Die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden belastet Bremen jeden Monat mit Millionenbeträgen. Das geht aus einer Aufstellung hervor, die am Freitag die Finanzpolitiker der Bürgerschaft beschäftigt hat. Kritik entzündete sich vor allem an den hohen Mieten für einzelne Wohnobjekte. Der Spitzenwert liegt bei 88 Euro pro Quadratmeter – kalt.
Wie andere Kommunen auch muss Bremen auf der Grundlage eines bundesweiten Verteilungsschlüssels kontinuierlich neu ankommende Flüchtlinge aufnehmen. Im Juli waren es knapp 600, wobei als Faustregel gilt, dass etwa die Hälfte dauerhaft in Bremen bleibt. Dieser Zustrom stellt die Sozialbehörde vor enorme Herausforderungen. Händeringend wird nach Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Die Kapazitäten an normalem Wohnraum sind längst ausgeschöpft, weshalb auch auf Container, Gewerbeimmobilien, Leichtbauhallen und Zelte zurückgegriffen wird. Die Liste der angemieteten Objekte umfasst knapp 40 Adressen, in denen rund 6900 Personen leben. Bremen zahlt dafür gegenwärtig insgesamt etwa 2,4 Millionen Euro pro Monat.
Die Raumnot und die Kurzfristigkeit der Mietgesuche treiben die Preise nach oben. Manche Zahlen wirken allerdings so hoch, dass sie im Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft für Nachfragen sorgten.
Beispiel Vegesack
Im Juli vergangenen Jahres wurden an der Lindenstraße vor der Landeserstaufnahme-Einrichtung zusätzliche Wohncontainer mit insgesamt 90 Plätzen aufgestellt. Noch bis Juni nächsten Jahres zahlt Bremen dafür jeden Monat 100.540,84 Euro Miete. Das entspricht 88,19 Euro pro Quadratmeter. Heizkosten sind nicht inbegriffen.
Beispiel Überseestadt
Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle aus der Ukraine mietete die Sozialbehörde dort im Frühjahr 2022 drei Zelte von Freimarktbeschickern an und ließ sie in der Herzogin-Cecilie-Allee aufstellen. Für die Nutzung der provisorischen Behausungen mit einer Gesamtkapazität von knapp 1700 Plätzen berechneten die Eigentümer jeden Monat rund 670.000 Euro. Ein Teil der Zelte war rund ein Jahr lang in Betrieb. Laut Sozialbehörde gehörte zum Leistungsumfang nicht nur die reine Bereitstellung, sondern auch der Innenausbau mit Betten, Großküche und Sanitäranlagen. Bei Vollauslastung entspricht der genannte Betrag einer Miete von rund 400 Euro pro Bewohner und Monat. Heizkosten sind auch hier noch nicht berücksichtigt.
Das sagen die Politiker
„Ich würde sagen: So ein Zelt ist schnell bezahlt“, kommentierte Ausschussvorsitzender Jens Eckhoff die Zahlen. Der CDU-Politiker und Piet Leidreiter (Bündnis Deutschland) wollten wissen: Wie kommen solche Preise zustande? Ein Vertreter der Sozialverwaltung konnte allerdings nicht viel Aufklärung beisteuern. Er musste auf Nachfrage zudem einräumen, dass aus manchen Mietverträgen für einzelne Räume oder Etagen in Hotels nicht hervorgeht, für wie viele Quadratmeter das Land Bremen eigentlich zahlt.
Das sagt die Sozialbehörde
Gegenüber dem WESER-KURIER äußerte sich die Sozialbehörde schriftlich. So seien die Mieten für die Großzelte an der Herzogin-Cecilie-Allee vor dem Hintergrund des Zustroms von Ukraine-Flüchtlingen im Frühjahr 2022 zu sehen. Damals seien innerhalb weniger Wochen rund eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, allein Bremen habe damals rund 10.000 von ihnen aufnehmen müssen. „Die Preise waren zu dem Zeitpunkt marktüblich“, so Behördensprecher Bernd Schneider. „Es hat keine Alternative zu der Anmietung gegeben – auch nicht zu den Kosten.“
Hoher Platzbedarf und ein „enger Markt“ – das habe auch für Vegesack gegolten, so Schneider. Die Container an der Lindenstraße seien zudem unter Pandemiebedingungen angemietet worden. Also bei reduzierten Belegungsmöglichkeiten und mit freigehaltenen Quarantäneplätzen. In die Quadratmetermiete von 88,19 Euro seien auch Erschließungskosten eingeflossen. Schneider: „Die Aufwendungen dafür in zwei Jahren zu refinanzieren, macht diese Containeranlage sehr teuer.“
Das sagen die Unternehmen
Die inzwischen größtenteils abgebauten Großzelte in der Überseestadt gehören teilweise der Bayernfesthalle GmbH. Das Unternehmen ist in einem Gewerbegebiet unweit des Flughafens ansässig. Der WESER-KURIER bat die Geschäftsführung am Donnerstag, die der Sozialbehörde in Rechnung gestellten Mietkosten zu plausibilisieren und die Anschaffungskosten eines Zeltes, wie es in der Überseestadt gestanden hat, zu beziffern. Die Anfrage blieb unbeantwortet.