser Ausgaben vom eigentlichen Haushalt? Dem rot-grün-roten Senat war es in den internen Beratungen nicht gelungen, den Defizitausgleich für Geno und BSAG sowie weitere Aufwendungen für Flüchtlinge im normalen Etat unterzubringen. Aus Sicht von Rot-Grün-Rot handelt es sich um Sonderausgaben, die sich aus der Nachwirkung von Corona- und Ukraine-Krise ergeben und deshalb haushaltstechnisch auch anders zu behandeln sind. Gefragt ist deshalb ein Notlagenbeschluss der Bürgerschaft, um die erforderlichen Kredite aufzunehmen.
Normalerweise darf Bremen wegen der geltenden Schuldenbremse keine neuen Schulden aufnehmen. Von dieser Grundregel kann nur dann abgewichen werden, wenn die Bürgerschaft eine außergewöhnliche Notlage ausruft. Das Bundesverfassungsgericht hat dieser Praxis, von der Bremen in den vergangenen Jahren mehrfach Gebrauch machte, zuletzt allerdings engere Grenzen gesetzt.
Wegen des noch ausstehenden Notlagenpakets ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, welches Gesamtvolumen der Haushaltsentwurf haben wird, der ab Mai in die parlamentarische Beratung geht. Was im bisherigen Entwurf hervorsticht, ist der weitere massive Anstieg der Personalausgaben. Sie liegen im laufenden Jahr sowohl im Land als auch in der Stadt bei jeweils knapp unter einer Milliarde Euro. 2025 werden sie diese Schallmauer erstmals durchbrechen.
Das starke Anwachsen dieses Kostenfaktors ist unmittelbare Folge der umfangreichen Neueinstellungen im öffentlichen Dienst. Seit 2018 hat Bremen etwa 2200 zusätzliche Stellen aufgebaut, und auch 2024 geht es weiter nach oben. Ein Trend, der nach Einschätzung des Finanzsenators so nicht länger tragbar ist. „Der Senat muss da insgesamt Lösungen entwickeln“, sieht Fecker seine Kollegen aus den Fachressorts in der Pflicht.
Inhaltliche Schwerpunkte in dem Zahlenwerk gibt es unter anderem in diesen Bereichen:
Kinder und Bildung: Die Zahl der Lehrkräfte wächst auf landesweit gut 6600, mehr als je zuvor. Bei den Ausbildungskapazitäten für Pädagogen werden 80 neue Plätze geschaffen. 75 Plätze wird es für die praxisintegrierte Ausbildung von Erzieherinnen geben.
Wirtschaft und Häfen: Das Ressort von Senatorin Kristina Vogt (Linke) lässt unter anderem an der Hansalinie, im Industriepark und in der Airport-Stadt weitere Gewerbeflächen erschließen. Im Bremerhavener Überseehafen wird die Hafeneisenbahn ausgebaut, auch die Landstromversorgung für Schiffe an den Kajenanlagen soll ausgeweitet werden.
Umwelt und Wissenschaft: In Deichbau und -unterhaltung steckt Senatorin Katrin Moosdorf (Grüne) gut 21 Millionen Euro, etwa ein Drittel mehr als 2023. Mit Energiekonsens und Klima-Bauzentrum werden zwei Anlaufstellen stärker gefördert, die Bürger bei Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel beraten. Im Hochschulsektor fließen größere Beträge in den Umzug des Uni-Fachbereichs Jura an den Domshof sowie in den Wiederaufbau des Sportstudiengangs.
Bau und Stadtentwicklung: Das Ressort von Senatorin Özlem Ünsal (SPD) konzentriert sich auf die Sanierung wichtiger Infrastruktur, insbesondere der Brücken über die Weser. Mit der Instandsetzung von Bürgermeister-Smidt- und Wilhelm-Kaisen-Brücke soll Ende des Jahres begonnen werden. Die Mittel für Wohnraumförderung werden im Haushaltsentwurf 2024 um 15 Millionen und 2025 um weitere 19 Millionen Euro aufgestockt.
Inneres und Sport: Bei der Polizei in Bremen und Bremerhaven geht der Stellenaufbau weiter, sodass 2026 in der Stadt Bremen erstmals ein Beschäftigungsvolumen von 2900 Vollzeiteinheiten (also inklusive des Anteils an Teilzeitarbeit) erreicht sein soll. Anmietung und Ausstattung des Bürgerservicecenters Mitte am künftigen Standort Martinistraße sind im Haushalt mit entsprechenden Mitteln hinterlegt. Die Sportanlage auf dem Stadtwerder erhält einen zweiten Kunstrasenplatz.
Arbeit und Soziales: Für ddie offene Kinder- und Jugendarbeit sollen eine Million Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Auch die Wohnungslosenhilfe wird finanziell gestärkt. Bremen übernimmt den Bundesanteil an der Beratungsstelle Freiwilligendienste, nachdem sich der Bund hier zurückgezogen hat.
Kultur: Die Mittel für Künstlerhonorare und die Bürgerhäuser werden – anders als ursprünglich geplant – nicht nur um 2,5, sondern um fünf Prozent erhöht. Der Großteil des Kulturetats dient der Sicherung der kulturellen Infrastruktur wie Theater, Museen, Stadtbibliothek, Volkshochschule, Musikschule und Bürgerhäuser sowie der Förderung von Projekten der freien Kulturschaffenden, der jungen Szene und der Subkultur.
Gesundheit: Am Klinikum Mitte wird eine zentrale Gewaltschutzambulanz eingerichtet. Dort sollen Betroffene nach häuslicher oder sexualisierter Gewalt versorgt und gegebenenfalls rechtsmedizinisch begutachtet werden. Für das Projekt sind in diesem und im nächsten Jahr etwa 900.000 Euro veranschlagt. Projekte zur Gesundheitsförderung in den Quartieren sollen ebenfalls dauerhaft finanziert bleiben.
Dass der Etatentwurf 24/25 sehr auf Kante genäht ist, daraus machten Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und der Finanzsenator bei der Vorstellung des Zahlenwerks kein Geheimnis. „Die Haushaltslage ist ernst“, unterstrich Fecker. Bovenschulte forderte von BSAG und Geno „erhebliche Eigenanstrengungen“, um die von ihnen ausgehende Belastung für den Haushalt zu mindern. Der Bürgermeister appellierte an die CDU, das noch nicht näher bezifferte, kreditfinanzierte Ergänzungspaket in der Bürgerschaft mitzutragen. Im März war es den Spitzen der rot-grün-roten Koalition gelungen, mit den Christdemokraten ein ebenfalls schuldenfinanziertes sogenanntes Sondervermögen von rund 450 Millionen zu vereinbaren. Es enthält vor allem Subventionen für die klimagerechte Umrüstung der Stahlwerke.
Opposition rechnet mit Senat ab
Die Opposition in der Bürgerschaft lässt am Etatentwurf des rot-grün-roten Senats kein gutes Haar. Von einem "unseriösen Rumpfhaushalt" spricht der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Frank Imhoff. Indem er einen unvollständigen Haushaltsplan vorlege, betreibe der Senat "Augenwischerei", so Imhoff. Es fehle die beabsichtigte Neuverschuldung per Notlagenkredit. Damit sei der Haushaltsplan für 2024 und 2025 "weder solide noch seriös". Das Wort "Einsparungen" kenne man bei Rot-Grün-Rot nur vom Hörensagen, ergänzt CDU-Haushälter Jens Eckhoff. Die Verwaltung werde personell weiter aufgebläht. Offen lassen Imhoff und Eckhoff einstweilen, ob die CDU gegen die beabsichtigten Notlagenbeschlüsse der Bürgerschaft klagen wird.
Die FDP geht in einer ersten Bewertung ebenfalls klar auf Distanz. Fraktionsvize Hauke Hilz sieht im Etatentwurf des Senats gar eine "finanzielle Katastrophe". Während die Personalkosten explodierten, verharrten die Investitionen auf einem Minimum. Probleme würden ausgelagert und über Notlagen finanziert. "Das ist verantwortungslos und eine Belastung für die Bürger", urteilt Hilz.
Aus den Koalitionsfraktionen gab es am Dienstag noch kein Echo auf die Zahlen aus der Finanzbehörde. Einzig die Linken meldeten sich mit Lob zu einem Einzelvorhaben aus dem Ressort des Sportsenators zu Wort. Dabei geht es um den Ausbau und die Modernisierung der Bezirkssportanlage in der Pauliner Marsch. Der Senat stellt für das Projekt, das gemeinsam mit dem SV Werder Bremen realisiert wird, rund 2,2 Millionen Euro zur Verfügung. Der Umbau des Umkleidetraktes schaffe insbesondere für den Frauenfußball "endlich vernünftige Bedingungen", so Linken-Sportpolitiker Cindi Tuncel.