Die Sprache der Behörden ist manchmal kompliziert. Schwierig zu verstehen, gelegentlich sogar für diejenigen, die regelmäßig damit zu tun haben. Erst recht für viele, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Und überhaupt: Wer ist denn eigentlich zuständig für mein Anliegen? Wer hilft, wenn Hilfe gefragt ist? Um sich im Behördendschungel zurechtzufinden, gibt es Hilfsangebote. Das Bürgertelefon, allen voran. Tausende Anrufe gehen dort unter der Telefonnummer 115 täglich ein.
Und dann gibt es noch Maria Kroustis und ihr Team vom Bürgerinformationsservice (BIS). Der BIS ist bei der Performa Nord und dem Bürgertelefon angesiedelt. Trotz formeller Ähnlichkeiten mit anderen Angeboten ist der BIS einzigartig – in Bremen, aber auch deutschlandweit, sagt Kroustis. Die Beratung findet vor Ort und persönlich statt, ein Bürgertelefon ohne Filter sozusagen. Seit sechs Jahren sind Kroustis und ihr Team in der Stadtteilbibliothek West in Gröpelingen im Einsatz. Dass es das Angebot, damals zunächst als Modellprojekt eingeführt, immer noch gibt, deutet schon darauf hin: Die Nachfrage ist groß.
Der Beratungsbedarf steige von Jahr zu Jahr, sagt Kroustis, die als Quereinsteigerin in den Beruf gekommen ist. Aus einer inoffiziellen Bürgerbeauftragten, die in ihrem Copy-Shop so manchen Behördenbrief nicht nur kopiert, sondern auch übersetzt und erklärt hatte, wurde eine offizielle Bürgerbeauftragte. Maßgeblich unterstützt wurde Kroustis dabei von der ehemaligen Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert, die den BIS quasi offiziell gemacht hat. Kroustis arbeitet Vollzeit, die anderen Teammitglieder, viele kommen vom Bürgertelefon, in Teilzeit. 1900 Menschen hat der BIS in diesem Jahr laut Kroustis geholfen, 9000 seien es seit dem Start im September 2017 gewesen.
Die Leute kämen rein, dann schaue man gemeinsam, was das Problem sei, sagt Kroustis. Gemeinsam – das sei der Vorteil bei der Vor-Ort-Beratung. „2016 habe ich beim Bürgertelefon gesessen, quasi als Training. Teilweise hat es 15 Minuten gedauert, bis ich überhaupt verstanden habe, um welche Behörde es geht“, erzählt Kroustis. Im BIS könnten die Mitarbeiter einen schnellen Blick auf das Dokument werfen. Die Datenbank des Bürgertelefons stehe auch zur Verfügung, um an die richtige Stelle zu vermitteln.
Viele Kunden mit Migrationshintergrund
Viele Menschen, die beim BIS Hilfe suchen, haben Kroustis zufolge einen Migrationshintergrund. Oft sei der Lebensunterhalt Thema, jeder vierte Fall habe mit dem Jobcenter zu tun. Verständigen könne man sich immer irgendwie. „Ich unterscheide zwischen Sprachen und Sprache“, sagt Kroustis. Oft verstünden die Leute sehr wohl auch eine Erklärung auf Deutsch, wenn man denn die richtigen Worte finde. Gleichwohl beherrschten viele Kollegen auch Fremdsprachen, die bei der Beratung hilfreich seien.
Eine Statistik, die der BIS erst seit kurzer Zeit erhebt, lässt aufhorchen: Die Hälfte aller Kunden, deren Stadtteil im November erfasst wurde, kam nicht aus Gröpelingen. „Junge Mamas mit mehreren Kindern kommen aus der Vahr, Blumenthal und Grolland zu uns“, sagt Kroustis. Sie ist der Meinung, dass ein vergleichbares Angebot auch in anderen Stadtteilen sinnvoll wäre. Überlegungen dafür gab es bereits, insbesondere die Vahr war im Gespräch, aber passiert ist bislang nichts.
Dabei geht es auch um Zuständigkeiten: Die Finanzbehörde lobt den BIS ausdrücklich, sieht das Angebot in der eigenen Zuständigkeit aber nicht mehr richtig aufgehoben. Der BIS habe sich „faktisch zu einer Sozialberatungsstelle entwickelt“, die beim Bürgertelefon „inhaltlich falsch angebunden“ sei, erklärt Matthias Makosch, Sprecher von Finanzsenator Björn Fecker (Grüne). Eine sinnvollere Anbindung für den BIS sieht das Ressort zum Beispiel im Bereich soziale Stadtentwicklung/Integration – also in der Sozialbehörde. Bevor die Zuständigkeiten nicht geklärt sind, wird es wohl keine neuen Angebote geben. Den BIS unter Federführung des Bürgertelefons auszuweiten, sei nicht vorgesehen, sagt Makosch.