Ein langer Demonstrationszug bewegte sich am frühen Montagnachmittag durch die Bremer Innenstadt, von der Domsheide entlang der Fraktionsbüros von Grünen, SPD und Linken. Grund des Protests, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hatte, war die geplante Änderung des Kita-Gesetzes. Rund 800 Personen nahmen laut Polizei an der Demonstration teil, darunter Erzieherinnen und Eltern.
Wie berichtet, plant die Senatorin für Kinder und Bildung, Sascha Aulepp (SPD), durch eine Änderung des Bremischen Tageseinrichtungs- und Kindertagespflegegesetzes (BremKTG) den Fachkräftemangel in Kitas mithilfe von ungelernten Kräften aufzufangen. Demnach reichen die Volljährigkeit und ein makelloses polizeiliches Führungszeugnis aus, um aushilfsweise in einer Kita zu arbeiten. Zugleich soll die Zeit, in der eine ausgebildete Erzieherin anwesend sein muss, auf vier Stunden pro Tag eingeschränkt werden. Verdi und Fachkräfteverbände befürchten durch die Reform eine Absenkung der Qualitätsstandards beim Kita-Personal.
Kurz vor der Demonstration hatte Senatorin Aulepp eine Versammlung beim Personalrat des größten Trägers Kita Bremen besucht, bei der auch Vertreter der Initiative "Kitastrophe" anwesend waren. Während Aulepp ihre Pläne verteidigte, soll die Stimmung Teilnehmern zufolge aufgebracht gewesen sein. Aulepp bekam eine Petition überreicht, die von einer Erzieherin auf change.org gestartet und mit Stand von Montagabend mehr als 5100 Mal unterzeichnet worden war. "Kitastrophe" und der Gesamtelternbeirat von Kita Bremen hatten eine Petition auf der Website der Bremischen Bürgerschaft veröffentlicht, die inzwischen über 4000 Unterstützer hat. Beide Gesuche fordern eine Rücknahme der Pläne und ein Nachbessern an entscheidenden Stellen.
"Dieses Gesetz geht entschieden zu weit", sagte Juliane Klug von "Kitastrophe" bei der Versammlung. "Wer wird sich denn zukünftig überhaupt noch ausbilden lassen, wenn ab sofort jeder und jede ohne jegliche Qualifikation mit Kindern arbeiten darf? Mit diesem Vorstoß setzt sich eine Abwärtsspirale sondergleichen in Gang." Gemeinsam mit ihrer Mitstreiterin Lena Reichelt forderte sie auch zu diesem Thema einen Runden Tisch mit Fachkräften und Trägern, Fachleuten aus Elternvertretungen sowie Bildungspolitikern aller demokratischen Parteien.
Die Senatorin stehe für Gespräche bereit, teilte Ressortsprecherin Patricia Brandt mit. "Meine Hand ist ausgestreckt, wir brauchen den Sachverstand aus der Praxis, um vernünftige Lösungen hinzubekommen. Kein Verständnis habe ich für den Personalrat, der heute schlicht geleugnet hat, dass wir mehr Kita-Plätze brauchen", sagte Aulepp. Wenn Bremen genug Erzieherinnen hätte, wäre der Vorstoß nicht notwendig, ergänzt Brandt. Das BremKTG sei eine Gesetzesinitiative, bei der es in den politischen Gremien noch viele Gelegenheiten geben werde, sich zu beteiligen.