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Klimawandel Bremer Pflegeheimen fehlt Geld für Hitzeschutz

Pflegeheimen fehlt das Geld, um Maßnahmen für den Hitzeschutz ihrer Bewohner umzusetzen. Das ist auch in Bremen so, dabei sind die Betreiber sogar gesetzlich dazu verpflichtet.
26.08.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Pflegeheimen fehlt Geld für Hitzeschutz
Von Jan-Felix Jasch
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Einer Studie zufolge sind im vergangenen Jahr mehr als 8000 Menschen hitzebedingt gestorben. Ferner hat eine Auswertung des Robert-Koch-Instituts ergeben, dass allein von Mitte April bis Mitte Juli dieses Jahres von 1500 Hitzetoten in Deutschland auszugehen ist. Da vor allem Ältere gefährdet sind, fordern Pflegeheime mehr Geld, um für besseren Hitzeschutz sorgen zu können. Doch das Geld fehle, erklärten mehrere Wohlfahrtsverbände auf Anfrage des ARD-Magazins "Panorama".

Was beklagen die Verbände?

Mehrere Wohlfahrtsverbände wie etwa das Deutsche Rote Kreuz beklagen, dass die Finanzierung dringend nötiger baulicher Veränderungen eine große Herausforderung sei. Gebäudesanierungen, mit denen Räume gegen Hitze gedämmt werden, könnten viel verbessern, doch dafür fehlten den Trägern oftmals die finanziellen Kapazitäten, schreibt der Deutsche Caritasverband.

Angesichts der Dringlichkeit passiere politisch noch zu wenig, so die Caritas weiter. Und auch die Diakonie Deutschland, ebenfalls in Bremen vertreten, schreibt: "Wir halten die bisherigen Maßnahmen für nicht ausreichend." Mit den jetzigen Vergütungsstrukturen sei die Immobiliensanierung der Sozialwirtschaft nicht zu leisten, erklärt die Diakonie.

Wie ist die Situation in Bremen?

Das evangelische Diakonie-Krankenhaus, kurz Diako, setzt in seinen Einrichtungen vor allem auf Markisen, Klappläden und Sonnenschutzfolien, teilt Ralf Brunzema, Abteilungsleiter im Bereich Technik und Bau, auf Anfrage des WESER-KURIER mit. Größere Aufenthaltsbereiche seien mit Markisen geschützt. Während Hitzeperioden achte das Pflegepersonal darauf, dass sich Senioren überwiegend im Schatten aufhalten und genügend trinken.

Brunzema zufolge sollten nach Möglichkeit alle Räume über eine Klimaanlage verfügen, doch Klimageräte seien nur wenige vorhanden. Um eine flächendeckende Kühlung zu ermöglichen, müsste ein umfangreicher Umbau stattfinden. Derzeit verfolge man das Ziel, eine zentrale Kälteanlage zu erweitern. Dafür und für weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel weitere Sonnenschutzfolien und den Austausch von Fenstern, wurden Förderanträge beim Land Bremen gestellt. 

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Bei der Awo befinde man sich stets in einem Prozess der Optimierung, teilt Sprecher Florian Sieger mit. Durch bauliche Verbesserungen strebe man "eine gute und angenehme Umgebung für die Bewohner an", daher seien Gebäudesanierungen ein wichtiger Aspekt der langfristigen Planung. Sieger schränkt jedoch auch ein, dass einige Maßnahmen aufgrund praktischer oder finanzieller Einschränkungen schwer umsetzbar seien. 

Was sagt die Sozialbehörde?

In Bremen sind die Pflegeheimbetreiber gesetzlich verpflichtet, "jederzeit ein den Nutzerinnen- und Nutzerbedürfnissen entsprechendes Raumklima und eine angemessene Beleuchtung zu gewährleisten", erklärt Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde. Sonnenschutz sei zwar nicht explizit erwähnt, "aber es versteht sich, dass überhitzte Räume nicht das den Nutzerbedürfnissen entsprechende Raumklima bieten", so Schneider weiter. Aktuell gebe es also keine dezidierten Vor­gaben für Heime, die über das allgemeine Baurecht hinausgingen, bestätigt der Sprecher. Dass ein Ziel definiert sei, das von den Trägern umzu­setzen sei, wäre wünschenswert. 

Eine gesonderte finanzielle Förderung zur Umsetzung dieser Regelung ist in Bremen nicht vorgesehen. Träger rechnen jedoch ihre Investitionskosten mit den Nutzerinnen und Nutzern ab. Sofern Nutzerinnen und Nutzer nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, unterstützt die Kommune.

Was sagt die Bundesregierung?

Um die Gefahren von zunehmenden Hitzewellen abzumindern, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Bevölkerung unter anderem verstärkt im Rundfunk und per SMS warnen. Darüber hinaus beinhaltet ein im Juli verabschiedeter Hitzeplan weitere Vorhaben in Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst, den Hausärzten, den Krankenhäusern, den Kommunen und den Ländern – und auch Pflegeeinrichtungen, die nun jedoch Alarm schlagen. 

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Auch Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, fordert eine "gesellschaftliche Bewusstseinsschärfung über die Gefahren, die von Hitze ausgehen". Die staatliche Unterstützung für widerstandsfähigere Häuser sei ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der Sicherheit und zur Vermeidung von gesundheitlichen Risiken durch Hitze zu Hause. Dies müsse durch Förderprogramme unterstützt werden, die die Kosten für Renovierungen nicht selbst tragen können.

Zur Sache

Hitzeaktionsplan soll bis 2024 stehen

Das Land Bremen will bis Ende dieses Jahres einen Hitzeaktionsplan für die beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven vorlegen, 2024 soll mit der Umsetzung begonnen werden, teilte der Senat im Juni mit. Im Blick seien vor allem Menschen mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko, die vor zu starken Hitzebelastungen geschützt werden müssten. Dazu zählen laut der Mitteilung ältere und pflegebedürftige Menschen, vor allem, wenn diese allein leben, chronisch Erkrankte, Schwangere und Säuglinge, Beschäftigte, die körperlich im Freien arbeiten, Menschen in schlecht isolierten Gemeinschaftsunterkünften, Wohnungslose sowie Kinder und Jugendliche. Niedersachsen hat im Dezember 2021 eine Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels veröffentlicht. Zum Schutz älterer und kranker Menschen empfehlen Gesundheitsministerium und Landesgesundheitsamt allen Pflegeeinrichtungen und pflegenden Angehörigen in Niedersachsen das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes.  

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